Mit dem „Dringenden Appell zur Rettung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes seitens deutscher Energiewissenschaftler“ von Mitte Dezember kam endgültig neuer Schwung in die Debatte der Solarförderung in Deutschland. Bereits in den Wochen zuvor schwelte der Konflikt vor sich hin. Der CDU-Energiekoordinator Thomas Bareiß hatte einen ersten Vorstoß gewagt. In einem Brief an Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) forderte er sogar die Deckelung des Photovoltaik-Marktes in Deutschland und eine weitere zusätzliche Kürzung der Einspeisevergütung, wenn der Zubau 2011 auf einem ähnlich hohen Niveau verbleiben sollte.
Der Aufruf der Wissenschaftler geht allerdings über die nicht neuen Forderungen seitens des Wirtschaftflügels der CDU hinaus. Die Forscher, die allesamt als Befürworter erneuerbarer Energien gelten, machen sich Sorgen um das EEG. Sie fürchten, dass mit den steigenden Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien, die Akzeptanz für deren Ausbau in der Bevölkerung schwinden könnte. Zugleich fürchten die Energiewissenschaftler, dass die hohen Kosten – die vorwiegend durch den starken Photovoltaik-Zubau in den vergangenen Monaten entstanden sind - von der Politik als Vorwand genommen werden könnten, um das Gesetz komplett in Frage zu stellen.
Der „dringende Appell“ ist an die Mitglieder des Umweltausschusses gerichtet und umfasst fünf Punkte. Diese werden im Folgenden kurz wiedergegeben und mit den wichtigsten Kommentaren des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) versehen. Im Anhang finden Sie zudem die Stellungnahme des Solarenergie Fördervereins (sfv) sowie die vollständige Fassung des Appells. (Sandra Enkhardt)
- "Beweisen Sie jetzt Mut und passen Sie die PV-Vergütungen dynamisch an.“ Die Wissenschaftler fordern, dass der vereinbarte Ausbaukorridor von 3500 Megawatt im Jahr eingehalten werden sollte. Im Falle einer Überschreitung sollten die Vergütungssätze für Photovoltaik notfalls quartalsweise um drei bis fünf Prozent abgesenkt werden. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) lehnt nach eigenem Bekunden „eine zusätzliche, fixe Absenkung“ ebenso wie eine Deckelung des Marktes ab. Dabei sei es aber richtig, ein dynamisches Instrument für die Anpassung der Solarförderung zu haben, wie es derzeit auch im EEG verankert ist. Damit könne „in beide Richtungen“ reagiert werden.
- „Schaffen Sie die Mitnahmeeffekte durch das „Grünstromprivileg“ ab.“ In diesem Punkt stimmt der BSW-Solar den Wissenschaftlern zu. Die Branchenverbände hätten der Politik dazu bereits Vorschläge unterbreitet, um einen weiteren Anstieg der EEG-Umlagekosten durch das „Grünstromprivileg“ zu unterbinden. Nach Aussage der Wissenschaftler könnte diese Mechanismus allein 2011 dazu führen, dass sich die Umlage um bis zu 0,5 Cent je Kilowattstunde erhöht.
- "Verlangen Sie von größeren PV-Anlagen Systemdienstleistungen.“ Photovoltaik-Anlagen mit einer Größe über 100 Kilowatt leisten demnach bereits ihren Beitrag zur Netzstabilität. Die Wissenschaftler kritisieren vorwiegend, dass entsprechende Regelungen nicht im EEG festgeschrieben sind. Es sollten demnach im Gesetz genaue Anforderungen für neue und bestehende Photovoltaik-Anlagen festgeschrieben werden. Der Verband versichert, dass sich die Photovoltaik in dieser Frage ihrer Systemverantwortung stellen wird und einen Beitrag zur besseren Netzintegration von erneuerbaren Strom leisten wird.
- „Handeln Sie schnell.“ Die Wissenschaftler verlangen von den Politikern, dass sie bereits zu Jahresbeginn 2011 die ersten drei Forderungen umsetzen sollen. „Ein Warten auf die große EEG?Novelle 2012 ist zu spät“, so die Energiewissenschaftler. Der BSW-Solar signalisiert in diesem Punkt Entgegenkommen an die Politik. So gibt es seit einigen Wochen Gespräche mit dem Bundesumweltministerium, in dem es um eine weitere zusätzliche Kürzung der Einspeisetarife 2011 geht. Dafür könnte ein Teil der zum 1. Januar 2012 vorgesehen Degression vorgezogen werden. Langfristig werde ein jährliches Marktwachstum von drei bis fünf Gigawatt angepeilt, so der Verband.
- „Setzen Sie Signale der Verlässlichkeit.“ Mit dieser Forderung erneuern die Wissenschaftler ihren Aufruf zu einem schnellen Handeln, da ein Abwarten seitens der Politik „extrem kontraproduktiv“ wäre. Der Verband stimmt in diesem Punkt mit den Forschern mit Blick auf die etwa 130.000 Arbeitsplätze allein in der deutschen Solarbranche überein.