Für Anlagenbetreiber wird die Überlegung immer interessanter, ihre Anlage unabhängig von der Einspeisevergütung nach dem EEG zu finanzieren. Bei der danach erforderlichen Kalkulation des Strompreises muss der Anlagenbetreiber außer den reinen Stromgestehungskosten insbesondere berücksichtigen, dass bei dem Verkauf von Strom im Regelfall eine Reihe von Strompreiskomponenten aufzuschlagen ist. Die Modelle funktionieren in der Regel so, dass durch den Selbstverbrauch oder den Verkauf an Nachbarn Strompreiskomponenten nicht gezahlt werden müssen, so dass der Solarstrom konkurrenzfähig ist. Dabei ist noch nicht einmal der Selbstverbrauch per se preiskomponentenfrei möglich.
1. Strompreiskomponenten
Relevante Strompreiskomponenten sind derzeit die EEG-Umlage, der KWK-Zuschlag, die Netzentgelte, die sogenannte „§ 19 StromNEV-Umlage“, die Konzessionsabgabe, die Stromsteuer und die Umsatzsteuer. Die EEG-Umlage wird vom Übertragungsnetzbetreiber erhoben. Schuldner ist jedes Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das Strom an Letztverbraucher liefert. Elektrizitätsversorgungsunternehmen wiederum ist jede natürliche oder juristische Person, die Energie an andere liefert, unabhängig davon, ob die Lieferung unter Nutzung des Netzes für die allgemeine Versorgung erfolgt. Fürdie „Lieferung an einen anderen“ reicht es schon aus, dass Stromerzeuger und -verbraucher nicht personenidentisch sind, wie im Falle der Lieferung von Strom durch einen Anlagenbetreiber an seine Mieter. Zudem stellt das Gesetz solche Letztverbraucher den Elektrizitätsversorgungsunternehmen gleich, die ihren Strom nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen im energiewirtschaftsrechtlichen Sinne beziehen (§ 37 Abs. 3 EEG). Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn der Anlagenbetreiber den auf seinem Dach erzeugten Strom selbst verbraucht. Im Klartext heißt das: Im Grundsatz ist selbst der Selbstverbrauch umlagepflichtig. Die Höhe der EEG-Umlage beträgt derzeit 3,592 Cent pro Kilowattstunde. Es ist nicht auszuschließen, dass sie in Kürze auf einen Betrag um die fünf Cent steigt. Auskunft über die jeweils aktuell geltende EEG-Umlage gibt die Website der Übertragungsnetzbetreiber (www.eeg-kwk.net).
Zu den zusätzlich zu der EEG-Umlage zu entrichtenden Preiskomponenten gehört zunächst das Netzentgelt. Netzentgelte dürfen von den Netzbetreibern für den Transport von Strom unter Nutzung des öffentlichen Stromnetzes erhoben werden. Der Anspruch auf das Netzentgelt entsteht mit der Entnahme aus dem öffentlichen Netz. Die Höhe des Netzentgelts variiert von Netzbetreiber zu Netzbetreiber. Sie kann außerdem von der bezogenen Strommenge und der Art der Messung des Stromverbrauchs (Lastprofil oder Lastgang) abhängen. Meist pendelt sie um die zwei Cent pro Kilowattstunde. Mit den Netzentgelten wird auch der sogenannte KWK-Zuschlag erhoben, über den die Förderung von Kraftwärmekopplungsanlagen nach dem Kraftwärmekopplungsgesetz refinanziert wird. Dessen Höhe richtet sich ebenfalls nach dem Stromverbrauch des betroffenen Letztverbrauchers. Bei einem Stromverbrauch von bis 100.000 Kilowattstunden jährlich beträgt er für 2012 0,002 Cent pro Kilowattstunde. Über die Netzentgelte wird zudem die Umlage nach § 19 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) vereinnahmt. Dieser sieht seit dem Jahre 2011 vor, dass bestimmte stromintensive Verbraucher von den Netzentgelten befreit sind. Die dadurch den Netzbetreibern entstehenden Kosten können zusammen mit den Netzentgelten umgelegt werden. Für Letztverbraucher mit einem Stromverbrauch von bis 100.000 Kilowattstunden jährlich beträgt die § 19 StromNEV-Umlage für 2012 0,151 Cent pro Kilowattstunde.
Ferner dürfen Netzbetreiber den Letztverbraucher mit der sogenannten Konzessionsabgabe belasten. Diese zahlt ein Energieversorgungsunternehmen an die Gemeinden, deren öffentliche Verkehrswege es für den Betrieb von Leitungen nutzt. Die Höhe differiert nach Kundenart und Gemeindegröße. Tarifkunden einer Gemeinde mit bis zu 100.000 Einwohnern zahlen zum Beispiel 1,59 Cent pro Kilowattstunde. Sofern die Stromversorgung im Nahbereich danach mit der Nutzung des öffentlichen Netzes verbunden ist, ist also auch die Konzessionsabgabe einzukalkulieren. Die Konzessionsabgabe ist in der Regel immer dann zu zahlen, wenn auch die Netzentgelte gezahlt werden müssen. Schließlich fällt für jede Entnahme von Strom die Stromsteuer nach dem Stromsteuergesetz an. Gläubiger der Stromsteuer ist das zuständige Hauptzollamt. Ihre Höhe beträgt im Schnitt 2,05 Cent pro Kilowattstunde.
2. Geschäftsmodelle
Es liegt auf der Hand, dass ein Anlagenbetreiber seinen Strom bei den gegenwärtigen Stromentstehungskosten unter diesen Bedingungen nicht wettbewerbsfähig anbieten kann. Noch ist er deswegen darauf angewiesen, bestehende Ausnahmen von den Stromkreiskomponenten für sich zu nutzen. Dies gelingt am besten mit Hilfe des Selbstverbrauchs. Dieses Geschäftsmodell wird vom Gesetzgeber besonders privilegiert, da es der Entlastung der Netze dienen kann. Selbstverbrauch liegt vor, wenn Anlagenbetreiber und Stromverbraucher personenidentisch sind, also gerade keine Lieferung an einen anderen vorliegt. Kein Selbstverbrauch ist also die Belieferung des Mieters mit Strom aus einer vom Vermieter betriebenen hauseigenen Photovoltaikanlage. Personenidentität besteht aber zum Beispiel, wenn der Stromverbraucher (zum Beispiel ein Mieter oder Nachbar) die Anlage auf dem fremden Dach ganz oder teilweise zum eigenen Betrieb pachtet.
Der Anlagenpachtvertrag muss dabei so ausgestaltet sein, dass die wesentlichen Chancen und Risiken eines Anlagenbetreibers den Pächter treffen. Dann zahlt der Stromverbraucher dem Errichter der Photovoltaikanlagen also keine Stromkosten, sondern einen Pachtzins. Die bestehende EEG-Umlagepflicht entfällt, sofern der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet oder im räumlichen Zusammenhang zu der Stromversorgungsanlage verbraucht wird. Im Falle der Verpachtung der Anlage auf dem Dach eines Hauses an seine Bewohner werden in der Regel sogar beide Voraussetzungen der Ausnahme erfüllt sein. Der Strom wird im Zweifel außerhalb des öffentlichen Netzes bereitgestellt, da der Stromverbrauch regelmäßig hinter dem Stromeinspeisezähler stattfindet. Beim Verbrauch des Stroms in dem Gebäude, auf dem die Anlage installiert ist, besteht offensichtlich auch ein räumlicher Zusammenhang zwischen Stromerzeugungund Stromverbrauch.
Doch auch wenn der Strom dem Anlagenpächter im räumlichen Zusammenhang über das Netz bereitgestellt wird, ist die Befreiung von der EEG-Umlage möglich. Dabei liegt ein räumlicher Zusammenhang sogar schon vor, wenn der in der Anlage erzeugte Strom der Versorgung von ausschließlich innerhalb einer kleinen Gemeinde ansässigen Selbstverbrauchern dient. Der räumliche Zusammenhang ist also nicht auf ein beson- ders enges räumliches Näheverhältnis beschränkt. Je nach örtlicher Siedlungsstruktur kann die räumliche Entfernung zwischen Stromerzeuger und -verbraucher sogar mehrere Kilometer betragen.
Erfolgt der Selbstverbrauch ohne Nutzung des öffentlichen Netzes, fallen auch die netzbezogenen Stromkomponenten nicht an, die mit der Entnahme von Strom aus dem öffentlichen Netz entstehen. Dies sind, wie dargestellt, die Netzentgelte, der KWK-Zuschlag, die § 19 StromNEV-Umlage und die Konzessionsabgabe. Erfolgt er über das öffentliche Netz, können die Umlagen anfallen. Sie werden dann nach der durchgeleiteten Kilowattstunde berechnet.
Bei der Entnahme von Strom aus einer nicht zum öffentlichen Netz gehörenden Leitung werden auch die Voraussetzungen einer Ausnahme von der Stromsteuerpflichtigkeit vorliegen. Steuerbefreit ist nämlich Strom aus erneuerbaren Energien, wenn dieser aus einer ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien gespeisten Leitung entnommen wird. Im Falle des Gebrauchs des öffentlichen Netzes ist Strom aus Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt außerdem steuerbefreit, wenn er vom Betreiber als Eigenerzeuger im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird. Der Begriff des räumlichen Zusammenhangs ist dabei, wie oben beschrieben, eher weit zu verstehen.
Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Stromlieferungen, etwa die zwischen Vermieter und Mieter, in erheblichem Umfang von Strompreiskomponenten befreit sein. Die gilt vor allem, wenn der gelieferte Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage verbraucht wird. Das wurde in älteren Versionen des EEG als „Selbstverbrauch durch Dritte“ bezeichnet. Dieser Passus wurde bei der letzten Novelle gestrichen. Jetzt ist die Lieferung von Strom an Dritte im Rahmen des mit der aktuellen Novelle eingeführten „solaren Grünstromprivilegs“ in Höhe von zwei Cent von der EEG-Umlage befreit (§ 39 Abs. 3 EEG). Voraussetzung für die Inanspruchnahme des solaren Grünstromprivilegs ist, dass der gelieferte Strom ausschließlich aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie stammt, in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage verbraucht und nicht durch ein Netz durchgeleitet wird.
Für den Strom muss des Weiteren ein Vergütungsanspruch „dem Grunde nach“ bestehen, es muss sich also um grundsätzlich vergütungsfähigen Strom handeln. Darunter fällt auch die im Rahmen des neuen Marktintegrationsmodells nichtvergütungsfähige Strommenge von zehn Prozent aus Gebäudeanlagen mit einer Leistung von zehn Kilowatt bis ein Megawatt. Nicht erfasst sind hingegen Strommengen, deren Vergütung nach dem EEG von vornherein nicht in Frage kommt, wie zum Beispiel Strom aus neuen Nichtwohngebäuden im Außenbereich.
Nach jüngeren Entscheidungen der Clearingstelle EEG zum bisherigen Selbstverbrauch durch Dritte ist der Begriff der unmittelbaren räumlichen Nähe netzbezogen zu verstehen. Unmittelbare räumliche Nähe ist danach gegeben, wenn der Strom nicht durch ein Netz der allgemeinen Versorgung durchgeleitet wird und Erzeuger und Verbraucher im selben Netzbereich angeschlossen sind. Im Verhältnis von Vermieter und Mieter zum Beispiel sind diese Voraussetzungen ohne Weiteres gegeben. Auch ein deutlich weiter von der Anlage entfernter Stromverbrauch kann noch erfasst sein. Erforderlich ist jedoch stets, dass der Stromtransport außerhalb des öffentlichen Netzes stattfindet, also über eine private Leitung. Schließlich muss die Absicht, das solare Grünstromprivileg in Anspruch zu nehmen, dem Übertragungsnetzbetreiber angezeigt werden.
Soweit im Rahmen des solaren Grünstromprivilegs die Nutzung des öffentlichen Netzes entfällt, entfallen auch die netzbezogenen Strompreiskomponenten wie Netzentgelte, KWK-Zuschlag, § 19 StromNEV-Umlage und Konzessionsabgabe. Wird das öffentliche Netz genutzt, müssen alle diese Umlagen in voller Höhe gezahlt werden. Dann hilft nur die Verpachtung der Anlage, um wenigstens die EEG-Umlage zu sparen. Das solare Grünstromprivileg ist nicht zu verwechseln mit dem allgemeinen Grünstromprivileg (§ 39 Abs. 1 EEG). Die Voraussetzungen dafür sind andere. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Stromsteuer sind die gleichen wie für den Fall, dass Verbraucher und Erzeuger personenidentisch sind.
3. Umsetzung
Das Wichtigste bei der Umsetzung der in den Grundzügen vorgestellten Geschäftsmodelle für die Versorgung von Letztverbrauchern mit Photovoltaikstrom ist die gründliche Prüfung, ob das jeweilige Geschäftskonzept in seiner konkreten Ausgestaltung die Voraussetzungen des Selbstverbrauchs oder des Verbrauchs in unmittelbarer Nähe erfüllt. Die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen ist nämlich auch bei den vorgestellten Regelungen von dem Ergebnis einer wertenden Betrachtung abhängig. Besonders deutlich zeigt dies der in der juristischen Literatur durchaus umstrittene Begriff der unmittelbaren räumlichen Nähe als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des solaren Grünstromprivilegs.
Auch mag im Rahmen des „Selbstverbrauchsmodells“ zweifelhaft sein, ob dem Anlagenpächter und damit auch -betreiber per Vertrag wirklich die gesamte betreibertypische Verantwortung übertragen worden ist. Solche Zweifel können lediglich auf ganz pragmatischem Wege ausgeräumt werden, nämlich durch Abstimmung des Konzepts mit den Anspruchsberechtigten der jeweiligen Strompreiskomponente. Dieser Abstimmungsbedarf wird vor allem für die EEG-Umlage und die Stromsteuer entstehen. Ansprechpartner für die EEG-Umlage ist der Übertragungsnetzbetreiber, für die Stromsteuer das örtlich zuständige Hauptzollamt. Die Vermarktung von Strom außerhalb des EEG gerade im „Nahbereich“ kann attraktiv sein. Allerdings ist nicht zu leugnen, dass die in Betracht kommenden neuen Vermarktungsformen aufwändiger zu konzipieren sind als der Verkauf des Stroms zum Einspeisetarif, womit die meisten Betreiber bisher ihre Anlagen finanzieren.
Für die Wirtschaftlichkeit eines Modells reicht es außerdem nicht aus, dass die Befreiung von Strompreiskomponenten sichergestellt ist. Es muss zudem bedacht werden, dass der Kunde den nicht durch Photovoltaikstrom zu befriedigenden Strombedarf auch wei-terhin durch seinen Energieversorger decken muss. Die Versorgung des Mieters mit Strom kann außerdem mietrechtliche Fragen aufwerfen. Darüber hinaus führt beispielsweise die Lieferung durch Wohnungsbaugenossenschaften eventuell zu körperschaftssteuerrechtlichen Fragen. Doch all dies sollte Anlagenbetreiber nicht entmutigen, sich den neuen Vermarktungsformen zuzuwenden, denn die EEG-Vergütung wird in den kommenden Jahren sicher nicht ansteigen. Und gerade bei Mehrfamilienhäusern besteht ein großes Potenzial für die Photovoltaik.
Margarete von Oppen ist Partnerin der Rechtsanwaltssozietät Geiser & von Oppen
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