Endlich gibt es Vorschriften zur Freischaltung von Solaranlagen, wenn es brennt. Die DKE hat gesprochen. Doch einige Fragen sind offen.
Immer wieder geistern Horrorberichte durch die Medien: über lodernde Dachstühle, verletzte Feuerwehrleute und Brandgefahr durch Photovoltaikanlagen. Obwohl bundesweit mehr als eine Million Generatoren laufen, sind bisher nur wenige Fälle bekannt, bei denen Solarmodule einen Dachbrand auslösten. Allerdings mehren sich die Brandfälle an Gebäuden, auf deren Dächern ein Solargenerator stromt. Deshalb sorgt das Thema für Zündstoff, im wahrsten Sinn des Wortes. Die Deutsche Kommission für Elektrotechnik und Elektronik im DIN und VDE (DKE) hat im Frühsommer endlich die lange erwartete Installationsregel für Systeme zur Sicherheitsabschaltung von Solargeneratoren veröffentlichen. Die „Anwendungsrichtlinie zu Anforderungen der Freischaltung im Gleichspannungsbereich einer Photovoltaikanlage“ (VDE-AR-E 2100-712) schreibt die Grundzüge künftiger Freischaltsysteme und definiert Grenzwerte für die zulässige DC-Spannung vor. Ihr Ziel ist es, die Löschkräfte im Fall eines Brandes zu schützen.
Löschkräfte halten Abstand
Damit dürfte endlich Klarheit herrschen, wie ein Solargenerator für den Brandfall abzusichern ist. Weil es bisher keine Richtlinien gab, bestanden für Investoren erhebliche Risiken, vor allem bei Solargeneratoren auf gewerblich genutzten Immobilien. Denn der Versicherungsschutz orientiert sich an den Standards von VDI und VDE, wie es im Kleingedruckten der meisten Solarversicherungen oder Feuerversicherungen von Gebäuden steht. Das Problem: Wenn es im Gebäude oder am Dach brennt, stromen die Solarmodule weiter. „Das einfache Freischalten der üblichen Hausanlage ist nicht mehr eine Gewähr für ihre Sicherheit“, sagt Björn Maiworm, Brandoberrat bei der Feuerwehr in München. „Den Wechselrichter von der Anlage zu trennen, bringt keine zusätzliche Sicherheit auf der Gleichspannungsseite. Und selbst bei festgestellter Spannungsfreiheit kann bei Löscharbeiten ein Stromschlag erfolgen.“ Denn einige so genannte Feuerwehrschalter schließen lediglich die beiden Pole aus der Gleichspannungsseite kurz. Werden dann Leitungen oder Steckverbindungen getrennt, können Lichtbögen entstehen.
Ein Schritt zur Standardisierung
Seit Frühjahr 2011 gilt für die Einsatzkräfte der freiwilligen oder Berufsfeuerwehren die DIN VDE 0132. Sie wurde unlängst neu gefasst, um die Sicherheitsabstände der Feuerwehrleute zu elektrisch leitenden Teilen auf die Photovoltaik abzustimmen. Immerhin sind in Deutschland rund eine Million Menschen in der Brandbekämpfung tätig, die Meisten als freiwillige Helfer in den ländlichen Regionen, wo es keine Berufsfeuerwehren gibt. So sollen die Löschkräfte einen Mindestabstand von einem Meter zu spannungsführenden Teilen und metallischen Konstruktionen einhalten. Bei Löscharbeiten im Niederspannungsnetz empfiehlt die DKE einen Mindestabstand von einem Meter (bei einem Sprühstrahl) beziehungsweise fünf Metern (bei einem Vollstrahl). Auch machte die Kommission die Brandbekämpfung seinerzeit nicht davon abhängig, ob die Feuerwehr den DC-Lasttrennschalter einer Solaranlage zieht oder nicht. Die Sicherheitsabstände reichen aus, um die Einsatzkräfte zu schützen. Nun ist auch bei den Freischaltsystemen ein wichtiger Schritt getan. Denn bisher waren sie überhaupt nicht standardisiert.
Möglichst einfache Schalter
Eine Sicherheitsabschaltung muss möglichst einfach sein, mit möglichst wenig Elektronik. In der Industrie sind Sicherheitssysteme beispielsweise in der VDE V 0126-5 (Selbsttätige Schaltstelle zwischen einer netzparallelen Eigenerzeugungsanlage und dem öffentlichen Niederspannungsnetz) geregelt. Dort gelten auch EN 60950 (Sicherheitseinrichtungen für die Informationstechnik) und EN 61010 (Schutz gegen gefährliche Körperströme). Ebenso gilt die IEC 60364-7-712 (Errichtung von Niederspannungsanlagen). In diesen Normen ist ausschließlich ein mechanischer Kontakt als Sicherheitselement zugelassen, niemals eine Halbleiterlösung. Denn ein Halbleiter kann im Laufe der Jahre durch einen Defekt im Notfall nicht schalten, unbemerkt in einen undefinierten Zustand oder gar durch einen teilweise leitenden Zustand jahrelang unbemerkt Ertragsverluste verursachen.
Nach Auffassung der DKE muss ein Abschaltsystem unabhängig vom Solarsystem arbeiten, auch von einem Brandmelder oder einem einfachen Rauchmelder aktivierbar sein. Der Generator muss vollständig abgeschaltet werden, nicht nur Teile oder einzelne Abschnitte in der Verkabelung.
Ein mechanisch robuster Kontakt kennt nur zwei Zustände: Ein und Aus. Die Firma Solteq aus dem Emsland hat dafür die BFA-Box entwickelt, die sehr hohe Ströme und Spannungen schalten kann. Bei einer Nachrüstung in bestehende Solargeneratoren kann man zwei kristalline oder bis zu fünf Dünnschichtmodule über eine Box absichern. „Die Kosten pro Watt betragen nur wenige Eurocent“, sagt Berkay Bayer, Geschäftsführer von Solteq in Oberlangen. „Neuerdings kann der Feuerwehrmann unser System auch per SMS vom iPhone aus der Ferne abschalten.“ (Heiko Schwarzburger)
Den vollständigen Report lesen Sie im Oktoberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 4. Oktober 2013 erscheint.