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Textilunternehmen zieht vor das Verfassungsgericht

Ein Textilveredler in Baden-Württemberg hat beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen die Zahlung der EEG-Umlage eingereicht. Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie unterstützt die Klage und zweifelt die Vereinbarkeit der EEG-Umlage mit dem Grundgesetz an.

Der Textilveredler Drechsel aus Selb hat Klage gegen die EEG-Umlage beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Das Unternehmen hatte vor zwei Jahren die Rückzahlung der bereits entrichteten EEG-Umlage auf seinen Stromverbrauch geklagt. Zuletzt landete die Klage vor dem Bundesgerichtshof. Die Richter in Karlsruhe haben die Klage aber als inhaltlich unbegründet zurückgewiesen. Sie begründeten das damit, dass die vorherigen Instanzen mit ihrer Argumentation recht haben, dass die EEG-Umlage keine grundgesetzwidrige Sonderabgabe ist, da die Einnahmen nicht dem Staat sondern den Anlagenbetreibern zukommen. „Dieser Ausgang war uns klar, da es eine Frage der Verfassungsmäßigkeit ist“, erklärt Hartmut Spiesecke vom Gesamtverbrand der deutschen Textil- und Modeindustrie, der das Textilunternehmen aus Selb unterstützt. „Jetzt ist diese Frage dort, wo sie hingehört, beim Bundesverfassungsgericht.“ Der Gesamtverband geht davon aus, dass die Richter die Klage zulassen und dass es zu einer Verhandlung kommt. Mit einem Ergebnis rechnet der Branchenverband allerdings erst im kommenden Jahr.

EEG-Umlage wirkt wie eine Sonderabgabe

Das Selber Unternehmen widerspricht weiterhin der Argumentation der Richter. Die EEG-Umlage wirke faktisch wie eine Sonderabgabe, da ihre Höhe gesetzlich festgelegt werde und die Energieversorger diese Umlage letztlich von ihren Kunden erheben müssten, da sie keine andere Möglichkeit hätten, diese Kosten anders zu refinanzieren, argumentiert Drechsel. Ob die Richter dieser Argumentation folgen, wird sich zeigen. Schließlich ist nicht die EEG-Umlage, sondern nur der Weg zur Berechnung dieser gesetzlich festgelegt. Die Höhe der Umlage selbst wird jährlich neu berechnet und ist die Differenz zwischen der Einspeisevergütung, die die Übertragungsnetzbetreiber an die Betreiber von EEG-Anlagen zahlen müssen, und den Preisen, die sie an der Strombörse mit dem EEG-Strom erlösen. Gesetzlich festgelegt ist aber auch, wer die EEG-Umlage bezahlen muss.

Kombinierte Finanzierung vorgeschlagen

Sollten die Verfassungsrichter dem Textilveredler recht geben, stünde die gesamte EEG-Umlage zur Debatte. Der Branchenverband der deutschen Mode- und Textilindustrie schlägt deshalb auch  ein alternatives Finanzierungsmodell vor. So sollen nur noch die Hälfte der Kosten für die Energiewende über eine EEG-Umlage bezahlt werden. Die andere Hälfte soll über einen sogenannten Nachhaltigkeitsfonds, eine stufenweises Einstiegsmodell in die Industrierabatte und über Steuermittel finanziert werden. Der Nachhaltigkeitsfonds soll dafür sorgen, dass die Kosten nicht wie bisher über 20 Jahre, sondern über einen längeren Zeitraum, zum Beispiel über 30 Jahre, finanziert werden. Damit würde die heutige EEG-Umlage sinken aber auf der anderen Seite länger bezahlt werden müssen. Mit dem stufenweisen Einstieg in die Industrierabatte könnten auch kleinere Unternehmen mit einem geringeren Anteil des Stromverbrauchs an der gesamten Bruttowertschöpfung in den Genuss von Vergünstigungen kommen. Für den Anteil der Steuermittel hält der Gesamtverband dann noch eine Höhe von fünf Milliarden Euro jährlich für denkbar. „Das ist etwa ein Prozent des gesamten Bundeshaushalts“, rechnet Spiesecke vor. „Wenn es der Bundesregierung ernst mit der Energiewende ist, wird sie einen Weg finden, diese Mittel aufzubringen.“

Textilbranche profitiert kaum von Rabatten

Schon seit mehr als zwei Jahren streiten die deutschen Textilunternehmen darum, dass sie keine EEG-Umlage auf ihren Stromverbrauch zahlen müssen. Das Problem ist, dass der größte Teil der Unternehmen nicht unter die besonderen Ausgleichsregelungen fällt. „Der Anteil des Stromverbrauchs der meist mittelständischen Unternehmen liegt bei acht bis zehn Prozent an der Bruttowertschöpfung“, erklärt Spiesecke. „Damit erreichen diese Unternehmen nicht den Verbrauch eines stromintensiven Unternehmens und müssen die komplette EEG-Umlage bezahlen. Das wirkt sich im internationalen Wettbewerb aus.“ Da die deutschen Textilunternehmen mit der EEG-Umlage höhere Stromkosten hätten als die Konkurrenz in Fernost, müssen die deutschen Unternehmen am internationalen Markt höhere Preise bezahlen, argumentiert Spiesecke. Im internationalen Wettbewerb sind die Stromkosten ein zentraler Preisbestandteil für die Produkte“, erklärt er. (Sven Ullrich)