Lange stand es auf der Kippe, ob der Bundesrat einen Vermittlungsausschuss bei der Solarförderung anrufen wird. Am Ende dann war das Votum der Länder eindeutig – sie verwiesen die EEG-Novelle mit einer Zweidrittelmehrheit in den Vermittlungsausschuss. Sie waren nicht bereit, die drastischen Einschnitte mitzutragen und verlangten eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzentwurfs. Mit dieser Abstimmung sandten die Länder ein deutliches Signal in Richtung Bundesregierung, das nicht ohne Folgen blieb.
Wenige Tage nach dieser Abstimmung in der Länderkammer trat Merkel vor die Presse und verkündete, sie habe beim Bundespräsidenten um die Entlassung von Umweltminister Norbert Röttgen gebeten. Nur wenige Sätze kamen ihr über die Lippen – kaum ein Dank an den geschassten Minister, der nach der Niederlage im Bundesrat noch ein Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen erlebte.Merkel wollte mit der Entscheidung den Weg für einen personellen Neuanfang freimachen. Die Energiewende bezeichnete sie dabei als ein „zentrales Projekt dieser Legislaturperiode“.
Die Bundesländer müssen sich mit ihren umfangreichen Forderungen nun an einen neuen Umweltminister wenden. Peter Altmaier soll es nach dem Willen von Merkel nun richten. Als parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist er bislang eher weniger mit Sachkenntnis bei Umwelt- und Energiethemen aufgefallen. Eine seiner dringlichsten Aufgaben ist nun aber, einen Kompromiss bei der Photovoltaik mit den Ländern zu finden.
Im Streit über die Solarförderung war es Röttgen zuvor nicht gelungen, gerade die ostdeutschen CDU-Länderfürsten auf seine Seite zu ziehen und damit die EEG-Novelle endgültig in Kraft zu setzen. Dennoch war es überraschend, dass bei der Abstimmung im Bundesrat gerade noch vier Länder – Bayern, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein – für den Gesetzentwurf stimmten. „Dass auch sechs unionsgeführte Länder für einen Vermittlungsausschuss gestimmt haben, zeigt, dass sie nicht bereit sind, zum Schutz ihres CDU-Spitzenkandidaten in Nordrhein-Westfalen die vielen Tausend Arbeitsplätze in der Solarbranche aufs Spiel zu setzen“, kommentierte Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell die Entscheidung.
Länder wollen nachbessern
Mit dem Vermittlungsausschuss hat sich für die Solarbranche zum einen die Zeit der Unsicherheit weiter verlängert, zum anderen gibt es nun aber auch wieder ein wenig Hoffnung, dass die dras-tischen Einschnitte noch gemildert werden könnten. Erklärtes Ziel der Länder ist die grundlegende Überarbeitung der EEG-Novelle. In ihrem Antrag zur Anrufung des Vermittlungsausschusses haben sie genau aufgeführt, an welchen Stellen nachgebessert werden sollte. Einige Regelungen des Gesetzentwurfs werden dagegen wohl unverändert bleiben (siehe Kasten Seite 18). Die vom Umweltministerium angebotene Aufstockung der Forschungsgelder ist aus Sicht der Länder allein nicht ausreichend für einen Kompromiss mit dem Bundestag.
„Die drastischen Kürzungen verschärfen den Wettbewerb auf dem gegenwärtig äußerst angespannten Photovoltaik-Herstellermarkt über das gebotene Maß hinaus und gefährden Arbeitsplätze“, heißt es in der Begründung der Länder für einen Vermittlungsausschuss. Sie fordern, von den vorgesehenen Kürzungen zwischen 20 und 29 Prozent Abstand zu nehmen sowie Freiflächenanlagen über zehn Megawatt wieder in die Förderung zu integrieren. Auch sollte die Vergütungsklasse für Anlagen zwischen zehn und 100 Kilowatt wieder in das EEG aufgenommen werden, da gerade Anlagen dieser Größe ansonsten besonders stark betroffen seien. Außerdem begründet der Bundesrat seine Anrufung des Ausschusses damit, dass die Übergangsfristen in dem Entwurf nicht ausreichend seien und damit der Vertrauensschutz gefährdet sei. Sie sollten daher in angemessener Weise ausgestaltet werden.
Stärkerer Zubau gefordert
Die Länder halten zudem den im Gesetzentwurf neu festgelegten Zielkorridor für den Photovoltaikzubau nicht mit den früher festgelegten Zielen vereinbar. Er liege deutlich unter dem im Nationalen Allokationsplan festgelegten Ausbauziel von 52 Gigawatt Photovoltaikleistung bis 2020. Nach Ansicht von Wissenschaftler Volker Quaschning ist selbst dieses Ziel nicht ambitioniert genug. Er hält bis zu 200 Gigawatt bis 2035 für machbar (siehe Interview Seite 20).
Der Bundesrat setzt sich für eine Streichung des Marktintegrationsmodells ein. Dieses führe lediglich zu einer weiteren pauschalen Kürzung der Einspeisevergütung, ohne jedoch neue Anreize für den Eigenverbrauch zu setzen. Es „sollte demzufolge nicht weiter verfolgt werden“, heißt es zur Begründung. All diese Forderungen des Bundesrats beziehen sich direkt auf den Entwurf, wie ihn der Bundestag Ende März beschlossen hatte.
Doch die Länder gehen noch einen Schritt weiter. Zum einen fordern sie, eine Klausel „Made in Europe“ in die Novelle aufzunehmen. „Die Vergütung sollte an die Herstellung in der EU oder zumindest an die anteilige Wertschöpfung in der EU geknüpft werden“, heißt es dazu. Zum anderen fehlten „Regelungen zur sinnvollen Integration“ des Solarstroms ins Netz. Die Länder fordern hier, konkrete Maßnahmen und insbesondere Anreize für dezentrale Speicher zu schaffen.
Inwiefern die Länder ihre Position im Vermittlungsausschuss durchsetzen können, muss sich zeigen. Die For Im Vermittlungsausschuss müssen Vertreter aus Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss zur Solarförderung finden. Bis Juli wollen sich beide Seiten geeinigt haben.
derungen sowohl des Wirtschaftsministers Philipp Rösler als auch des neuen Umweltministers Peter Altmaier zeigen eher in eine andere Richtung. Rösler ließ über seinen Generalsekretär verbreiten: „Die Länder haben sich unserem Entgegenkommen nicht erkenntlich gezeigt“. Deshalb sollte nun der Ursprungsentwurf vom Februar wieder auf den Tisch, inklusive der Verordnungsermächtigung für die Minister.
Altmaier sagte kurz nach seinem Amtsantritt im Deutschlandradio: „Bei der Photovoltaik sieht man, dass es zu großen Problemen führen kann, für die Netzstabilität, aber auch für die Stromkunden, wenn dieser Ausbau, der wichtig ist, unkontrolliert und in viel zu hohem Tempo vorangeht, sodass der Ausbau der Netze nicht Schritt hält.“ Außerdem ähneln sich beide Minister in ihrer Argumentation, wenn es um die Frage geht, wie sich der Photovoltaikzubau auf die EEG-Umlage auswirkt. Gerade Rösler hat sich bereits in der Vergangenheit gern zum Schützer des privaten Stromkunden aufgeschwungen, dabei aber stets vergessen, dass es die vielen, von ihm mit verantworteten Ausnahmeregelungen für die Industrie sind, die sich stärker als der Photovoltaikzubau auf die Kosten der EEG-Umlage auswirken und von den Privathaushalten aufgefangen werden.
Entscheidung im Juli
Einigkeit auf allen Seiten besteht einzig bei der Ankündigung, bis zur parlamentarischen Sommerpause einen Kompromiss zur Solarförderung finden zu wollen. Allerdings ist noch nicht abzusehen, an welcher Stelle sich Bund und Länder bei ihren Vorstellungen treffen werden. Der Vermittlungsausschuss wird voraussichtlich Mitte Juni das erste Mal zusammentreten, heißt es aus dem Büro des Vorsitzenden für dieses Gremium, Thomas Strobl. Bis dahin wird wohl intensiv hinter den Kulissen verhandelt.
Maximal drei Mal wird der Ausschuss tagen. Danach muss ein Kompromiss von Bundestag und Bundesrat abgestimmt werden. Aber nach dem ersten Treffen der Vertreter von Bund und Ländern würden gerade noch zwei Sitzungswochen für die Verabschiedung der Novelle bleiben. Die Länder haben bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses mit ihrer Mehrheit ein klares Signal gesetzt. Sie wollen echte Nachbesserungen und der Bund muss sich bewegen.
Vielleicht beweist Peter Altmaier im Umgang mit den Ministerpräsidenten dann auch mehr Geschick als sein Vorgänger. Dabei könnte ihm seine bisherige Tätigkeit nach eigenen Aussagen sogar noch helfen: „ Ich habe als Geschäftsführer gelernt: Wenn man sich Gedanken macht über Kompromisse, dann sollte man sie vorher nicht auf dem offenen Markt erörtern, sondern mit den Beteiligten. Dann sind die Erfolgschancen größer.“