Der Forschungsverbund Erneuerbare Energien hat die Ursachen für das bisherige Stocken bei der Wärmewende analysiert. Daraus haben die Forscher aus den verschiedenen Branchen der Wärmeerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien konkrete Vorschläge entwickelt, wie die Wärmewende endlich in Schwung kommt. Die Grundlage ist aber, dass die Politik endlich nicht mehr jeden Bereich separat betrachtet, sondern Strom, Wärme und Mobilität als ein System begreift.
Der Forschungsverbund Erneuerbare Energien (FVEE) fordert eine bessere Politik zur Markteinführung von Ökoheizungen. „Die Energiewende wird nur mit einer Wärmewende gelingen“, sagt Gerhard Stryi-Hipp von Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Er ist gleichzeitig Leiter des für die Weiterentwicklung von Wärmeerzeugern auf Basis erneuerbarer Energien zuständigen Fachausschusses beim FVEE. „Die Wärme macht 58 Prozent des Endenergiebedarfs aus, wobei heute erst elf Prozent davon mit erneuerbaren Energien gedeckt werden“, rechnet Stryi-Hipp vor. „Wir benötigen sowohl eine entschiedenere Markteinführungspolitik für erneuerbare Energien und Effizienzmaßnahmen, als auch eine deutlich erhöhte Forschungsförderung, um das große Innovationspotenzial in den Wärmetechnologien zu heben.“
Konkrete Vorschläge liegen auf dem Tisch
Der FVEE fordert aber nicht nur konsequentes Handeln von der Politik, sondern macht auch konkrete Vorschläge, wie das Ziel erreichbar wird. In einem jetzt veröffentlichten Positionspapier benennt der FVEE konkrete Aufgaben und gibt Empfehlungen, wie die Wärmewende endlich Fahrt aufnehmen kann und der Ausbau von Wärme- und Kältetechnologien auf Basis erneuerbarer Energien endlich voran geht. Die erste Maßnahme ist, den Blick über die Stromerzeugung hinaus zu erweitern. Die Konzentration der Energiewende auf das Stromsystem bringt nichts.
Es hilft nur eine ganzheitliche Betrachtung des Energiesystems und die Verknüpfung von Wärme-, Strom- und Mobilitätssektor. „Deshalb müssen Instrumente zur Bewertung der Rolle von Einzeltechnologien im Gesamtenergiesystem Strom-Wärme-Mobilität entwickelt werden, wobei energetische, ökologische und ökonomische Aspekte zu berücksichtigen sind“, betonen die Autoren des Positionspapiers. Nur so kann die Politik erst zu einer richtigen Einschätzung kommen, was die Wärmetechnologien und die erneuerbare Wärme für die Energiewende bedeuten. „Die Sektoren wirken immer mehr zusammen durch Technologien wie KWK, Wärmepumpen oder Power to Heat“, ergänzt Daniela Thrän vom Deutschen Biomasseforschungszentrum und vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung. „Eine Bewertung einzelner Technologien ohne Beachtung ihrer Rolle im Gesamtsystem wäre nicht zielführend. Wir brauchen deshalb ein integriertes Energiekonzept für Strom, Wärme und Kälte sowie Mobilität.“
Forschung ist die Grundlage
Als Basis der Beschleunigung der Wärmewende sieht der FVEE vor allen verstärkte Anstrengung in der Forschung und Entwicklung der Technologien. Zusätzlich sollten auch die Markteinführungshilfen verstärkt werden. Die Ansätze sind da, doch reichen diese nicht aus. Zudem muss die Politik sich nicht nur auf Neubauten konzentrieren, sondern auch den Modernisierungsstau in bestehenden Heizungskellern auflösen. Dazu muss der Gesetzgeber nicht nur die Effizienzanforderungen im Neubau weiterhin schrittweise erhöhen, auch wenn dies ebenfalls wichtig ist. Vielmehr muss er mit seinen Vorgaben und Anreizen auch den Gebäudebestand wesentlich stärker adessieren. Dazu erachtet der FVEE die Einführung von Fahrplänen zur Gebäudesanierung für hilfreich.
Einzelne Fördermaßnahmen aufeinander abstimmen
Außerdem sollte der Gesetzgeber die einzelnen bestehenden Richtlinien für die Förderung erneuerbarer Wärme besser aufeinander abstimmen. „Aufgrund der hohen Heterogenität der Marktakteure, Investoren und Technologien bedarf eine erfolgreiche Wärmewende der Klarheit und Kontinuität in der Politik, um nennenswerte Ergebnisse zu erzielen“, betonen die Autoren des Positionspapiers.
Effizienz mit einbeziehen
Ein zentraler Punkt ist, die Förderung nicht mehr auf die reine Größe des Systems abzustellen, sondern stärker ertragsorientiert auszugestalten. Deshalb sollten alle Ökoheizungen nachvollziehbare Einrichtungen zur Effizienz- oder Ertragskontrolle aufweisen. Der FVEE schlägt vor, dies im Erneuerbare-Wärme-Gesetz festzulegen. Nur so kann der Gesetzgeber auch überprüfen, um eine geförderte Anlage auch tatsächlich im versprochenem Umfang zur Energiewende beiträgt. Liegen die Erträge unter den Erwartungen, muss die gesamte Anlage komplett überprüft werden. Dazu sollte nicht nur die Funktionsfähigkeit der Komponenten, sondern auch die Planung und Installation der Anlage überprüft werden.
Den Technologiemix betrachten
Zudem sollte der Gesetzgeber nicht seine Förderung auf eine Technologie konzentrieren, sondern immer den gesamten Technologiemix betrachten. Denn jede hat ihre Vorteile und verschiedene Anwendungssituationen erfordern jeweils unterschiedliche Technologien. „Jede Politik für den Wärmesektor, die nur auf eine einzelne Technologie fokussiert, ist falsch“, betont Gerhard Stryi-Hipp. „Wir benötigen eine systemische Herangehensweise, die der Komplexität des Wärmesektors gerecht wird. Auf Basis einer fundierten Bewertung aller verfügbaren Komponenten – von der effizienten Gebäudehülle über die erneuerbare Wärmebereitstellung bis zur Wärmeerzeugung mit Strom – muss der optimierte Mix für alle räumlichen Ebenen sowie für die jeweiligen Investoren und Rahmenbedingungen gefunden werden.“
Außerdem sollte die bisher eher auf Einzelanlagen ausgerichtete Förderung durch systemische Ansätze ergänzt werden. Nur so gelingt es, auch die vielen Mieter in Großstädten, die kein eigenes Gebäude haben, in die Wärmewende mit einzubinden. In ihrem Positionspapier arbeiten die Autoren die Herausforderungen beim Aufbau von Wärmenetzen und der Ausarbeitung kommunaler Wärmepläne heraus.
Wärmemarkt ist komplizierter als Strommarkt
Die Autoren kritisieren, dass es bisher nicht gelungen ist, die Wärmewende in Gang zu bringen und ihr eine Dynamik zu verleihen, ähnlich dem Ausbau der Ökostromerzeugung. Die Autoren sehen die Gründe dafür unter anderem in der hohen Heterogenität von eingesetzten Heiztechnologien und Anlagengrößen, von Gebäudetypen sowie von Eigentümern und Betreibern. Außerdem ist der Wärmemarkt viel komplexer als der Strommarkt. Ein dritter Grund ist die starke Abhängigkeit von fossilen Energiepreisen, auf die die einzelnen Staaten keinen Einfluss haben. Zudem sei es bisher nicht gelungen, die sozialen Aspekte der Wärmeversorgung aufzulösen und die Handlungsspielräume der Politik zu verbessern. Das Positionspapier macht deutlich, dass diese besondere Charakteristik des Wärmesektors stärker berücksichtigt werden muss, um erfolgreiche Lösungsansätze für die Wärmewende zu entwickeln. (Sven Ullrich)