Glücklicherweise ist Murphy’s Law – „wenn etwas schiefgehen kann, dann geht es schief“ – kein Naturgesetz und gilt nicht automatisch für Verkauf und Montage von Photovoltaikanlagen. Die meisten Module reisen ohne Zwischenfälle um die halbe Welt und gelangen ohne Sach- oder Personenschäden auf die Dächer der Anlagenbetreiber und ans Netz. Aber auch das ist kein Automatismus – und wenn dann doch mal etwas schiefgeht, kann es für das betroffene Unternehmen sehr schnell sehr teuer werden. Was wäre, wenn der Installateur eines Morgens kein gut sortiertes Warenlager mehr vorfindet, sondern eine gähnend leere Halle mit aufgebrochenem Tor oder eine rauchende Ruine? Wenn der voll beladene Transporter auf dem Autobahnrastplatz geklaut wird? Wenn beim Ausladen eine Palette mit Anlagenteilen von der Ladefläche fällt? Wenn während einer mehrtägigen Montage Langfinger Komponenten mitgehen lassen oder Vandalen sich auf der Baustelle austoben? Wenn auf dem Dach ein Werkzeug oder ein Modul abrutscht und nicht auf dem Rasen landet, sondern auf dem nagelneuen SUV des Auftraggebers – oder gar auf dem Postboten? Wenn der Installateur selbst abstürzt und mit gebrochenem Schlüsselbein ein paar Wochen ausfällt?
Für Beruhigung sorgt bei all diesen Fragen im Grunde nur eine Antwort: „Dann greift die Versicherung.“ Passende Policen können zwar im Schadensfall nicht vor dem Ärger schützen, aber die finanziellen Folgen abpuffern. Wasjedoch sind die passenden Versicherungen? Allgemeingültige Empfehlungen für Installateure gibt es natürlich nicht, dafür sind Tätigkeitsfelder und Größe der Betriebe zu unterschiedlich. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) empfehlen Unternehmern unisono, sich – eventuell mit Hilfe eines unabhängigen Versicherungsmaklers, der die Policen vieler Anbieter kennt und mit Blick auf Leistung und Kosten vergleichen kann – alle Arbeitsbereiche und -abläufe des Unternehmens anzusehen und unter dem Gesichtspunkt „was wäre, wenn“ die Gefahrenschwerpunkte zu identifizieren. Und in einem nächsten Schritt eines solchen Risikomanagement-Konzepts geht es dann schließlich um die Frage, was versichert werden muss, soll oder kann.
Finanziellen Ruin verhindern
Sogenannte große Risiken, die den finanziellen Ruin bedeuten würden, müssen versichert werden; darunter fällt die Unterbrechung des eigenen Betriebs, aber vor allem die Haftung für Sach- und Personenschäden. Beispiel: Der Installateu r berechnet die Statik eines Gewerbedaches falsch, nach der Installation der Anlage bricht die Halle zusammen – und der Auftraggeber macht den Installateure für den Schaden an Gebäude und Solaranlage, die zerstörten Maschinen und seinen Umsatzausfall bis zur Wiederaufnahme des Betriebs haftbar. Sogenannte mittlere Risiken, die eine spürbare finanzielle Belastung wären, sollten versichert werden; dazu gehören Rechtsschutz- und vor allem Sachversicherungen. Beispiel: Der Installateur verursacht mit seinem Lieferwagen einen Unfall, dabei gehen mehrere Module und auch ein Wechselrichter zu Bruch – jetzt muss nicht nur die Wiederbeschaffung der Komponenten finanziert werden, sondern eventuell auch ein Ertragsausfall auf Seiten des Auftraggebers, falls die Anlage nicht zum vereinbarten Zeitpunkt ans Netz gehenkann. Und als kleine Risiken, deren Versicherung eher Kür- als Pflichtprogramm ist, gelten Schadensfälle, die aus der eigenen Kasse beglichen werden können. Beispiel: Das Warenlager hat nur kleine Fenster mit einfacher Verglasung – die Finanzierung neuer Scheiben würde die Firma nicht stark belasten.
Wichtigster Baustein zur Abfederung großer Risiken sind Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherungen. Sie schützen den Betrieb vor den Ansprüchen Dritter, die durch einen Schaden entstanden sind, den das Unternehmen – sei es der Chef selbst oder einer seinerAngestellten – zu verantworten hat. Das Versicherungsunternehmen reguliert nicht nur diesen Schaden, sondern prüft zunächst einmal, ob die Ansprüche des Geschädigten überhaupt rechtens sind. Daher beinhalten Haftpflichtversicherungen für das versicherte Unternehmen auch einen gewissen Rechtsschutz, denn bei Schadenersatzansprüchen an Unternehmen kommt es schnell auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen.
Ein Installateur muss jedoch unbedingt darauf achten, dass die Police seiner Betriebshaftpflicht auch wirklich alle Risikobereiche abdeckt. Und dastut sie nicht, wenn beispielsweise die Betriebsbeschreibung nicht korrekt ist: Ein Elektromeister, der vor zehn Jahrenfür die Tätigkeiten seines Gewerkes eine Betriebshaftpflicht abgeschlossen hat, aber seit zwei Jahren auch mit Modulen handelt sowie Solaranlagen montiert, muss das unbedingt in die Betriebsbeschreibung aufnehmen – sonst sind Risiken aus diesen Bereichen nicht gedeckt.
Komplexe Haftungsrisiken
Das Haftungsrisiko ist komplex: Die Errichtung von Photovoltaikanlagen kann neben dem Elektro- auch das Dachdeckerhandwerk und das Gewerk Sanitär, Heizung, Klima berühren, außerdem ist der Installateur oft nicht nur Installateur der Anlage, sondern auch Händler und/oder Importeur der Komponenten, er erstellt Planung und Ertragsprognose, beurteilt die Statik des Daches, liefert Finanzierungs- und Versicherungsvorschläge und besorgt Anträge beim örtlichen Energieversorger. Alle Aspekte müssen in der Betriebsbeschreibung enthalten sein. Überraschend entstehende neue Tätigkeitsbereiche lassen sich über eine sogenannte Vorsorgeversicherung im Rahmen der Haftpflichtpolice absichern, die eine Veränderung in der betrieblichen Tätigkeit innerhalb eines Jahres abdeckt. Spätestens zur nächsten Hauptfälligkeit muss dem Versicherer aber die neue Tätigkeit angezeigt werden, sonst ist auch diese Vorsorgeversicherung dahin.Wichtig ist neben der genauen Betriebsbeschreibung, dass im Kleingedruckten auch Tätigkeits- beziehungsweise Bearbeitungsschäden – also Sachschäden, die im unmittelbaren Einwirkungskreis der Tätigkeit entstehen – enthalten sind, außerdem Mängelbeseitigungsnebenkosten und Nachbesserungsbegleitschäden, zu denen auch Betriebs- und Produktionsunterbrechungsschäden beim Auftraggeber gehören. Außerdem sollte im Versicherungsvertrag festgehalten werden, inwieweit sich der Versicherungsschutz auf den Betrieb und eventuelle Zweigstellen und Filialniederlassungen ausdehnt. Eine sinnvolle Ergänzung kann zudem eine Montageversicherung sein, die Schäden vom ersten bis zum letzten Schritt auf der Baustelle abdeckt. Und die vereinbarten Versicherungssummen sollten nicht zu niedrig angesetzt sein: Versicherungssummen für Personen- und Sachschäden unterhalb von drei Millionen Euro gelten beispielsweise generell als bedenklich, schließlich können bei Bau- oder Personenschäden schnell erhebliche Forderungen auf einen Betrieb zukommen.
Auch eine – eventuell erweiterte – Produkthaftpflicht sollte ein Installateur überdenken. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH-Urteil vom 3. 3. 2004; VIII ZR 76/03) gilt ein Vertrag über die Errichtung von Solaranlagen nämlichals sogenannter Kaufvertrag mit Montageverpflichtung: Die Gewährleistung richtet sich nach den Vorschriften des Kaufrechts, und damit haftet der Installateur nicht nur für die ordnungsgemäße Montage, sondern auch für die Mängel, die an der Anlage selbst auftreten. Das kann zu einem teuren Problem werden, wenn die Gewährleistungsfristen des Herstellers kürzer sind als die des Solarteurs oder aus anderen Gründen ein Regress nicht möglich ist. Auch der PV-Anlagenpass erweitert zunächst die Haftung des Installateurs, da dieser die Richtigkeit von Prüfbescheinigungen, Datenblättern, Zertifikaten und Garantieerklärungen bescheinigt und vom Käufer in Anspruch genommen werden kann, sollte die versprochene Leistung nicht erreicht werden oder anderweitiger Schaden an der Anlage auftreten. Und wenn ein Installateur Anlagenteile direkt aus dem nichteuropäischen Ausland importiert, übernimmt er EU-Recht zufolge als sogenannter Quasi-Hersteller ohnehin die direkte Haftung für die Produkt- und Leistungsgarantien des Herstellers.
Zwangspause finanzieren
Ein großes Risiko ist für einen Installateur jedoch nicht nur ein Zwischenfall bei einem Auftraggeber, sondern auch eine Zwangspause des eigenen Unternehmens. Löhne und Gehälter, Pacht und Zinsen laufen auch dann weiter, wenn das Betriebsgelände überflutet, das Inventar geklaut oder der Chef Opfer eines Arbeitsunfalls wurde. Schutz bietet eine Betriebsunterbrechungsversicherung, die je nach Police nicht nur fortlaufende Kosten und entgangenen Gewinn abdeckt, sondern auch notwendig werdende Mehrkosten, zum Beispiel für Überstundenzuschläge, spezielle Marketingmaßnahmen oder für die Anmietung von Produktions-, Lager- und Geschäftsräumen. Es gibt eine sogenannte Klein-BU-Versicherung mit bis zu einer Million Euro Versicherungssumme, die in der Regel nur zusammen mit einer Sachversicherung (Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Leitungswasser-, Sturmversicherung) abgeschlossen werden kann. Die sogenannte Groß-BU-Versicherung ist eine eigenständige Police und deckt höhere Summen ab.
Der betriebliche Rechtsschutz sowie Sachversicherungen betreffen sogenannte mittlere und kleine Risiken von Unternehmen. Die Firmenrechtsschutzversicherung ist eigentlich ein Muss, denn das Risiko eines Rechtsstreits ist immer gegeben – durch Unstimmigkeiten mit Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten, Anwohnern oder der Konkurrenz. Je nach Streitwert oder Länge des Instanzenweges kommt es da schnell zu einer üppigen Gesamtsumme. Bei den Sachversicherungen gibt es eine Vielzahl verschiedenster Policen, bei denen der Installateur selbst Prioritäten setzen und über Einzel- oder Kombipolicen entscheiden kann. Es macht beispielsweise beim Versicherungsbedarf einen Unterschied, ob die Betriebsräume Eigentum oder gemietet sind oder ob das Lager immer gut sortiert ist oder eher kurzfristig und projektbezogen bestückt wird. Entscheidend kann auch sein, ob das Unternehmen noch in der Startphase und finanziell eher schwach ist oder bereits etabliert und mit Rücklagen ausgestattet.
Sinnvoll ist es in der Regel, eigene Gebäude, die Betriebseinrichtung sowie die Warenvorräte abzusichern; ein Blick ins Kleingedruckte klärt, ob auch die EDV-Anlage, die Schaufensterscheibe oder geleastes Werkzeug mitversichert sind. Ob es gleich alle Policen gegen Brand, Blitzschlag und Explosion, Einbruch, Raub und Vandalismus, Leitungswasser, Sturm und Hagel sein müssen, ist Abwägungssache – für die meisten Solarteure gehören auf dem Betriebsgelände Brand und Diebstahl zu den gravierendsten Risiken. Außerhalb des Geländes ist es der Transport der diversen Anlagenkomponenten: Eine Transportversicherung schützt das Anlagen- und Montagematerial auf dem Weg vom eigenen Lager oder vom Lieferanten zum Kunden sowie den sonstigen Inhalt der Montagefahrzeuge. Wichtig ist es auf jeden Fall, bei allen Sachversicherungen die Versicherungssummen hoch genuganzusetzen, um im Schadensfall nicht doch noch auf einem großen Teil der Kosten sitzen zu bleiben.
Trotz aller Versicherungen gilt natürlich: Ein Installateur sollte in erster Linie alle Möglichkeiten nutzen, Risiken zu mindern oder sogar ganz auszuschließen. Wer die Risiken für seinen Betrieb erkannt hat, kann sie bewerten und dann versuchen, sie zu beseitigen oder abzuschwächen – und oft zeigen schon kleine Maßnahmen große Wirkung. Ein Einbruch ist weniger wahrscheinlich, wenn grundsätzlich kein Bargeld im Büro aufbewahrt wird, Fenster und Türen gute Beschläge haben oder eine Alarmanlage installiert ist. Eine abgerauchte IT-Anlage ist leichter und günstiger zu ersetzen, wenn regelmäßige Datensicherungen selbstverständlich sind. Wasserschäden sind nicht so gravierend, wenn Module und Wechselrichter nicht auf dem Boden lagern, sondern in Regalen. Die verbleibenden Risiken müssen natürlich finanziert werden – mit eigenen Rücklagen oder Versicherungen. Dann kann (fast) nichts mehr schiefgehen.