Immer wieder erreichen die photovoltaik-Redaktion Hinweise, dass die Zahlen der Bundesnetzagentur nicht vertrauenswürdig sind. Das jüngste Beispiel kommt von einem Projektierer aus Leipzig. Es sei eine mehr als 800 Kilowatt große Photovoltaik-Anlage im Dezember für einen Kunden realisiert und bei der Bundesnetzagentur gemeldet worden, berichtet ein Mitarbeiter. Doch nun tauche diese Anlage nicht in der jüngsten Veröffentlichung der Bundesnetzagentur auf. Die Behörde hatte Ende März endlich die von ihr überprüften Zahlen für die neu gemeldeten Anlagen im dritten Quartal 2011 vorgelegt. Demnach seien im Dezember 2983 Megawatt Photovoltaik-Leistung neu installiert worden.
Die Vorgeschichte: Bereits am 9. Januar verkündete die Bundesnetzagentur, dass es im Dezember mit rund 3000 Megawatt Photovoltaik-Leistung einen neuen Rekordzubau gegeben habe. Daraufhin brach sich die politische Debatte über die Solarförderung Bahn. Diese fand ihren Höhepunkt bislang in der Zustimmung des Bundestags Ende März zur neuen EEG-Novelle, die drastische Einschnitte für die Photovoltaik ab April vorsieht.
Es ist im EEG verankert, dass Betreiber von Photovoltaik-Anlagen ihre neuen Systeme im Vorfeld der Inbetriebnahme bei der Bundesnetzagentur melden müssen. Dies bezieht sich aber eher auf das Recht, eine Einspeisevergütung für den erzeugten Solarstrom zu erhalten. Eigentlich ist es die Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber die neu installierte Photovoltaik-Leistung zu erfassen und auch zu veröffentlichen. Nach Artikel 48 des EEG 2012 sind sie verpflichtet, die Angaben und die Endabrechnung für Anlagen, die unmittelbar und mittelbar an ihr Netz angeschlossen sind, unverzüglich auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Dieser Pflicht kommen die Übertragungsnetzbetreiber durchaus auch nach, allerdings meist nicht unverzüglich. Dies muss auch Tomi Engel von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) feststellen, wenn er versucht für die Energymap die Daten zu erfassen. Er spricht gern von „technologischer Steinzeit“, wenn es um die Datenerhebung bei den Netzbetreibern geht. Auch Transnet BW räumt auf Anfrage ein, dass es einen gewissen Zeitverzug gibt, wenn es um die Ermittlung neu installierter Photovoltaik-Anlagen geht. Dieser liege bei etwa sechs Wochen. Schaut man nun bei der Bundesnetzagentur, haben die Übertragungsnetzbetreiber bei ihrer letzten Aktualisierung Mitte Februar eine installierte Photovoltaik-Leistung in Deutschland von 22 Gigawatt angegeben. Dies passt aber weder mit den Daten für die erzeugten Solarstrommengen zusammen, die die EEX für die einzelnen Tage angibt noch stimmt es mit der Bundesnetzagentur zusammen, bei der Photovoltaik-Anlagen mit 25 Gigawatt Leistung gemeldet sind. Welche Zahl stimmt nun? Wie valide sind die Zahlen überhaupt?
Dass die Zahlen der Bundesnetzagentur leicht zu fälschen sind, haben verschiedene Interviewpartner der Redaktion bestätigt. So ist es kein Problem, Anlagen über das Online-Portal der Bundesnetzagentur zu melden, die gar nicht existierten. Solange die Größenangaben realistisch sind und die Daten vollständig, ist eine Nachprüfung durch die Bundesnetzagentur unwahrscheinlich. Den Überblick wie viele Photovoltaik-Anlagen wirklich in Deutschland installiert sind, haben letztlich nur die Netzbetreiber – doch sie geben weder eine unmittelbare Rückkopplung an die Bundesnetzagentur noch veröffentlichen sie „unverzüglich“ ihre Daten. (Sandra Enkhardt)
--
Mehr zu diesem Thema lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der photovoltaik (04/2012) im Artikel „Zweifel bleiben“. Gern können Sie selber bei der Bundesnetzagentur prüfen, ob Ihre Anlage dort in den Daten zu finden ist. Wir freuen uns über Rückmeldungen und Hinweise, für wie verlässlich sie die Zubauzahlen der Bundesnetzagentur halten, unter redaktion(at)photovoltaik.eu.