Wie bewerten Sie die Debatten über die geplante Reform des EEG?
Detlef Neuhaus: Die Energiewende wird in Deutschland von der breiten Bevölkerung getragen. Daran hat sich wenig geändert. Allerdings haben wir als Branche der erneuerbaren Energien viel mit negativer Polemik und Halbwahrheiten in den Medien zu kämpfen. Es wird ein diffuses Gefühl verbreitet, dass die regenerativen Energien die Strompreise verteuern. Das ist kompletter Unfug, an dem unsere Politiker leider nicht ganz unbeteiligt sind.
Können Sie diesen Vorwurf präzisieren?
Über einen langen Zeitraum haben die deutschen Steuerzahler viele Milliarden Euro in die Entwicklung und den Aufbau der erneuerbaren Energien gesteckt – in eine Zukunftstechnologie, die weltweit an Bedeutung gewinnt. Nun wird sie schlechtgeredet. Das ist beinahe ein Treppenwitz. Denn jetzt könnten wir die Früchte ernten. Wir sind jetzt so weit, dass wir eine Kilowattstunde Sonnenstrom für neun bis elf Cent produzieren können. Plötzlich heißt es aus der Politik: Alles auf Stopp! Ihr seid nicht solidarisch!
Was schlagen Sie vor?
Mittlerweile gibt es keinen ernst zu nehmenden Wissenschaftler mehr, der die Klimaerwärmung leugnet. Dieses Problem kriegen wir nicht in den Griff, indem wir mehr Braunkohle verbrennen als früher die DDR. Natürlich gab es bei der Förderung durch das EEG einige Fehlsteuerungen. Und natürlich müssen wir noch offene Fragen beantworten, etwa zur Steuerung des Stromnetzes, wenn viele Solaranlagen und Windräder ihren Strom einspeisen. Aber das sind harmlose Probleme gegenüber der Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle oder die Reduktion von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Was wir brauchen, sind konstruktive Antworten, um diese Probleme zu lösen. Dafür müsste das EEG die richtigen Anreize setzen.
Welche Anreize könnte die Politik setzen, um die Energiewende voranzubringen?
Schon jetzt kann ein Unternehmer zwischen 40 und 60 Prozent des selbst erzeugten Stroms in seiner Firma verwenden, zu sehr niedrigen Kosten, auf 20 Jahre – oder im Falle der Solarwatt Glas-Glas-Module auf 30 Jahre – abgesichert. Dafür braucht man nicht einmal eine Batterie. Das ist ein enormer Wettbewerbsvorteil für die deutsche Wirtschaft. Für den Eigenverbrauch bis 80 Prozent sind ökonomische und ökologische Batterien in Sicht. Das dauert vielleicht noch ein Jahr, dann ist diese Technologie so weit. Aber statt den Eigenverbrauch zu forcieren, wird er verteuert. Weder Kohle noch Gas werden belastet. Auch werden energieintensive Unternehmen nicht bestraft. Man darf weiterhin ungestraft neue Ölkessel einbauen. Aber wer Photovoltaik nutzt, muss zahlen. Das ist ein echter Treppenwitz.
Also plädieren Sie dafür, die geplante EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch fallen zu lassen?
Selbstverständlich. Wenn ich in meinem Garten eigene Tomaten züchte, muss ich auch nichts bezahlen. Und wenn ich mein Haus dämme, brauche ich weniger Erdgas vom Energieversorger. In diesem Fall muss ich keinen Ausgleich für das Gasnetz zahlen, sondern lediglich für geringeren Verbrauch. Wir hätten die einmalige Chance, in den erneuerbaren Energien weltweit in Führung zu gehen. Aber ich fürchte, diese Chance wird vertan. Und der Strompreis wird dennoch nicht sinken, davon bin ich fest überzeugt.
Solarwatt gehörte zu den Pionieren der Photovoltaik. Wenn Sie die Jahrzehnte zurückblicken: Wo steht die Branche heute?
Man braucht nur die letzten drei Jahre anzuschauen, das genügt völlig. In diesen drei Jahren haben wir einen Preisverfall von 70 Prozent verkraftet. Außerdem hat sich der deutsche Markt halbiert. Jetzt ist die Photovoltaik marktfähig, das haben wir geschafft. Die dezentrale Stromversorgung ist möglich. Plötzlich sagt die Politik: Ihr seid unsozial. Da kann ich nur den Kopf schütteln. Früher waren unsere ärgsten Widersacher chinesische Unternehmen wie Yingli oder namhafte Hersteller aus unserem Land. Mittlerweile haben wir ein viel größeres Problem: die Politiker, die wir selbst gewählt haben.
Wie bewerten Sie die aktuelle Situation des deutschen Marktes?
Für uns läuft es zurzeit recht gut: Obwohl der Markt schrumpft, konnten wir unseren Absatz in den vergangenen zwölf Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vervierfachen. Wir haben unseren Marktanteil bei Anlagen unter zehn Kilowatt und kleineren Gewerbeanlagen auf rund zehn Prozent erhöht.
Welche Produkte fragt der Markt besonders nach?
Schon 1993 haben wir mit der Produktion von Solarmodulen in Dresden begonnen. Damals waren wir Pioniere der Photovoltaik in Deutschland. 1998 waren wir wieder Pioniere – mit den ersten Glas-Glas-Modulen. Im vergangenen Jahr waren wir erneut vorneweg, mit den ersten Glas-Glas-Modulen, die nur zwei Millimeter dicke Gläser verwenden. So ein Modul ist nur 100 Gramm schwerer als ein Glas-Folie-Modul. War der Anteil dieser Module früher sehr klein, macht er mittlerweile rund ein Drittel unseres Geschäfts aus.
Welche Ursachen sehen Sie für diese Entwicklung?
Nach der Umstrukturierung sind wir komplett durchfinanziert. Wir haben keine Banken mehr im Haus und sind schuldenfrei. Das schafft Vertrauen bei unseren Kunden. Unsere Produkte sind technologisch top und solide, in Dresden gefertigt. Wir versprechen nicht nur Qualität, wir stehen auch dafür ein: Unser Glas-Glas-Modul hat eine Garantie von 30 Jahren. Nicht nur eine Leistungsgarantie, sondern eine Produktgarantie. Unlängst sind wir von Eon auditiert worden, durch eine sehr harte Prüfung. Uns wurde durchweg hohe Qualität zertifiziert, ohne Abstriche. Zudem bieten wir unseren Kunden eine Allgefahrenversicherung kostenlos obendrauf. Offenbar honoriert der Markt solche Anstrengungen.
Erwarten Sie nach dem harten Preiskampf der vergangenen Monate eine Entspannung im Markt?
Nein, der Markt bleibt angespannt, und der Preisdruck ist nach wie vor sehr scharf. Es wird nicht leichter, wir bewegen uns weiterhin in einem schwierigen Marktumfeld. Denn viele Kunden denken noch zu sehr in Kilowatt Spitzenleistung. Aber mit unserer strategischen Ausrichtung auf hohe Qualität sind wir gut aufgestellt.
Welche Neuheiten dürfen wir erwarten?
Bisher haben wir ein Stromspeichersystem, das zu den beliebtesten gehört. In ein bis zwei Jahren werden die Batterien aber ganz anders aussehen als jetzt. Wir arbeiten mit einem Partner an einem neuen Batteriesystem, das ähnliche Maßstäbe setzen wird wie unsere Glas-Glas-Module in der Photovoltaik. Mehr will ich noch nicht verraten. Anfang Juli launchen wir unseren neuen Energy Manager. Dieser zielt auf die Optimierung der Energieflüsse ab und damit auch auf die Erhöhung des Eigenverbrauchs.
Was wird er können?
Die dabei völlig neu gestalteten Funktionalitäten, die offene Systemarchitektur und die Nutzerfreundlichkeit machen richtig Spaß und helfen gleichzeitig, die Energiekosten zu senken. Lassen Sie sich überraschen – der Vorverkauf hat bereits begonnen.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Solarwatt
Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Glas-Glas-Module
Der Dresdner Systemanbieter Solarwatt hat die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für seine ungerahmten Glas-Glas-Solarmodule erhalten. Die Zulassung wurde durch die Zulassungsstelle des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) erteilt und bezieht sich auf den Modulverbund, der analog dem klassischen Verbundsicherheitsglas (VSG) hergestellt wird. Die Zulassung ist vorerst für fünf Jahre und für alle Bundesländer gültig. Die geprüften Komponenten gelten nach der Genehmigung durch das Berliner Institut als geregelte Bauprodukte im Sinne der Landesbauordnungen – eine separate Zulassung für den privaten oder öffentlichen Bereich ist nicht mehr nötig. Einzelgenehmigungen müssen nicht mehr eingeholt werden. Das spart Zeit und Geld, da langwierige Verfahren der Zulassung entfallen.
Außerdem eröffnet Solarwatt damit Planern und Architekten die Tür zur Photovoltaik: Bauwerksintegrierte Solargeneratoren können mit den Glas-Glas-Modulen als geregelte und zugelassene Bauprodukte nunmehr geplant und umgesetzt werden. Das Solarmodul wird zum gewöhnlichen Bauprodukt. Treffend ist die Benennung des Produktes in der ABZ mit der Zulassungsnummer Z-70.3-199: Das DIBt spricht von „photovoltaischem Verbundsicherheitsglas, PV-VSG“. Solarwatt gibt für diese Module eine Produkt- und lineare Leistungsgarantie von 30 Jahren. Die ungerahmten Module finden Einsatz in den Systemen „Carport“, „Veranda“ und „Fassade“. Darüber hinaus können sie nun überall am Gebäude Glas ersetzen, sie sind in der Anwendung nicht beschränkt.
Detlef Neuhaus
ist geschäftsführender Gesellschafter der Solarwatt GmbH in Dresden. 1993 als reiner Hersteller von Solarmodulen gegründet, tritt Solarwatt seit 2012 als Premiumanbieter für Systemlösungen in der Photovoltaik und in der Elektromobilität auf. Zwischenzeitlich hat das Unternehmen eine harte Umstrukturierung bewältigt und agiert wieder energisch im Markt.