Die Renditen im Bereich Photovoltaik sind attraktiv wie nie zuvor. Trotzdem springt der Markt nicht an – und das macht der Branche Probleme. Dennoch stellte sich bei der vom Branchenverband EPIA ausgerichteten Investment-Konferenz im April in Frankfurt die Situation weniger schlimm dar, als zu erwarten gewesen wäre. Junge Unternehmen, die allerdings im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger auf der Konferenz präsent waren, erhalten den Referenten zufolge nach wie vor ihre Finanzierung. Doch der Druck der Banken wächst. „Sie legen höheren Wert auf baldige kommerzielle Aktivitäten und einen schnellen positiven Cashflow“, sagt Paula Mints von Navigant Consulting. Auch für die Projektfinanzierung gilt, dass die Antragsteller mehr Zeit mitbringen müssen.
Doch die Finanzierungsseite ist nur ein Aspekt, der den Unternehmen Sorgen bereitet. Auf der anderen Seite steht die Nachfrage nach Modulen, die sich trotz des starken Preisrückgangs in den vergangenen Monaten nicht wieder erholt hat. „Der Markt springt trotz attraktiver Renditen nicht an, da die Verkaufskanäle nicht ausreichend entwickelt sind“, sagt Stefan Thiel, Vertriebsleiter von Ersol. So zwinge der Markt die Unternehmen, sich an neue Bedingungen anzupassen. Die Erkenntnis, dass die sorgenfreien Zeiten vorbei sind, ist in der Branche angekommen. Jetzt gilt es, sich auf neue Marktbedingungen einzustellen.
Nach dem globalen Nachfrageeinbruch sind die Modulpreise in den vergangenen Monaten um bis zu 20 Prozent gefallen. „Mit den notwendigen Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen werden die Technologien auch weiterhin schnell besser werden. Auf Systemebene werden dadurch bis 2020 Preissenkungen um 50 Prozent möglich“, sagt EPIA-Präsident Winfried Hoffmann. Gordon Johnson, Analyst bei Hapoalim Securities, fasst die Situation zusammen. „Die Modulpreise fallen schneller, als die Einspeisetarife sinken. In der Folge dürfte die Nachfrage steigen, da die Eigenkapitalrendite steigt.“ Doch dies sei nur die eine Seite der Medaille: Gleichzeitig drohe die Gefahr, dass es im Solarmarkt zu einer Deflation komme und die Konsumenten sich mit dem Kauf einer Anlage zurückhielten, da sie auf weiter sinkende Preise hofften.
Dass die Kunden mit dieser Erwartung richtig liegen könnten, macht Johnson im aufschlussreichsten Vortrag des ersten Tages deutlich. Er rechnet damit, dass die Modulpreise 2009 auf 1,85 bis 1,90 Euro pro Watt fallen werden. Das wäre ein Preisrückgang um 30 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2008. „Seit Jahresanfang beobachten wir auf dem Spotmarkt einen Modulpreisrückgang um durchschnittlich 13 Prozent. Mit 19 Prozent sind die Preise für chinesische Module in diesem Zeitraum besonders stark gefallen“, sagt Kai Malkwitz, Geschäftsführer der Online-Handelsplattform pvXchange.
Kreditverfügbarkeit entscheidet
„Wir glauben, dass die Kreditverfügbarkeit die Nachfrage bestimmt und nicht der Modulpreis“, sagt jedoch Johnson. Durch das begrenzt zur Verfügung stehende Kapital und die Verluste der Banken im Jahr 2008 sei die Finanzierung von langfristigen Krediten mit einer Laufzeit über zehn Jahren zurückgegangen – obwohl Photovoltaikprojekte eine Investition mit niedrigem Risiko seien, dank 20-jähriger Garantiezusagen der Modulhersteller und staatlich garantierter Subventionen. Des Weiteren hätten einige wichtige Geldgeber wie Lehman, RBS, GE Capital oder Metlife ihre Investitionen in die Solarbranche eingefroren, so der Analyst. Ein weiteres Problem in den USA sei, dass dort das Potenzial der steuerbegünstigten Kapitalinvestitionen in diesem Jahr begrenzt sei, da nach den Standards der US-amerikanischen Buchführung Banken keine Steuergutschriften vergeben können, solange sie Verluste machen. „Bis die US-Wirtschaft sich in einer Vielzahl von Bereichen, wie Konsumentenvertrauen und Verbrauchsgütern, erholt und der Immobilien- und Finanzsektor seinen Boden erreicht hat, wird das Anreizprogramm kaum signifikantes Wachstum für den Photovoltaikmarkt bringen“, sagt Paula Mints von Navigant Consulting.
Hinzu kommt, dass die Anforderungen der Vorabprüfung für Projektkredite in Bezug auf die Qualität der Systemkomponenten und die Erfahrung der Installateure gestiegen sind. „Die Kunden verlangen eine Kombination aus dem niedrigsten Preis und der besten Qualität. Aber die Gewährleistung von kleinen, unbekannten Produzenten könnte zum Problem werden“, sagt Antonio Navaro von Siliken. Das Problem ist, dass nicht alle Unternehmen, die eine Garantie über 20 Jahre auf ihre Photovoltaikprodukte anbieten, diese Zeitspanne überleben werden. „Hinter Ersol steht als Mutter die Robert Bosch GmbH. Dies garantiert, dass auch in 15 Jahren noch Ansprüche vom Kunden geltend gemacht werden können“, sagt Stefan Thiel, Vertriebschef von Ersol. Um Marktdruck und Ausleseprozess zu widerstehen, sieht Markus Wackerbeck, Senior Consultant beim Marktforscher EuPD Research, für die Unternehmen nur wenige erfolgversprechende Strategien: „Es gibt drei Wege, um die Marktbereinigung zu überstehen. Unternehmen müssen zum Vorreiter bei der Differenzierung werden, zum Vorreiter beim Preis oder eine Nische finden.“
Zur Investment-Konferenz waren weniger Teilnehmer gekommen, als von Veranstalter EPIA erwartet. Das lag möglicherweise auch an der Themensetzung. Denn am ersten Tag ging es um die Entwicklung von Angebot (steigend) und Nachfrage (sinkend) und den daraus resultierenden Preisverfall bei Modulen – schlichte Tatsachen, die den Branchenvertretern bereits bekannt und Ursache für die Absatzschwierigkeiten sind. Verglichen mit dem Vorjahr waren auch deutlich weniger Unternehmen auf der Veranstaltung vertreten, vielleicht aus Angst, sich unangenehmen Fragen der anwesenden Investoren und Banker stellen zu müssen. Doch in den Diskussionen, in denen die von der Kreditkrise betroffenen Banken auf die vom Absatzeinbruch gebeutelten PV-Unternehmen trafen, zeigten beide Seiten Verständnis für den jeweils anderen. Zwar ist die Finanzierung auch für die PV-Branche zum Problem geworden, doch von Verzweiflung ist nichts zu spüren.