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Kluge Module

Bereits die Morgensonne über dem kalifornischen Santa Clara lässt erahnen, dass es heiß werden wird. Hier demonstriert der Halbleiterspezialist National Semiconductor, wie ein kleines Elektronikbauteil fähig ist, „Leistung zurückzubekommen, die durch Verschattung und Schmutz verloren ging“. Das behauptet jedenfalls die Sprecherstimme aus dem Off des Werbefilmchens. Es zeigt in Fischaugenperspektive und Zeitraffer, wie die Sonne im Lauf eines Tages über eine Solaranlage hinwegdreht, die auf dem Dach der firmeneigenen Forschungslabore steht.

Ein unmögliches Wunder

Seit der Konzern vor einigen Monaten seinen Einstieg in den Solarmarkt bekannt gegeben hat, rätseln Experten sogar schon in Internetblogs, wie die Firma das eigentlich Unmögliche möglich machen und Leistung zurückholen will, die als verloren gilt. Trotzdem sollte man die Ankündigung ernst nehmen. Denn die Firma ist nicht irgendeine, sondern eine der größten im Bereich Power Management. Und wenn die Ankündigung richtig ist, kann sich die Solarbranche freuen, eine einfache Lösung für ein großes Ärgernis präsentiert zu bekommen.

Denn noch immer gilt es als das Nonplusultra, es bei der Anlagenplanung gar nicht erst zu Verschattungen kommen zu lassen. So bauen Installateure eifrig um Schornsteine, Bäume, Berge und andere Schattenspender herum. Dadurch geht Fläche verloren. Wo sich die partielle Verschattung nicht verhindern lässt, weil Wolken, Vogelmist, Laub oder andere Verschmutzungen nicht planbar sind, geht es ins Geld. Denn teilweise verschattete Anlagen verlieren unter Umständen prozentual deutlich mehr Leistung, als Flächenanteil verdeckt ist.

Das liegt daran, dass Solarmodule meist in einer sogenannten elektrischen Reihenschaltung zu einem Strang verdrahtet werden (siehe Grafik A). Der Strom durch diesen Strang wird von dem schwächsten Glied in der Kette bestimmt. Wird ein Modul teilweise verschattet, nimmt die Stromstärke insgesamt ab, so dass auch die anderen Module nicht mehr mit voller Leistung arbeiten. Wenn dazu noch mehrere Stränge parallel an einen Wechselrichter angeschlossen sind, der die Gleichspannung der Module zu der Wechselspannung des Stromnetzes wandelt, ist das Desaster perfekt (siehe Grafik B). Verschattungen führen zu deutlich größeren Verlusten, als wirklich prozentual Fläche verdeckt wird. Um die Brisanz zu verdeutlichen, führt Ralf Muenster, Leiter der Abteilung Erneuerbare Energien bei National Semiconductor, das unbestrittene Beispiel an, bei dem nur elf Prozent der Anlagenfläche kein direktes Sonnenlicht abbekamen, der Ertrag aber um mehr als 30 Prozent einbrach.

Bekannte Lösung

Ein bekannter Ausweg sind Wechselrichter, die nicht zentral für mehrere Module die Spannung wandeln, sondern direkt an den Modulen sitzen. Das Paket Modul plus Modulwechselrichter liefert gleich die richtige Netz-Wechselspannung. Statt wie sonst die Gleichstromquellen in Reihe zu schalten, werden diese Module parallel geschaltet. Wird eines verschattet, fällt es zwar unter Umständen als Energielieferant aus, beeinträchtigt aber zumindest nicht die Funktionsweise der anderen Module.

Allerdings sind die klein bemessenen Modulwechselrichter verglichen mit den großen Brüdern teuer. „Je höher die Leistung der Wechselrichter geht, desto geringer werden die Kosten pro Watt“, erklärt Norbert Henze vom Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET). Das liegt daran, dass die Geräte einen Teil der Leistung für die eigene Regelung benötigen und dass diese umso mehr ins Gewicht fällt, je kleiner die Geräte sind. Gleichzeitig führt es zu Verlusten, wenn Wechselrichter bei niedrigen Eingangsspannungen arbeiten müssen, was auf Modulebene der Fall ist. Der Wirkungsgrad liegt deshalb in der Regel nur zwischen 92 und 94 Prozent und deutlich unter den bis zu 98 Prozent für große trafolose Zentralwechselrichter.

Zweiter Nachteil der Modulwechselrichter ist, dass sie wartungsanfällig sind, weil viel Elektronik verteilt wird. „Es sind einige Konzepte gescheitert, weil die Zuverlässigkeit nicht hoch genug war“, sagt Henze. Es gibt zwar Lösungen – er selber arbeitet an einem Modulwechselrichter für Dünnschichtmodule, der bei relativ hohen Spannungen arbeitet und weniger anfällige Bauteile enthält –, doch er hält auch National Semiconductors Ansatz für interessant.

Clevere Idee

Der besondere Clou des Solarmagic ist, dass er anders als Modulwechselrichter nur einen Teil der Wechselrichteraufgaben übernimmt, nämlich den MPP-Tracker. Die Wandlung des Gleichstroms zu Wechselstrom obliegt einem zentralen Gerät. Ralf Muenster erklärt, dass sie deshalb „eine neue Kategorie kreiert“ hätten, Solarmagic sei „weder ein Wechselrichter noch ein Photovoltaikmodul, sondern ein Power Optimizer“. Es ist ein Bauelement, das lediglich einige integrierte Schaltkreise enthält und keine schadensanfälligen Elektrolytkondensatoren wie Wechselrichter, ebenso keine Transformatoren.

Jedes Modul in einer Anlage erhält einen Solarmagic (siehe Grafik C). Dieser enthält erstens den MPP-Tracker, der dafür sorgt, dass das Modul beim optimalen Arbeitspunkt betrieben wird, auch wenn es verschattet ist. Zweitens wandelt er den Gleichstrom zu einem Gleichstrom mit anderer Spannung. Dabei muss nur das Produkt von Eingangsspannung und Eingangsstrom gleich dem von Ausgangsspannung und Ausgangsstrom sein, denn das ist die aktuelle von der Sonneneinstrahlung bestimmte Solarleistung. Drittens enthält er einen Regler, der die Ausgangsspannung so einstellt, dass der Solarmagic möglichst viel Leistung an das Modulnetzwerk abgibt. Selbst wenn jeder Solarmagic in der Anlage ganz egoistisch den eigenen Beitrag maximiert, kommt laut Ralf Muenster am Schluss ein Ergebnis heraus, bei dem insgesamt der Verlust durch Abschattung ungefähr nur so groß ist, wie anteilig Modulfläche verschattet wird.

Im Demonstrationsfilmchen über die Testanlage auf dem firmeneigenen Dach sieht man parallel zur darüberziehenden Sonne eingeblendet eine Messkurve mit der gerade erwirtschafteten Leistung. Besonders deutlich ist der Effekt bei Mittagssonne zu sehen. Um 14.30 Uhr liefert die Referenzanlage nur knapp über 2.000 Watt, die mit Solarmagic ausgestattete Anlage über 3.000 Watt. Gemittelt über ganze Tage gehen in der Referenzanlage bei Verschattung 35 bis 40 Prozent der Leistung verloren, die die Module ganz ohne Verschattung hätten. Bei der mit dem Solarmagic ausgestatteten Anlage sind es nur rund 20 Prozent.

Noch kennen neutrale Experten das Gerät nicht. Doch Norbert Henze hält zumindest das Konzept für plausibel. Allerdings verschenke man mit dem Ansatz im Vergleich zum Einsatz von Modulwechselrichtern etwas Modularität. Beim Solarmagic-Konzept muss man immer noch darauf achten, dass man die Eingangsparameter des zentralen Wechselrichters einhält.

Noch keine Tests

Ob der Solarmagic hält, was er verspricht, werden aber erst unabhängige Tests zeigen können. „Ich erwarte, dass über die kommenden Monate Resultate herauskommen“, sagt Muenster. Für unabhängige Experten gibt es einige offene Fragen. Angefangen beim Wirkungsgrad, den Muenster noch nicht bekannt gibt, bis zur Qualität des MPP-Trackers. Denn auch dieser Suchalgorithmus unterscheidet sich von Hersteller zu Hersteller. Immerhin haben nach Aussagen von Muenster MPP-Tracker für jedes Modul den Vorteil, dass sie schneller auf Veränderungen reagieren können, ohne dass die Nachteile in Kauf genommen werden müssen, die in solchen Fällen bei Zentralwechselrichtern auftreten (siehe photovoltaik 08/2008). Dadurch könnten sie noch einmal mehr aus der Anlage herausholen.

Auch der Preis für das Gerät ist noch nicht veröffentlicht. Er soll so niedrig sein, dass er sich bereits bei zehn Prozent Verschattung rentiert. Was die Zuverlässigkeit angeht, ist sich National Semiconductor so sicher, dass die Firma 20 Jahre Garantie gibt. „Wir haben beschleunigte Lebensdauertests durchgeführt, um 20 Jahre zu simulieren“, sagt Muenster.

Längerfristig hat Muenster die Vision, dass Module serienmäßig mit Solarmagic ausgestattet werden. Denn selbst bei nicht verschatteten Anlagen hätte das den Vorteil, die in großen Anlagen immer vorhandenen Fehlanpassungen zu verhindern. Auch dafür hat Muenster schon einen Namen: Smart Pannels – Kluge Module.

Michael Fuhs

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