Module für 68 Cent pro Watt – das hat ein chinesischer Anbieter auf der EU PVSEC plakatiert. Ist das realistisch?
Die Preise sind in den letzten Wochen stark gefallen und 68 Cent sind bei Weitem nicht das niedrigste Angebot, das ich für kristalline Module gesehen habe.
Sie sind aber auch noch während der Messe stark gefallen.
Das sind sie auch, aber sie sind auch in verschiedenen E-Mail-Newslettern und im Internet gefallen.
Wie haben sie sich entwickelt?
Das aktuell niedrigste Angebot, das mich per E-Mail erreicht hat, sind 58 Eurocent, also 82 Dollarcent. Auf der Messe war die Entwicklung mehrdimensional. Es gibt Hersteller, die dort mitbekommen haben, dass sie mit ihren Preisen unbedingt kurzfristig reagieren müssen. Es gibt aber auch andere Hersteller, deren Auftragslage so ist, dass sie zwar im Zugzwang sind, aber nicht sofort reagieren müssen.
Haben Sie mitbekommen, wie dort gezockt wurde?
Ja. Das ist eine reine Auktionierungsrunde gewesen. Hat der Einkäufer bei dem einen Hersteller einen niedrigeren Preis bekommen, ist er mit diesem zum anderen gegangen und hat gesagt: Diesen Preis müsst ihr unterbieten, damit ihr verkaufen könnt.
Das hat funktioniert?
Das funktioniert eigentlich immer, zumindest in Zeiten der Überversorgung.
Module für 58 Cent pro Watt markieren das untere Ende. Welche Module kann man denn guten Gewissens kaufen?
Module, die man guten Gewissens kaufen kann, lagen am Anfang der Messe bei 80 bis 85 Eurocent und am Ende der Messe bei 75 bis 80 Eurocent.
Die sind vor allem von den großen chinesischen Herstellern?
Ja, natürlich.
Sind auch die deutschen Modulhersteller mit ihren Preisen nach unten gegangen?
Ich glaube, nicht auf der Veranstaltung selber. Aber sie werden auch noch runtergehen müssen, wenn sie ihren bestehenden Lagerbestand abbauen wollen.
Waren die Modulhersteller von dieser Entwicklung überrascht?
Sie waren nicht wirklich überrascht davon, dass etwas passiert. Ich glaube, von der Größenordnung sind aber alle überrascht. In den letzten acht Wochen sind die Preise um über 20 Prozent gefallen.
Deckt das noch die Produktionskosten?
Die vordringliche Aufgabe besteht für die Hersteller darin, Liquidität zu beschaffen und die Ware aus dem Lager rauszubekommen. Es geht im Moment nicht vorrangig darum, profitabel zu verkaufen, sondern darum, den Verlust zu minimieren.
Das müsste ja eigentlich zu guter Stimmung bei Projektierern und Investoren führen. Tut es das?
Es ist zu früh, um das wirklich einschätzen zu können. Die Projektierer haben zu wenige fertige Projekte, die sofort umgesetzt werden können. Der Preissturz führt zu höheren Margen für bereits durchprojektierte Projekte. Es gibt aber zu wenige Projekte in den Schubladen, die sich erst bei diesen niedrigeren Modulpreisen rechnen.
Deshalb führt dieser Preissturz jetzt auch nicht direkt dazu, dass der Markt endlich wieder richtig anspringt?
Ich befürchte sogar eher, dass er das Anspringen desMarktes noch etwas verhindert. Wir erwarten, dass sich diese Preisentwicklung noch mindestens zwei Wochen fortsetzen wird. Wenn das stimmt, besteht wenig Grund für den Endkunden, sofort zu kaufen.
Warum soll der Tiefpunkt gerade dann erreicht sein?
Ob das jetzt zwei, drei oder vier Wochen sind, kann ich nicht voraussehen. Ich glaube aber, dass es mindestens noch zwei Wochen mit Preissenkungen weitergeht. Jetzt kommen erst die Hersteller, die den größten Druck haben, insbesondere aus China. Spätestens in zehn Tagen werden dann auch die europäischen Hersteller nachziehen müssen.
Was begrenzt denn die Rutschpartie nach unten?
Das Rutschen des Preises ist dadurch begrenzt, dass die Hersteller nicht mehr können. Es hört auf, wenn die Lagerware abverkauft ist und die einzelnen Hersteller entscheiden, zu den Preisen nicht mehr zu produzieren.
Diese sinkenden Preise bekommen zunächst nur die, die
große Mengen abnehmen. Werden auch Installateure und Eigenheimbesitzer in Deutschland davon profitieren?
Ja, klar. Es wird wie immer einige Zeit dauern, bis die Preise beim Endkunden für kleinere Anlagen angekommen sind, aber es wird geschehen.
Wie sind die Preise momentan für Installateure, die Module für eine Anlage unter zehn Kilowatt Leistung kaufen?
Ich habe von einem deutschen Großhändler schon vor der Messe ein Angebot gesehen für einen Paketpreis von 1,25 Euro pro Watt. Der bietet dafür ein Paket Trina-Module, Solutronic-Wechselrichter, Gestell und Kabel an.
Das heißt, die Module müssen auch schon deutlich unter einem Euro liegen.
Sehr deutlich unter einem Euro. Das kann man für den Endkunden für 1,60 Euro installieren.
Ist das eine Ausnahme?
Das würde ich für den Moment noch als Ausnahme sehen, aber in diese Richtung gehen die Preise.
Geben denn die Installateure die gefallenen Preise an die Endkunden weiter?
Ja, das tun sie. Allerdings gibt es eine zeitliche Verzögerung. Der Großhandel muss erst die bestehende höherpreisige Lagerware verkaufen, bevor die niedrigeren Einkaufspreise weitergegeben werden können.
Spielt dabei Qualität überhaupt noch eine Rolle oder geht dieser Aspekt im Preisrausch unter?
Nein, dieser Aspekt geht nicht unter. Zu einem gewissen Maße führt gerade der Wunsch nach Qualität zu dem Preisverfall. Der Kunde fragt sich, welches Unternehmen wird es in zwei Jahren überhaupt noch geben. Und er fragt sich, welches Unternehmen von denen, die in zwei Jahren noch dabei sind, produziert Qualität. Das sind die Unternehmen, von denen er heute kaufen möchte. Besonders diejenigen Unternehmen, bei denen potenzielle Kunden diese Fragen nicht mit ja beantworten, müssen jetzt mit den Preisen runtergehen.
Die Unternehmen, bei denen man die Fragen mit ja beantwortet, müssen mit den Preisen nicht runtergehen?
Na ja, so ist das auch nicht richtig. Wenn alle um einen herum mit den Preisen heruntergehen, kann man zwar einen höheren Preis verlangen, aber einzelne Unternehmen können sich nicht von der allgemeinen Preisentwicklung abkoppeln.
Wie viel Preisaufschlag kann ein Premiummodul aus deutscher Fertigung haben, damit es noch gekauft wird?
Gegenüber einem chinesischen Tier-1-Modul darf der Preisausschlag für den Installateur zwischen 15 und 25 Cent liegen. Das heißt aber, der deutsche Installateur verlangt das Modul damit derzeit für einen Preis von einem Euro. Das ist eine Herausforderung für die allermeisten Hersteller in Europa.
Was bedeutet das für das nächste Jahr?
Die Modulpreise sind mittlerweile so stark gefallen, dass es sich bei der dann gekürzten Einspeisevergütung schon mit heutigen Preisen rechnen wird, Anlagen in Deutschland zu bauen.
Die Preise sinken aber nicht, weil die Produktionskosten entsprechend gesunken sind, sondern weil die Unternehmen Liquidität brauchen. Müssen die Preise wieder steigen?
Die Preise werden sich zwar nicht bei 58 Cent einpendeln. Aber es gibt eine große Überkapazität, und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass eine Preisbildung zwischen 70 und 80 Cent im nächsten Jahr durchzuhalten ist.
Was sagen die Modulhersteller dazu?
Die europäischen Hersteller sind beunruhigt und versuchen, ihre Nische zu finden. Und auch bei den asiatischen Herstellern gibt es bei den Produktionskosten große Unterschiede, so dass nicht alle mit so niedrigen Kosten produzieren können. Derjenige, der Volumenhersteller sein will, muss jetzt sehr darum kämpfen, die Kostenstruktur dieser Herausforderung anzupassen. Auch die chinesischen Tier-1-Hersteller müssen sich entsprechend anstrengen und tun das auch.
Werden wir in den nächsten Monaten Insolvenzen sehen?
Das ist ziemlich wahrscheinlich. Nicht alle Hersteller werden die aktuelle Preisentwicklung mitmachen können.
Es könnte sein, dass jetzt gleich wieder die Diskussion über Kürzungen bei der Einspeisevergütung losgeht.
Ich hoffe ganz dringend, dass nicht. Was die deutsche Solarbranche in große Bedrängnis gebracht hat, ist die unsichere politische Lage. Unternehmen, die eine relativ hohe Kostenstruktur haben, hatten Pläne für Innovationen, wie sie diese hohen Kosten in einem gewissen Zeitrahmen nach unten bringen. Diese Pläne haben sich aber nicht umsetzen lassen, weil die Preise aufgrund der geänderten Förderbedingungen viel schneller gefallen sind als gedacht. Durch zusätzliche Absenkungen entsteht ein Teufelskreis. Unternehmen, die jetzt um ihr Überleben kämpfen müssen, haben verhältnismäßig sehr wenig Geld für Innovation. Aber nur die Innovation ermöglicht es europäischen Massengüterherstellern, mit ausländischen Produkten zu konkurrieren.