Der Second-Hand-Markt floriert. Ob es um Autos geht, um Kinderkleidung oder Bücher, die Auswahl an Gebrauchtwaren ist allenthalben üppig – sei es auf speziellen Märkten oder auch im Internet. Aber wie sieht es mit Photovoltaikanlagen aus? Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt ist der Markt für Gebrauchtprodukte noch sehr überschaubar. Ob sich das künftig grundlegend ändern wird, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Frank Fiedler glaubt an die Zukunft eines Gebrauchtmarktes für die Photovoltaik. Im Juni 2011, rechtzeitig zur Intersolar, schaltete er sein WebportalSecondsol frei. „Der Zweitmarkt für Module und Wechselrichter steckt noch in den Kinderschuhen“, sagt zwar auch Fiedler, der im thüringischen Meiningen zu Hause ist. Aber er ist überzeugt davon, dass sich dieser in den nächsten Jahren „enorm entwickeln und eine ähnliche Position wie der Erstmarkt einnehmen“ wird. Nach seiner Schätzung sind in Deutschland im Jahr 2011 rund 80.000 bis 100.000 gebrauchte Module verfügbar.
Auch andere Plattformen zum Handel mit Gebrauchtmodulen gibt es natürlich schon, doch sie haben bislang nur wenige Angebote, wie zum Beispiel das Internet-Auktionshaus Ebay. Wer ein ganzbestimmtes Ersatzteil sucht, ist mitunter auch in den betreffenden Foren gut aufgehoben, etwa unter www.photovoltaikforum.com.
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar), dessen Mitgliedsunternehmen vom Verkauf der Neuware leben, sieht den Bedarf nach Gebrauchtware naturgemäß etwas anders als manche Händler: Der Markt für Gebrauchtmodule sei recht klein, heißt es dort. Und dass sich daran in Zukunft viel ändern werde, daran glaubt der BSW-Solar nicht – schließlich bringt eine Photovoltaikanlage erst dann richtig Rendite, wenn sie das letzte Drittel ihrer 20-jährigenVergütungszeit gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erreicht hat. Wer will seine Module da frühzeitig verkaufen? Zumal für den Käufer wenig Anreiz bestehe, Gebrauchtware zu kaufen – auch und vor allem, weil die neuen Module immer billiger werden.
Secondsol-Initiator Fiedler wiederum hält Skeptikern die Zahlen der Versicherungswirtschaft entgegen. Im Jahr 2008 – neuere Zahlen gibt es offenbar noch nicht – seien rund 4.200 Schäden an Solarstromanlagen von den deutschen Versicherern reguliert worden; überwiegend seien diese durch Sturm, Schneelast und Feuer verursacht worden (siehe photovoltaik 10/2010, Seite 80). 14 Millionen Euro hätten die Versicherer für die beschädigten Anlagen bezahlt.
Im Schadensfall oder bei Moduldiebstahl
Und genau das sei nun ein großer Markt für gebrauchte Technik, denn in diesen Fällen würden oft Ersatzmodule fällig. Da ältere Modultypen oft nicht mehr lieferbar und die Hersteller mitunter nicht einmal mehr am Markt seien, gebe es bei Schadensfällen oder auch bei Moduldiebstahl häufig Engpässe. Denn ein Anlagenbetreiber, dem ein Modul kaputtgeht, der möchte in der Regel – schon alleine der Abmessungen wegen – genau den gleichen Typ wieder beschaffen.
Gründe, um gebrauchtes Solarequipment zum Verkauf anzubieten, sind ebenfalls denkbar. Zum Beispiel wenn eine Anlage teilweise beschädigt ist und der Eigentümer den Rest verkaufen will oder wenn ein Käufer eines Hauses die darauf befindliche Solaranlage nicht weiter betreiben möchte. Andererseits sollte sich diese Frage bei einer Anlage an einem attraktiven Standort für Hauskäufer in der Praxis kaum stellen.Zwar habe sein Unternehmen bis jetzt erst „einige hundert Module“ vermittelt, sagt Fiedler, der sich als Marktführer in seinem Metier sieht. Aber man sei ja auch erst in der Startphase. Er macht deutlich, dass er mit seiner Idee noch einiges vorhat: Neben Modulen wolle sein Unternehmen vom Start weg „die gesamte Bandbreite der Produkte abbilden“. Aktuell seien das neben Modulen auch Wechselrichter, Kabel, Stecker, Modulrahmen, Messgeräte und Werkzeuge sowie Komponenten der Anlagenüberwachung. Für die nächste Ausbaustufe seien außerdem Montagegestelle geplant.
Mitunter seien Investoren auch an günstigen Modulen interessiert, um Projekte kostengünstig mit hohen Renditen realisieren zu können, sagt Fiedler. Auch hier könnten Module aus zweiter Hand attraktiv sein. Doch dieses Argument ist nur bedingt tauglich. Denn ein Gebrauchtmodul muss nicht zwingend billiger sein als ein neues. Daraus folgt auch, dass zum Beispiel für Gartenhütten oder sonstige netzferne Projekte Gebrauchtware nicht unbedingt attraktiv ist.
Und das liegt am EEG: Die Vergütung sei modulgebunden, erklärt ein BSW-Solar-Sprecher. Das heißt: Wer eine Anlage, die zum Beispiel 2004 ans Netz ging, abbaut und andernorts wieder aufbaut, bekommt weiterhin die EEG-Vergütung von 2004. Voraussetzung ist allerdings, dass die Module auf einer Flächeinstalliert werden, die den gleichen Vergütungsvoraussetzungen unterliegt wie die bisherige Anlage. Ein Modul, das vorher in einer Freiflächenanlage zum Einsatz kam, kann nicht unbedingt mit den alten Vergütungssätzen auf einem Wohngebäude installiert werden. Entsprechend teuer dürften solche Module dann gehandelt werden, weil man quasi eine erhöhte Vergütung mit erwirbt. Eine Unsicherheit bleibt jedoch: Die Clearingstelle EEG hat sich zu diesem Thema noch nicht festgelegt: „Wir beabsichtigen, hierzu voraussichtlich im Laufe dieses Jahres ein Empfehlungsverfahren einzuleiten“, teilt die Einrichtung, die vom Bundesumweltministerium geschaffen wurde, auf Anfrage mit.
Klärung für EEG 2004
Juristisch geklärt ist die Sache immerhin, wenn einzelne Module aufgrund von Beschädigungen ersetzt werden müssen – zumindest für Anlagen, die nach dem EEG des Jahres 2004 in Betrieb genommen wurden. In diesem Fall, so ist bei der Clearingstelle zu erfahren, werde die Vergütung wie bisher bezahlt, sofern die Kosten der Erneuerung nicht mindestens die Hälfte einer neuen Anlage erreichen. Aber das betrifft nur das EEG von 2004. „Zur Rechtslage unter dem EEG 2009 liegen hierzu noch keine Arbeitsergebnisse vor“, heißt es vonseiten der Clearingstelle. Es bleibt also derzeit in diesem Fall eine Rechtsunsicherheit.Die hohen Vergütungen für Altanlagen aus der Zeit des EEG von 2004 schlagen sich dann gemäß Marktlogik auch in den Preisen der gebrauchten Module nieder. „Module, die sechs bis sieben Jahre alt sind, können aktuell bis zu zwei Euro pro Watt kosten“, sagt Secondsol-Betreiber Fiedler. Jüngere Module sind hingegen oft billiger: „Bis zu zwei Jahre alte Module kosten zwischen 10 und 80 Cent pro Watt, je nach Zustand und etwaiger Garantie.“ Und er verweist darauf, dass eine Herstellergarantie in der Regel auch für den neuen Eigentümer des Moduls gelte.
Test für gebrauchte Module
Erheblich verändern dürfte sich der Markt für Gebrauchtmodule allerdings, wenn die Photovoltaik so günstig geworden ist, dass sie auch ohne EEG-Vergütungen auskommt. Wenn sich die Rendite der Anlage nur aus dem eingesparten Strombezug ergibt, wird sich für Module ein Marktpreis ausbilden, der nicht mehr von politischen Vorgaben geprägt ist. Wenn das Modul also nicht mehr mit einer bestimmten Vergütung behaftet ist, wird sich auch die Preiskurve derart normalisieren, dass ältere Module tendenziell billiger sein werden als neuere.
Gleichwohl bleibt für Käufer auch in Zukunft die Frage der Modulqualität zu klären. „Der Kaufinteressent kann über unser Serviceunternehmensverzeichnis ein Testcenter beauftragen“, sagt Fiedler. Doch am Ende müsse die Abwicklung der Tests immer in Abstimmung zwischen Käufer und Verkäufer stattfinden.
Die Kosten eines Gutachters dürften sich aber allenfalls bei großen Liefermengen lohnen. „Selbst wenn man nur eine Leistungsmessung und eine Elektrolumineszenz-Aufnahme macht, liegt man bei einem Modul schon bei fast 300 Euro“, sagt Jürgen Arp vom Prüflabor PVLab in Potsdam. Für eine brauchbare Aussage sollten aber mindestens drei bis fünf Module untersucht werden, so kommen schnell 1.000 bis 1.500 Euro zusammen. Eine fundierte Laboruntersuchung mache man daher vor allem bei großen Solarparks, für kleine Photovoltaikanlagen würde sie mehr kosten als die gesamte Anlage. So bleibt am Ende in vielen Fällen nur eine realistische Option, wenn man nur wenige Gebrauchtmodule: einfach bei Sonnenschein selbst mit einem Messgerät anzutreten. Über die verbleibende Lebensdauer sagt das freilich nichts aus.