Warum ist es wichtig, dass Wechselrichter zertifiziert werden?
Rund 40 Prozent aller Wechselrichter, die der VDE zur Erstprüfung erhält, erfüllen die jeweiligen Sicherheitsnormen nicht vollständig. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass man einen elektrischen Schlag abbekommt, weil das Gerät in einer feuchten Umgebung installiert ist. Wenn Staub und Feuchtigkeit eindringen, kann es zu Spannungsüberschlägen und damit sogar zu Bränden kommen. Deshalb ist die Qualität der Tests entscheidend. Da wir davon ausgehen, dass die Hersteller, die ihre Produkte bei uns zur Prüfung anmelden, sicher sind, dass sie die Prüfungen bestehen, vermuten wir, dass bei Produkten, die ohne eine Überprüfung durch Dritte direkt auf den Markt gebracht werden, der Anteil von nichtkonformen Produkten mindestens ebenso bei 40 Prozent liegt.
Haben die Hersteller einfach Angst, dass ihre Geräte durchfallen?
Das ist aber kein Grund, sie nicht testen zu lassen. Die Hersteller gehen nämlich auch ein großes Risiko ein, wenn ihre Produkte die Prüfungen nicht bestehen würden, selbst wenn sie nicht testen lassen. Nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz ist jeder Hersteller oder Inverkehrbringer verpflichtet, sein Produkt nach dem derzeitigen Stand der Technik herzustellen oder in Verkehr zu bringen. Die Erfüllung der Anforderungen an die Sicherheit und Gesundheit gegenüber Menschen, Tieren, Rechtsgütern und Sachen wird vermutet, wenn das Produkt die für es geltenden Normen erfüllt. Das nennt sich dann Stand der Technik.Diese Überprüfung der Konformität mit den einschlägigen Normen kann der Hersteller oder Inverkehrbringer auch in eigener Verantwortung tun. Dann muss er die Nachweise über alle Untersuchungen, Berechnungen und Prüfungen bereithalten, die er selbst durchgeführt hat. Oder er kann ein neutrales und unabhängiges Institut mit der Durchführung der Konformitätsprüfung beauftragen.
Müssen nur die Hersteller oder auch Händler und Installateure ein Interesse an einer Zertifizierung haben?
Die Zertifizierung eines Produktes, also auch von Wechselrichtern, ist für Händler und Installateure deshalb wichtig, da die Haftung für dieSicherheit und Gesundheit gegenüber Menschen, Tieren, Rechtsgütern und Sachen auf sie als weitere „Inverkehrbringer“ gegenüber dem Endanwender übergeht. Im Klartext: Der Händler oder Installateur haftet gegenüber dem Geschädigten auch für Fehler, die er eigentlich nicht zu verantworten hat. Ob er sie im rechtlichen Sinne zu verantworten hat, entscheidet im Ernstfall ein Gericht oder die eigene Haftpflichtversicherung.
Warum unterscheiden sich bisher die Ergebnisse bei verschiedenen Prüfinstituten, und wie kann man wissen, welches Zertifikat gut ist?
Bisher gab es keine Produktnorm für Wechselrichter. Da aber akkreditierten Instituten mit ihrer Akkreditierung „die Kompetenz bescheinigt wurde“, dass sie bei fehlenden Produktnormen eigene Standards festlegen dürfen oder sich an andere Normen anlehnen können, haben dies einige Institute auch getan. Sie sind aber zu unterschiedlichen Einschätzungen gekommen. So gab es zum Beispiel Institute, die Wechselrichter aufgrund einer vorhandenen IT-Schnittstelle in die IT-Norm IEC 60950 eingestuft haben. Welche Anforderungen dort gestellt werden, lässt sich am besten an dem Beispiel zeigen, dass sich die Umgebungs- und Anschlussbedingungen, bei denen ein Gerät sicher betrieben werden können muss, daran orientieren, wo ein solches Gerät zum Einsatz kommt. Die IT-Norm entspricht dem Anwendungsfall, dass man einen Wechselrichter neben dem PC auf einen Schreibtisch stellt und ihn, wenn die Sonne nicht scheint, einfach vom Netz trennt, wie man es mit dem PC macht, wenn man ihn nicht mehr braucht. Das ist nach unserer Ansicht kein ausreichender Sicherheitstest, da die falsche Bezugsnorm gewählt worden ist. Geräte, die solchen Tests standhalten, halten noch lange nicht die höheren Anforderungen anderer Bezugsnormen aus.Wir haben uns deshalb bisher an der Norm EN 50178 „Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln“ orientiert. Hier waren die wichtigsten Aspekte die Anforderungen an den Berührungsschutz, also dass die Abstände so groß sind, dass Kriech- und Luftstrecken keine Gefahr darstellen, und die Einordnung in die entsprechende Überspannungs-Kategorie. Inzwischen hat sich auch das Gremium, das im Streitfall darüber entscheidet, welche Norm zutrifft, das sogenannte EK1 der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik, in diesem Sinn geäußert. In den Gremien der nationalen und internationalen Normung konnten wir erreichen, dass die entsprechenden Anforderungen aus dieser Norm in die neue Norm für Wechselrichter eingeflossen sind.
Jetzt steht die internationale Norm kurz vor der Veröffentlichung. Wer steckt dahinter?
Um sich auf eine einheitliche Beurteilungsgrundlage zu einigen, wird der Bedarf für eine Produktnorm immer den nationalen und internationalen Normengremien gemeldet. In diesen Gremien sitzen dann immer die „an einer einheitlichen Festlegung interessierten Kreise“ zusammen und erarbeiten diese Normen. In der Regel sind diese Gremien zu 80 Prozent mit Herstellervertretern besetzt. Weitere „interessierte Kreise“ sind in der Regel Prüfinstitute, Berufsverbände, Forschungsinstitute und Verbraucherschutzorganisationen.
Wo gibt es die größten Änderungen?
Die größten Änderungen sind, dass nicht nur die elektrische Sicherheit geprüft wird, sondern zum Beispiel auch, wie sicher der Wechselrichter unter realistischen Umweltbedingungen, bei Bränden oder bei Kontakt mit Flüssigkeiten ist. Auch die sogenannten physikalischen Anforderungen sind nun wichtig. So muss der Dübel das Vierfache des Gewichts des Wechselrichters tragen.
Wann ist mit der neuen Norm zu rechnen?
Die neue Norm ist noch im Entwurfsstadium und wird vermutlich im Sommer von der International Electronical Commission (IEC) angenommen. Dazu muss das Gremium eine Empfehlung aussprechen und die IEC zustimmen. Vermutlich wird es nur noch redaktionelleÄnderungen geben. Die Norm kann unserer Auffassung nach schon jetzt angewendet werden, was wir auch tun, da sie den jetzigen Stand der Technik erfüllt.
Was bedeutet internationale Norm? Sind die Bedingungen in den Ländern nicht zu unterschiedlich?
Durch die Erarbeitung als IEC-Norm sind auch alle an der Norm interessierten Länder einbezogen und bringen ihre nationalen Interessen mit in die Norm ein. So ist zum Beispiel das Interesse der nordamerikanischen Staaten sehr gut an den gestellten Anforderungen an den Schutz gegen Brandgefahren, an den Schutz gegen Gefahren durch Schalldruck und an den Schutz gegen Gefahren durch Flüssigkeiten zu erkennen. Darauf legen sie traditionell immer großen Wert. Durch die Einführung dieser internationalen Norm sind dabei auch die Anforderungen an die Erdung einheitlich geregelt. Aber für den nordamerikanischen Markt ist vorgesehen, dass dieser Teil der neuen Regelung nicht gilt. Dort kann zum Beispiel der FI-Schutzschalter entfallen, der nicht in das dortige Konzept passt. In manchen Ländern wie in den USA werden Transformatoren zwischen den DC-Kreisen und AC-Kreisen vorgeschrieben, um eine galvanische Trennung und damit eine Trennung zwischen dem Netz und dem Generator zu gewährleisten.
Werden jetzt alle Wechselrichter neu getestet?
Nein, in der Regel haben alle bestehenden Zertifizierungen Bestandschutz, es sei denn, in den zur Beurteilung herangezogenen Normen bestehen hohe Sicherheitsrisiken gegenüber der neuen Norm. Wenn allerdings Änderungen oder Modifikationen an zertifizierten Produkten vorgenommen werden, dann ist der neue Stand der Technik, also die neue Norm, zu berücksichtigen.
Wie erkennt man, wenn ein Wechselrichter ein Zertifikat hat, ob er schon nach der neuen Norm getestet wurde?
Installateure sollten sich entweder die Zertifikate oder aber die Konformitätserklärungen zeigen lassen. In beiden müssen die Normen, nach denen bewertet worden ist, benannt sein. Die meisten Prüfinstitute bieten auf ihrer Homepage eine Seite an, auf der jeder nachsehen kann, welche Produkte geprüft und wie sie zertifiziert worden sind. Man sollte übrigens auch nicht vergessen, dass es noch andere Punkte gibt, die bei Wechselrichtern zertifiziert werden sollten. Das ist zum Beispiel die Messung des Wirkungsgrades nach DIN EN 50530 „Gesamtwirkungsgrad von PV-Wechselrichtern“, Geräuschmessungen und die Abschätzung der Lebensdauer.