Aktuell speisen Wechselrichter meist in das Niederspannungsnetz ein. Über große 50-Hz-Transformatoren werden sie dann an das Mittelspannungsnetz gekoppelt. Der Einsatz neuartiger Transistoren aus Siliziumkarbid (SiC) mit sehr hohen Sperrspannungen ermöglicht auch eine direkte Anbindung der Wechselrichter an die Mittelspannung.
Durch die hohe Regeldynamik von SiC-Wechselrichtern können sie netzstabilisierende Aufgaben übernehmen und beispielsweise als Netzfilter fungieren, um Oberwellen im Mittelspannungsnetz zu kompensieren.
Deutlich höhere Leistungsdichte
Des Weiteren können SiC-Wechselrichter viel höhere Leistungsdichten als herkömmliche Wechselrichter erzielen. Dies führt zu einem kompakten Aufbau, was vor allem dann ein Vorteil ist, wenn Anlagen im innerstädtischen Bereich gebaut oder bestehende Altanlagen nachgerüstet werden sollen. Neben den reinen Systemkosten spielen gerade in Stadtgebieten auch die Bau- und Infrastrukturkosten eine sehr große Rolle.
Im Rahmen des Projekts „SiC-MSBat - Mittelspannungsumrichter mit Hochvolt-SiC-Leistungsmodulen für Großspeicher und systemdienliche Verteilnetze“ wurde der Stack für einen 250-Kilowatt-Wechselrichter zur Einspeisung mit drei Kilovolt ins AC-Netz entwickelt.
Zum Einsatz kommen neuartige 3,3-Kilovolt-SiC-Transistoren. Diese weisen wesentlich geringere Verlustleistungen als vergleichbare Transistoren aus Silizium auf.
Zehn Mal schnellere Taktung möglich
Dadurch ist es möglich, den Wechselrichter-Stack mit einer Schaltfrequenz von 16 Kilohertz zu takten. Mit Siliziumtransistoren nach dem aktuellen Stand der Technik sind in dieser Spannungsklasse nur etwa zehn Mal kleinere Schaltfrequenzen möglich. Die hohe Schaltfrequenz ermöglicht Einsparungen bei den passiven Bauelementen, da diese kleiner dimensioniert werden können.
Eine weitere Besonderheit des Wechselrichters ist seine aktive Flüssigkeitskühlung mit einem synthetischen Esther als Kühlmedium. Dieses Medium wird durch den Wechselrichter gepumpt und kühlt sowohl die Transistoren über einen Flüssigkeitskühlkörper als auch die Filterdrosseln, die in einem geschlossenen Tank untergebracht sind. Gleichzeitig dient das Kühlmedium für die Filterdrosseln als elektrisches Isolationsmedium, wodurch die Filterdrosseln noch kompakter gebaut werden können.
Erfolgreich auf dem Prüfstand
Der Wechselrichter wurde in den Labors des Fraunhofer ISE aufgebaut und getestet, wobei er bei Nennleistung einen sehr hohen Wirkungsgrad von 98,4 Prozent erzielte. Die Konstruktion des Geräts erlaubt das modulare Zusammenschalten von mehreren Umrichterstacks, um Systemleistungen von mehreren Megawatt zu erreichen.
Unter Berücksichtigung von zusätzlichem Bauraum für Schaltgeräte und Kühlaggregat wird eine Volumeneinsparung des Wechselrichtersystems von bis zu 40 Prozent gegenüber kommerziellen Wechselrichtersystemen dieser Spannungsklasse erreicht.
Zukünftige Leistungselektronik in der Mittelspannung Projektpartner waren Semikron Elektronik und STS Spezial-Transformatoren Stockach. Semikron übernahm die Entwicklung der 3,3-Kilovolt-SiC-Module, STS war für die induktiven Bauelemente hauptverantwortlich.
Viele Anwendungen denkbar
Die Forscher sehen viele Anwendungen für hochsperrende SiC-Bauelemente in der Mittelspannung. „Gerade bei großen Photovoltaikkraftwerken geht der Trend zu immer höheren Spannungen“, sagt Andreas Hensel, Teamleiter Leistungselektronik für die Mittelspannung am Fraunhofer ISE. »Mit der seit wenigen Jahren verfügbaren 1.500-Volt-Technologie wird die Niederspannungsrichtlinie bereits voll ausgereizt. Der nächste Schritt wird der Übergang zur Einspeisung auf Mittelspannungsebene sein.“
Weitere Anwendungen der Lesitungselektronik in der Mittelspannung sind neben regenerativen Kraftwerken und großen Batteriespeichern auch Antriebssysteme und die Bahntechnik.
Für den Test derartiger Systeme steht dem Fraunhofer ISE das Multi-Megawatt-Labor zur Verfügung, das Mitte 2019 eingeweiht wurde. Es ermöglicht den Betrieb von Mittelspannungssystemen mit einer Leistung bis 20 MVA. (HS)
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