40 Jahre SMA – wenn das kein Grund zum Feiern ist! Wann planen Sie die große Party?
Jürgen Reinert: Eigentlich machen wir jedes Jahr ein großes Sommerfest mit mehreren Hundert SMA-Mitarbeitern. Coronabedingt wird es auch in diesem Jahr ausfallen, leider! Das Jubiläum wollen wir dennoch würdig begehen: in kleinerer Form, mit etwa 100 Gästen aus der Politik, mit wichtigen Wegbegleitern und Kunden.
Seit wann arbeiten Sie bei SMA?
Ich kam vor zehn Jahren zu SMA. Zuvor war ich zwölf Jahre in Schweden tätig, bei einem Anbieter von Umrichtern für die Antriebstechnik. Wir hatten damals sehr freundschaftliche Kontakte zu SMA. Ich war dort in ähnlicher Position wie heute tätig. Rund 80 bis 90 Prozent der Komponenten und der Software waren die gleichen wie in Solarwechselrichtern. Beide Fachgebiete sind sich sehr ähnlich.
Wie fällt Ihr persönlicher Rückblick auf vier Jahrzehnte SMA aus, auf eine Zeit, die Sie seit 2011 mitgestalten?
Die Historie des Unternehmens hat mich immer schon interessiert, denn anfangs war es echte Pionierarbeit. Die Gründer von SMA wurden in den 1980er-Jahren als grüne Spinner verlacht. Vielen galt die Photovoltaik damals als so sinnvoll wie Ananaszüchten in Alaska. Heute stehen wir ganz anders da: als Branche und als Unternehmen.
Die Entwicklung von SMA hat sich im Laufe der Jahre beschleunigt – wie die der Solarbranche generell. Wie schätzen Sie die Anfangsjahre ein?
Die erste Phase umreißt die ersten 20 Jahre von 1981 bis etwa zur Jahrtausendwende. Damals entwickelte sich das Unternehmen relativ langsam. Es hatte vier Standbeine: Photovoltaik, damals noch die Windkraft, Industriecomputer und die Bahntechnik. Die Sparte Industriecomputer wurde später zugunsten der Photovoltaik eingestellt, um die Ressourcen zu bündeln.
Ab dem Jahr 2000 wirkte sich die staatliche Förderung zunehmend aus, vor allem durch das EEG …
Ab 2000 machte SMA wichtige technologische Sprünge, vor allem im Solargeschäft. Ich habe seinerzeit die Entwicklung von Schweden aus sehr aufmerksam verfolgt. Von 2000 bis 2010 ist der Umsatz der SMA von unter 100 Millionen Euro auf zwei Milliarden Euro gewachsen.
Diese Entwicklung verlief nicht geradlinig. Auch SMA musste alle Höhen und Tiefen der Solarindustrie bewältigen …
Das stimmt. Ab 2011 wurde es schwerer. Der deutsche Markt stürzte von 7,5 Gigawatt auf 1,5 Gigawatt ab, mit dem niedrigsten Stand um 2015 herum. Die Preise für Wechselrichter fielen pro Jahr um 10 bis 20 Prozent, als chinesische Hersteller in den Markt eintraten. Deshalb hatten wir 2014/2015 und 2018/2019 zwei harte Phasen des Personalabbaus und der Umstrukturierung zu bewältigen. Zum Glück sind uns diese schwierigen Prozesse gut und schnell gelungen.
Wie viele Mitarbeiter hat SMA heute?
Derzeit sind es etwas über 3.000 Mitarbeiter, die im Jahr rund 15 Gigawatt Wechselrichterleistung umsetzen. 2011 haben wir mit rund 6.000 Mitarbeitern nur die Hälfte in den Markt gebracht, ungefähr 7,5 Gigawatt. Daran kann man erkennen, wie notwendig und richtig die Umstrukturierungen waren. Wir mussten unser Personal reduzieren. Zugleich kamen in den Märkten neue Themen auf: Einbindung von Stromspeichern, PV-Diesel-Systeme, Ladetechnik für die E-Mobilität oder – ganz neu – Power2Gas.
Wie haben Sie es geschafft, die harten Einschnitte zu bewältigen und dennoch mit den Anforderungen der Solarmärkte Schritt zu halten?
Unsere Mitarbeiter haben die Notwendigkeiten eingesehen, denn wir haben das klar und offen kommuniziert. Jetzt, in Zeiten neuen Wachstums, kommen frühere Mitarbeiter teilweise zu uns zurück. Wir haben insgesamt eine sehr niedrige Fluktuation. Die Solarbranche hat außerdem wieder einen guten Ruf, SMA als Arbeitgeber ebenso. Das ist hilfreich, um neue und gute Leute zu finden.
SMA war Technologieführer der Solarbranche und ist es bis heute geblieben. Worin liegt Ihr Erfolgsgeheimnis?
Wir verbinden Qualität, hohe Lebensdauer unserer Produkte und Innovationen. Wir haben Forschung und Produktentwicklung getrennt. Das sind zwei getrennte Mannschaften, die unabhängig voneinander an mich berichten. Selbst in den schwierigsten Zeiten haben wir die Forschung nicht der Produktentwicklung geopfert. Deshalb konnten wir uns mit wegweisenden Innovationen gut behaupten und werden es weiterhin tun.
Wie teilen sich Forschung und Entwicklung bei SMA auf?
In der Forschung arbeiten 50 bis 70 Mitarbeiter. In der Entwicklung neuer Produkte und Lösungen sind es ungefähr 500. Bis 2015 waren es deutlich mehr. Trotz des Personalabbaus haben wir es aber geschafft, den Output sehr hoch zu halten.
Welche Innovationen von SMA sehen Sie als bahnbrechend für die Solarbranche an?
1995 hat SMA die Stringtechnik entwickelt und damit den Sunny Boy 700 ausgestattet. Damit konnten die Installateure die Module viel besser und schneller verkabeln, zahlreiche Fehlerquellen in den Anlagen wurden eliminiert und die Inbetriebnahme wurde erleichtert. Durch die Stringtechnologie wurde die weite Verbreitung der Photovoltaik überhaupt erst möglich.
Welche weiteren Meilensteine bietet die Geschichte von SMA?
Im Jahr 2002 haben wir die Multistring-Technologie eingeführt, mehrere Strings, die über einen Wechselrichter gesteuert wurden. 2005 kamen skalierbare Inselsysteme für netzferne Regionen. Daraus haben sich bis 2013 unsere Lösungen für PV-Diesel-Hybridsysteme entwickelt, mit denen wir sehr erfolgreich waren und sind. 2006 hat SMA die Zentralwechselrichter für Großanlagen eingeführt. Damals leisteten sie 250 Kilowatt. Heute sind wir bei fast fünf Megawatt. Das ist eine Verzwanzigfachung, eine sehr schnelle Entwicklung in diesem Segment.
Es waren nicht nur die Anlagengrößen, die nach oben zeigten. Auch die Systeme wurden immer vernetzter und intelligenter. Wie haben Sie diesen Trend begleitet?
2010 haben wir unseren Sunny Home Manager für ein intelligentes Energiemanagement in private Haushalten vorgestellt, 2018 dann die IoT-Plattform Ennex OS. Damit haben wir die Sektorenkopplung über alle Anlagengrößen deutlich nach vorn gebracht. Auch der 2020 komplett überarbeitete SMA Power Plant Manager für Photovoltaik- und Hybridkraftwerke basiert auf der Ennex-OS-Plattform. Wir denken heute immer im System. Das war übrigens schon zur Gründung von SMA die
Vision: die vernetzte und dezentral versorgte Energiewelt.
Sie erwähnten den Markteintritt ausländischer Anbieter, vor allem aus Asien. War das ein Problem oder eine Herausforderung?
Wettbewerb belebt das Geschäft und treibt die Entwicklung voran. Der Wettbewerb wirkt sowohl bei den Kosten als auch bei den Innovationen. Allerdings kann der Kostendruck auch dazu verleiten, an der Qualität und der Langlebigkeit zu sparen. Dieser Versuchung sind wir nicht erlegen. Wir setzen verstärkt auf vernetzte Systemlösungen. Auch in unserer Strategie 2025 stehen Innovationskraft, Kundennutzen und starke Partnerschaften ganz oben auf der Agenda.
Welche Innovationen dürfen wir in der zweiten Hälfte 2021 erwarten, beispielsweise zur Smarter E Europe im Oktober in München?
Wir bringen den Sunny Tripower Smart Energy als neuen Hybridwechselrichter. Er kommt im Herbst auf den Markt und ist vor allem für Heimanlagen gedacht. Unser Auslegungstool Sunny Design wird weiterentwickelt, beispielsweise in der Verschattungsanalyse. Das Tool kann jetzt bis zu sechs Teilprojekte innerhalb eines Solarprojekts verwalten. Es ist einfacher nutzbar und wir haben die Usability deutlich verbessert. Auch unsere Apps haben wir überarbeitet: die SMA Energy App für die Endkunden und unsere 360-Grad-App für die Fachhandwerker. Stromspeicher und Ladetechnik für E-Autos werden besser integriert, um den Eigenverbrauch und die solare Ladung zu optimieren. Abgerundet werden die Innovationen durch unseren Grünstromtarif SMA Join.
Wie geht es bei den Solarparks weiter? Dieses Segment gewinnt weltweit an Bedeutung ...
Wir haben die Netzfunktionalität des Sunny Central UP verbessert. In Australien konnten wir mit unseren Partnern und Kunden zeigen, wie diese Systeme die Stromnetze stabilisieren. Zurzeit liefern wir auch die ersten Power2Gas-Projekte aus. Dieses Geschäft wird immer breiter. Technisch gesehen konzentrieren wir uns dabei auf die Gleichrichtung für einen optimierten Elektrolyseprozess. Die Hardware ist ganz ähnlich wie in einem Solarwechselrichter. Die unterschiedlichen Anwendungen lassen sich mit einer Plattform abbilden, um die vielfältigen Wünsche und Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen.
Welche technischen Trends sehen Sie für die Zukunft der solaren Leistungselektronik?
Bei SMA sprechen wir von den drei Ds: Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung. Die intelligente Vernetzung der Systeme und Sektoren – aus einer Plattform heraus – erlaubt es uns, private Häuser ebenso auszustatten wie Supermärkte, Wohnquartiere oder solare Kraftwerke. Wir werden All-in-one-Lösungen bieten, einphasig oder dreiphasig, inklusive Speicherung, Energiemanagement und Ladepunkten für E-Autos – alles auf einer Plattform. Unsere gewerblichen Lösungen integrieren auch die Direktvermarktung des Sonnenstroms. Für die Utilities spielen Speicher- und Netzintegration sowie O&M eine wichtige Rolle.
Sie erwähnten mehrfach die E-Mobilität. Welche Anforderungen kommen durch die Ladetechnik und die Elektroautos auf die Leistungselektronik zu?
Auch hier zeigt sich die wachsende Vielfalt: Ladeinfrastruktur mit AC- oder DC-Ladepunkten integrieren wir ebenso wie die Firmenflotten der Gewerbekunden oder die Kappung möglicher Lastspitzen am Netzanschlusspunkt. Es geht um eine möglichst sinnvolle und intelligente Ladung der Fahrzeuge mit Sonnenstrom und um die Integration der Prozesse zur Planung und Abrechnung der Ladevorgänge in Betrieben.
Das jüngste Thema unserer Branche ist Wasserstoff. Sie erwähnten die Elektrolyse. Welche Strategie verfolgt SMA in diesem Bereich?
Grüner Wasserstoff wird eines der wichtigsten Themen der nahen Zukunft. Wir wollen den Sonnenstrom aus großen Solaranlagen ohne Umweg über die AC-Mittelspannung direkt in der Elektrolyse nutzen. Wasserstoff fungiert als Langzeitspeicher, wie die Lithium-Ionen-Batterien als Kurzzeitspeicher. Die Expansion in neue Geschäftsfelder ist ebenso eingebettet in unsere Strategie 2025, die wir gerade verabschiedet haben, wie ein starker Fokus auf Nachhaltigkeit. Dabei geht es unter anderem um echte Kreislaufwirtschaft, um wiederverwertbare Komponenten, es geht aber auch generell um die Nachhaltigkeit unserer Prozesse, bis hin zur Art und Weise, wie wir die Dienstreisen unserer Mitarbeiter organisieren. Nachhaltiges Denken und Handeln war bereits in der DNA von SMA vor 40 Jahren angelegt. Auch daran erkennt man den Weitblick der Gründer.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
40 Jahre SMA
Spannendes Webportal zur Historie und zur Vision
Was 1981 mit der Idee begann, die Welt dezentral mit erneuerbaren Energien zu versorgen, entwickelte sich zu einem Wegbereiter für den Zugang zu sauberer Energie. Angetrieben von Pioniergeist, Leidenschaft und Innovation gestaltet SMA seit 40 Jahren die globale Energiewende nachhaltig mit.
Nun ist Zeit zurückzuschauen. Und nach vorn. Auf die Vergangenheit, die Gegenwart, eine visionäre Zukunft. Gemeinsam zu feiern und gespannt zu sein auf das, was noch kommt. Auf dem eigens für die Feier eingerichteten Webportal finden sich zahlreiche interessante Details zur Entwicklung des Unternehmens, das Meilensteine für die Solarbranche setzte.
Es begann 1981 mit einer mutigen Vision: Drei junge Elektroingenieure beschlossen, zusammen mit ihrem ehemaligen Universitätsprofessor, Werner Kleinkauf, in Kassel ein Ingenieurbüro zu gründen. Günther Cramer, Peter Drews und Reiner Wettlaufer wollten computerbasierte Regelsysteme für Windkraft- und Photovoltaikanlagen entwickeln.
Sie waren überzeugt, dass eine sichere und verlässliche Energieversorgung auch in kleinen, dezentralen Einheiten funktioniert. Und zwar – und darin lag das Revolutionäre ihrer Idee – auf der Basis von Windkraft, Wasserkraft und Sonnenstrom. Mit dieser Sicht gehörten diese Pioniere des solaren Zeitalters in den 1980er-Jahren zur exotischen Minderheit der Wegbereiter für saubere und regenerative Energien.