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Mit der EEG-Umlage auf Stimmenfang in NRW

Mit seiner Forderung, die EEG-Umlage sofort abzuschaffen, geht Hendrik Wüst auf billigen Stimmenfang. Er hat Armin Laschet im Ministerpräsidentenamt beerbt und muss nun bei den im Mai anstehenden Landtagswahlen für die CDU in Nordrhein-Westfalen kämpfen. Er wolle die Mitte zurückgewinnen, so sein Credo. Da sind die derzeit hohen Strompreise und die Kapriolen am Energiemarkt eine perfekte Kulisse. Die Stimmen der für kleines Geld hart arbeitenden Menschen mit dieser Forderung einzusammeln, ist jedoch unredlich.

Längst beschlossene Sache

Die Abschaffung der EEG-Umlage ist längst beschlossene Sache – für 2023. Das haben die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag angekündigt. Ab 2023 werden die Vergütungen an Anlagenbetreiber Erneuerbarer Energien aus dem Bundeshaushalt respektive aus dem Energie- und Klimafonds gezahlt. Das geschieht auch deshalb, weil die CO2-Preise als Steuerungsinstrument bedeutsamer werden.

Selbst wenn die Regierung eine frühere Abschaffung beschließt, bleibt ein Beigeschmack. Denn mit seiner Forderung erweckt Wüst den Eindruck, die Umlage sei der Grund für hohe Strompreise. Doch das ist mitnichten der Fall. Vielmehr sind es die fossilen Energieträger Gas und Kohle, die die Preise in Rekordhöhen treiben.

Fossile Energien treiben die Preise, nicht die EEG-Umlage

Und dass die Dreckschleudern immer noch so wichtig für unsere Versorgung sind, haben wir der CDU zu verdanken. Deren Politik verschaffte den fossilen Konzernen eine Gnadenfrist, wobei das Gnadenbrot üppig ausfiel und gut Geld verdient wurde.

Die Konzernbosse bei RWE und anderswo haben die Zeichen der Zeit längst verstanden und investieren Milliarden in große Erneuerbare Kraftwerke weltweit. Politisch setzen sie aber auf ein bewährtes Modell: Ihre Vertreter lobbyieren bei der Politik für längere Laufzeiten abgeschriebener Kraftwerke, hohe Stilllegungsprämien, Übergangsgelder, Renaturierungshilfen.

Eine Affäre aus dem Jahr 2010

Bei der CDU standen dafür schon immer die Türen offen. Nicht zuletzt schlitterte ebenjener Hendrik Wüst in solch eine Affäre: 2010 musste er als Generalsekretär der CDU in NRW zurücktreten. Er hatte Unternehmen gegen Geld vertrauliche Gespräche bei Ministerpräsident Rüttgers angeboten. Er blieb in der Politik, wurde etwas ruhiger, und war zuletzt Verkehrsminister in NRW unter Armin Laschet.

Im Kostüm des Verbraucherschützers

Die derzeit hohen Strompreise an den Großhandelsmärkten schlagen auf die Verbraucher durch. Im ersten Schritt, weil einige Billiganbieter ihren Kunden kurzerhand gekündigt haben und die Grundversorger für die große Masse an Neukunden höhere – zum Teil aberwitzige – Tarife aufrufen. Im zweiten Schritt, weil auch seriöse Händler die gestiegenen Preise an ihre Kunden weitergeben müssen. Und weil nicht nur die Strompreise, sondern auch die Preise für Gas und Heizöl enorm gestiegen sind, schauen Verbraucher besorgt in die Zukunft.

Klar, dass vor allem Haushalte mit niedrigen Einkommen besonders hart getroffen werden, Energiearmut droht. Europa gab den Mitgliedsstaaten grünes Licht für individuelle Abfederungsmechanismen. Hier springt Hendrik Wüst im Verbraucherschützerkostüm in die Bresche. Er sieht eine soziale Schieflage und präsentiert eine scheinbar einfache Lösung: die sofortige Abschaffung der EEG-Umlage.

Zehn Milliarden Euro: Das EEG-Konto ist prall gefüllt

Das EEG-Konto war zum Jahresende prall gefüllt. Dort landet die EEG-Umlage, die Verbraucher zahlen, und wird von dort über die Netzbetreiber an Solar- und Windkraftbetreiber ausgezahlt. Rund zehn Milliarden Euro hatten sich angesammelt – als Folge der vom Bund bereits in 2020 zugesagten Zuschüsse und der hohen Börsenstrompreise in der zweiten Jahreshälfte.

Dazu sei kurz an den Mechanismus erinnert: Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen erhalten einen festen Vergütungssatz für den erzeugten Strom, der ins Stromnetz eingespeist wird. Dieser variiert je nach Baujahr, Anlagentyp und jeweils geltenden EEG-Vorschriften.

Ein Teil dieser Vergütung wird über die Strombörse realisiert. Die Differenz zur garantierten Vergütung wird aus dem EEG-Konto gezahlt. Weil die Börsenstrompreise in den letzten Jahren konstant niedrig waren, wurde aus dem EEG-Konto draufgelegt – und dafür die EEG-Umlage erhöht.

Mechanismus wirkt umgekehrt

Nun wirkt der Mechanismus umgekehrt: Die Anlagenbetreiber realisieren hohe Preise aufgrund der hohen Börsenstrompreise. Vom EEG-Konto muss keine Differenz gezahlt werden. Das Geld sammelt sich an – weil die von den Verbrauchern zu zahlende EEG-Umlage jeweils für ein ganzes Jahr festgelegt ist und die Energieversorger die Umlage einfordern müssen.

Hier sind Marktregeln gesetzt, die nicht der Markt selbst ändern kann. Hier ist die Politik gefragt. Ein neues Strommarktdesign, das endlich alte Zöpfe abschneidet, wird gebraucht. Angekündigt ist es und alle sind aufgerufen, es kritisch zu begleiten.

Ursachen und Wirkungen verschleiert

Inzwischen mit Polemik Ursachen und Wirkung weiter zu verschleiern, ist unaufrichtig. Will Wüst wirklich in die Fußstapfen von Peter Altmaier treten? Mit seiner als Strompreisbremse deklarierten Eigenverbrauchsumlage und anderen Anpflanzungen im Paragrafendschungel hat Altmaier vor zehn Jahren den Erneuerbaren eine Vollbremsung beschert, tausende Arbeitsplätze vernichtet und die Abhängigkeit von Gas und Kohle fortgeschrieben.

Die Forderung von Wüst ist damit nicht vergleichbar, bei weitem hätte sie nicht solch eine lang anhaltende Wirkung. Doch sie zielt auf die gleiche empfindsame Stelle – den Geldbeutel der Mittel- und Geringverdiener. Diese wiederum sind aber langfristig besser dran, wenn die Abhängigkeit von Gas und Kohle endlich aufhört. Neben den auf lange Sicht preiswerten erneuerbaren Energien gewinnen sie noch etwas viel Wertvolleres: eine einigermaßen intakte Umwelt.

Petra Franke ist Redakteurin der Webplattform energiezukunft.

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