Die Nachfrage nach solaren Carports ist sprunghaft gestiegen. Doch dieses Geschäft hat seine Tücken. Im Interview erläutern Jens Ritter, Günter Grandjean und Alexander Koller von Clickcon den Trend und die bürokratischen Hürden in Deutschland.
Sie haben gerade eine sehr schöne Anlage in Offenbach installiert. Können Sie sie kurz beschreiben?
Alexander Koller: In Offenbach haben wir für das Forschungs- und Entwicklungszentrum von Honda einen solaren Carport über 800 Quadratmeter geplant und installiert. Der Clou: Wir brauchen dafür nur sechs Stützen. Verbaut wurden 456 semitransparente Glas-Glas-Module von SI mit je 300 Watt, insgesamt 136,80 Kilowatt.
Was war die besondere Herausforderung?
Alexander Koller: Wir hatten bei Honda bereits einen Chargeport mit dem Schnelllader von Delta gebaut. Die nunmehr deutlich größere Anlage sollte sich in der Konstruktion möglichst nah an das Design der ersten Anlage anlehnen. Zudem konnten wir die Fundamente nicht so weit in den Boden einbringen, damit sie im Boden verschwanden.
Was war das Problem?
Günter Grandjean: Zunächst musste ein alter Ölabscheider entfernt werden. Zudem durften die Fundamente nur 1,5 Meter tief ins Erdreich greifen, um das Grundwasser nicht zu stören. Normalerweise bauen wir immer so tief, dass die Fundamente vollständig in der Erde liegen. Deshalb stechen die Fundamente bei dieser Anlage noch einen knappen Meter aus der Erde hervor. Als Durchfahrtshöhe waren 2,6 Meter gefordert. Weil wir uns an das Design des ersten Chargeports angelehnt haben, kamen wir für die ganze Anlage mit sechs Stützen aus.
Bestehen die Stützen aus Stahl?
Günter Grandjean: Selbstverständlich. Die gesamte dachtragende Konstruktion besteht aus Stahl. Ab der Oberkante der Stahlsparren kommt unser Montagesystem Clickplain zum Einsatz, das die gerahmten Doppelglasmodule aufnimmt und spannungsfrei hält. Clickplain besteht aus Aluminium, es kommt vollständig ohne Dichtgummis aus.
Warum verwenden Sie keine Dichtgummis?
Jens Ritter: Weil wir gerahmte Module verwenden und die Profile von Clickplain so gestaltet sind, dass in Verbindung mit den gerahmten Module ein dichtes Dach entsteht. Dichtgummis verspröden unter Sonneneinstrahlung. Sie mögen vielleicht vier oder zehn Jahre halten, danach aber gibt Ihnen niemand mehr eine Garantie. Deshalb verzichten wir auf diese kritischen Bauteile, das haben wir konstruktiv gelöst. Hinzu kommen die Vorteile der schnelleren Montage und eines kostengünstiges Systems.
Wie fließen die Niederschläge beim Honda Carport ab?
Alexander Koller: Das Regenwasser wird über die beiden Kragarmflächen und die vier Satteldachflächen abgeleitet, also über sechs Dachflächen. Es fließt in die drei Hauptstahlträger, die als Rechteckprofile mit 500 mal 300 mal 20 Millimeter ausgeführt sind. Somit werden diese gleichzeitig als Hauptsammelleitung zu Entwässerung genutzt und sind dadurch wasserführend. Das anfallende Regenwasser wird dann durch ein eingeplantes geringes Gefälle des Hauptträgers zur Ostseite hin entwässert. Dadurch erhalten wir insgesamt nur drei Entwässerungspunkte für die gesamte Dachfläche.
Sind Ladestationen oder andere elektrische Verbraucher integriert?
Alexander Koller: Neben der Ladetechnik ging es vor allem um die Beleuchtung. Die Baufreigabe des Carports durch das Bauaufsichtsamt erfolgte nur unter besonderen Auflagen zur Beleuchtung. Sie besteht aus 78 integrierten LED-Sprossen und wurde konsequent nach unten ausgerichtet. Das Ziel war es, möglichst geringe Lichtemissionen zu verursachen. Die Lichtfarbe der LED-Sprossen selbst sollte unter warmweißen 3.300 Kelvin liegen, statt kaltweiß, um möglichst wenig Insekten durch Lichtverschmutzung zu irritieren und gleichzeitig die volle Ausleuchtung zu gewährleisten.
Wie lange dauert ein Projekt wie bei Honda in Offenbach?
Alexander Koller: Die ersten Gespräche begannen vor zwei Jahren. Für den Bauantrag bis zur Inbetriebnahme im Frühsommer dieses Jahres können Sie neun Monate rechnen. Wir haben viele Anfragen mit einem oder gar drei Jahren Vorlauf, das geht nicht schnell.
Warum dauern diese größeren Projekte so lange?
Jens Ritter: Das hat viele Gründe. Zum einen gibt es bei solchen Projekten keine Lösungen von der Stange. Wir müssen stets die Bedingungen und Anforderungen des Kunden vor Ort beachten. Zumindest beim Stahlbau ist es meist ein Einzelstück, vor allem wenn es um größere Anlagen geht. In Offenbach haben wir 42 Tonnen Stahl verbaut, bevor wir die Paneele auflegen konnten. Die eigentliche Montage des Stahlbaus dauerte etwa 1,5 Wochen, die Solaranlage rund zwei Wochen.
Wie kalkulieren Sie solche Projekte? Wie ermitteln Sie die Wirtschaftlichkeit?
Jens Ritter: Wir haben keine Standardpreise, wie man sie beispielsweise bei Aufdachanlagen ermitteln kann: soundso viel Euro je Kilowatt. Das klappt bei uns nicht, weil unsere Preise ganz wesentlich vom Stahl- oder Holzbau, der Anordnung der Stützen sowie den Gegebenheiten vor Ort abhängen. Wenn wir kleinere Carports bauen, arbeiten wir mit regionalen Stahl- und Holzbauern zusammen. Das ist nicht billig, allerdings müsste der Carport ohnehin gebaut werden.
Alexander Koller: Kleinere Solarcarports sind wegen der höheren Kosten für den Stahlbau um 30 bis 40 Prozent teurer als große Anlagen. Bei großen Anlagen mit mehr als einem Megawatt arbeiten wir mit den großen Anbietern von Stahlbau zusammen, wie Mannesmann. Das wird dann deutlich preiswerter. Aber die fangen unter einer bestimmten Projektgröße gar nicht erst an.
Haben Sie schon Anfragen für Megawattprojekte?
Jens Ritter: In dieser Größenordnung hatten wir 2018 zwischen zehn und 15 Anfragen aus Europa. Das hat sich in diesem Jahr vervierfacht. Gerade größere Konzerne entdecken das Thema Parkplatzüberdachung für Ihre Mitarbeiter und Kunden.
Alexander Koller: Es geht nicht mehr nur um Carports. Man kann auch Landstraßen oder Autobahnen mit Solardächern nutzen. Man weiß, dass solche Dächer die Standzeit der Fahrbahnen deutlich verlängern. Auch sinkt die Gefahr von Unfällen, weil die Niederschläge seitlich abgeführt werden. Und man kann sehr viel Sonnenstrom ernten, um damit umliegende Gemeinden zu versorgen. Wir haben solche Anfragen gerade aus Lyon und aus der Schweiz erhalten.
Jens Ritter: In Tschechien gibt es ein Projekt mit 3,8 Megawatt, an dem wir ein Angebot abgegeben haben. Die Potenziale sind gigantisch. Allerdings steht in Deutschland die Bürokratie auf der Bremse. Wie erwähnt, geht es mit den Zulassungen nicht voran. Generell sind kommunale Auftraggeber in Deutschland eher zurückhaltend. Sie fürchten den Aufwand und das Neuland, das sie damit betreten. Das ist im europäischen Ausland oft anders. Dort kann man solche Projekte viel einfacher realisieren. (HS)
Das vollständige Interview lesen Sie im Septemberheft der photovoltaik, das am 19. September 2019 erscheint. Diese Ausgabe steht ganz im Zeichen der Elektromobilität. Abonnenten können alle Beiträge nach Erscheinen auch online lesen. In unserem neuen Webshop gibt es unsere Hefte zudem auf Einzelbestellung.
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