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Fraunhofer ISE berechnet Kosten der Energiewende

Was kostet die Energiewende? Dieser Frage haben sich Forscher des Fraunhofer ISE angenommen. Der Ergebnis ist, dass die Energiewende billiger ist, als wenn das heutige Energiesystem so weiter betrieben wird.

Der Umbau des gesamten Energiesystems inklusive der Kosten für Effizienzmaßnahmen werden in den kommenden Jahren zwar viel Geld kosten. Doch am Ende wird diese riesige Anstrengung um acht Prozent billiger sein als wenn das bisherige Energiesystem einfach weitergeführt wird. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE). Die Freiburger Wissenschaftler haben berechnet, wie viel es kostet, eine Energieversorgungsstruktur aufzubauen, die mit 80 Prozent weniger Emission von Kohlendioxid auskommt. Damit nehmen sie als Zielwert das erklärt politische Ziel der Bundesregierung, bis 2050 den Treibhausgasausstoß um diesen Wert zu senken.

Ziel ist Reduktion der Treibhausgasemissionen

Dieses Szenario haben sie mit einem Szenario verglichen, bei dem die Energieversorgung so bleibt, wie sie heute ist. „Die modellbasierte Untersuchung erstreckt sich über alle Sektoren und Energieträger und analysiert detailliert, wie Deutschland seine Klimaschutzziele durch Maßnahmen der effizienten Energienutzung und den Einsatz erneuerbarer Energien erreichen kann“, erklären die Freiburger Forscher ihren Berechnungsgrundlage. „Die Szenarien unterscheiden sich dabei hinsichtlich der in der Zukunft verwendeten Antriebskonzepte im Bereich der Mobilität, hinsichtlich des Umfangs der energetischen Sanierung von Gebäuden und hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem der Ausstieg aus der Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung erfolgt“, sagt Hans-Martin Henning, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer ISE und Autor der Studie. „Außerdem betrachten wir unterschiedliche Zielwerte der Minderung energiebedingter Kohlendioxidemissionen – um 80 Prozent, 85 Prozent und 90 Prozent bezogen auf den Referenzwert im Jahr 1990“, ergänzt Andreas Palzer, Mitautor der Studie.

Wind und Sonne spielen die Hauptrolle

Die Schlüsselrolle in allen Szenarien nehmen die volatilen Energieträger Sonne und Wind eine Schlüsselstellung bei der Energieerzeugung ein. Die notwendigen installierten Gesamtleistungen dieser erneuerbaren Energieträger schwanken je nach Szenario von 290 Gigawatt bei einer Reduktion um 80 Prozent bis fast 540 Gigawatt bei 90-prozentiger Reduktion des Treibhausgasausstoßes. Die Solar- und Windkraftanlagen werden ergänzt durch Kraftwerke unterschiedlichen Typs, die den restlichen Strom liefern. Die Wärmeversorgung wird flankiert von solarthermischen Anlagen für die direkte Wärmebereitstellung und die Infrastruktur für die Bereitstellung eines Mixes aus fossilen, biogenen und synthetisch hergestellten, flüssigen und gasförmigen Energieträgern. Zugleich berechnen die Freiburger Wissenschaftler in der Wärmeversorgung massive Änderungen hinsichtlich der verwendeten Verbrauchstechnologien wie Wärmepumpen und elektrische Heizungen ein. Auch im Verkehrssektor wird sich immer mehr die Elektromobilität durchsetzen.

Stromanteil wird größer

Der größere Anteil des Stroms am gesamten Energieverbrauch erfordert ein hohes Maß an Flexibilisierung in der Stromerzeugung. Zugleich werden dabei vor allem im Wärme- und Verkehrssektor Verbrennungstechniken wie Heizkessel und Verbrennungsmotoren zunehmend verschwinden. Dort wo die Verbrennungstechnologien überleben, werden die fossilen durch erneuerbar erzeugte Brennstoffe ersetzt.

Aus der gesamten Veränderung des Energiesystems auf der Verbrauchsseite hin zu mehr Strom resultiert in allen Szenarien eine Zunahme der Stromerzeugung. Zudem werden auch die erneuerbar hergestellten Brennstoffe mit Strom produziert. Dies erfordert nicht nur den Aufbau von Erzeugungsanlagen für erneuerbar hergestellte Brennstoffe, sondern es wächst gleichzeitig die Bedeutung der Stromseite der Energieversorgung.

Variable bleibt der Anstieg der Kosten für fossile Brennstoffe

Während die Freiburger Forscher so die Kosten für die Transformation des Energiesystems relativ genau beziffern können, hängt es davon ab, wie stark die Preise für fossile Energieträger steigen und wie hoch die Kosten für die Emissionen von Treibhausgasen sein werden. „Bleiben die Preise für fossile Energieträger bis 2050 gleich und die Kosten für CO2-Emissionen langfristig niedrig, dann liegen die kumulativen Gesamtkosten für das kostengünstigste Szenario mit rund 1.100 Milliarden Euro um 25 Prozent höher als im Fall eines Weiterbetriebs des heutigen Energiesystems in unverändertem Zustand“, rechnet Hans-Martin Henning vor. „Geht man allerdings von einer Erhöhung der Preise für fossile Energieträger um jährlich drei Prozent aus, dann bleiben die kumulativen Gesamtkosten für eine Transformation des Energiesystems praktisch gleich hoch wie die Kosten für einen Weiterbetrieb des heutigen Systems, und das bei gleichzeitiger Reduktion energiebedingter CO2-Emissionen um 85 Prozent.“ Insgesamt werden nach erfolgter und abgeschlossener Transformation die jährlichen Gesamtkosten eines Energiesystems mit um 80 bis 85 Prozent abgesenkten Kohlendioxidemissionen nicht höher als die vergleichbaren jährlichen Gesamtkosten unseres heutigen Energiesystems, die bei rund 250 Milliarden Euro für alle Endkunden liegen.

Dabei ist davon auszugehen, dass die Kosten für fossile Brennstoffe kaum in den kommenden 35 Jahren konstant bleiben und auch nach 2050 weiter ansteigen. Dann allerdings wären diese Kosten irrelevant, wenn das gesamte Energiesystem auf erneuerbare Energien umgestellt ist. (Sven Ullrich)