Diese Form der Finanzierung zwischen Eigentümer des Gebäudes und Energieversorger erfreut sich steigender Beliebtheit, senkt sie doch die Hürden für die Investition. Unser Rechtsexperte RA Thomas Binder erläutert, worauf im Detail zu achten ist, damit alle Beteiligten profitieren.
Zahlreiche Energieversorger haben das Modell inzwischen in ihrem Portfolio: Der Gebäudeeigentümer pachtet eine Photovoltaikanlage, die der Energieversorger zuvor auf der Pachtfläche errichtet hat. Dafür zahlt der Hausbesitzer eine monatliche Pacht.
Aus der Photovoltaikanlage kann der Pächter nicht nur einen großen Teil seines Strombedarfs decken, den Überschuss kann er darüber hinaus ins Netz einspeisen und dafür eine Zusatzrendite erzielen. Dazu gibt es ein Rundum-Sorglos-Paket: Um Papierkram und Wartung muss sich der Gebäudeeigentümer nicht kümmern. Das ist Sache des Energieversorgers.
Pachtangebote vergleichen und nachrechnen
Das Paket ist verlockend und mancher Immobilieneigentümer hat das Angebot schon angenommen. Aber nicht immer wird die Realität den Werbeversprechungen gerecht. So hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Jahre 2017 die Angebote von Stadtwerken und Regionalversorgern nachgerechnet.
Dabei wurden nur drei von 13 Anlagenpachtmodelle von Energieversorgern als wirtschaftlich bewertet. Empfehlung der Verbraucherschützer: Mehrere Pachtangebote einholen, vergleichen, nachrechnen!
Dass Pachtmodelle für alle Beteiligten funktionieren können, ist unbestritten. Denn die hinter der Anlagenpacht stehende Idee ist nicht schlecht. Wer sich selbst mit Strom versorgt und dabei nicht das Stromnetz nutzt, spart im Vergleich zum Strombezug vom Energieversorger viele Kosten: Die EEG-Umlage beträgt nur 40 Prozent des vollen Satzes. Netzbezogene Entgelte oder Stromsteuer werden im Regelfall gar nicht fällig.
Dazu lockt die Unabhängigkeit von zukünftigen Energiekrisen. Anders als beim Kauf einer Photovoltaikanlage muss bei der Anlagenpacht kein Kredit aufgenommen werden und der eiserne Spargroschen bleibt erhalten. Das Konstrukt ist nicht für nur für Hausbesitzer interessant, sondern stellt auch für mittelständische Unternehmen ein attraktives Modell dar.
Rechtliche Stolpersteine
Ein Vergleich der verschiedenen Pachtangebote kann sich aber nicht nur auf eine betriebswirtschaftliche Beurteilung beschränken. Wer unterschiedliche Angebote vergleichen oder wer umgekehrt neue Kunden mit dem Modell der Anlagenpacht gewinnen will, der muss auch um die rechtlichen Stolpersteine wissen.
Die Anlagenpacht steht und fällt mit der Reduzierung der EEG-Umlage auf 40 Prozent des vollen Satzes von derzeit 6,405 Cent/kWh. Hierzu ist erforderlich, dass der Anlagenpächter zum Eigenversorger wird. Das bedeutet, dass er in einer Person Anlagenbetreiber und Stromverbraucher ist, das Netz dabei nicht nutzt und den Strom in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage verbraucht. Als Eigenversorger muss er die Herrschaft über die Anlage ausüben, deren Arbeitsweise bestimmen und das wirtschaftliche Risiko tragen.
Anlagenpächter muss Risiken übernehmen
Problematisch sind diese Anforderungen deswegen, weil sie den Werbeaussagen manches Anbieters zuwiderlaufen. Denn wer das Risiko eines Anlagenbetriebs übernimmt, dem können auch Verluste drohen.
Dass der Pächter das Anlagenrisiko trägt, muss sich auch in den vertraglichen Gestaltung widerspiegeln. So kippte das Oberlandesgericht Karlsruhe einen Anlagenpachtvertrag, bei dem letztendlich der Verpächter einer Photovoltaikanlage die Risiken des Anlagenbetriebs trug und die Sachherrschaft behielt.
Das Gericht monierte, dass in dem Vertragsmodell sich die Pachtzahlungen nach dem tatsächlichen Stromverbrauch des Anlagenpächters richteten. Des weiteren oblag dem Verpächter der technische Betrieb der Anlage. Er hatte für Instandhaltung und Wartung zu sorgen und trat nach außen als Anlagenbetreiber auf.
Das war den Richtern am Ende zu wenig Risiko und zu wenig Sachherrschaft für den Anlagenpächter. Das vermeintliche Pachtverhältnis wurde als Stromliefervertrag mit voller EEG-Umlage eingestuft (OLG Karlsruhe vom 29. Juni 2016 – 15 U 20/16). (gekürzt)
Der Autor Dr. Thomas Binder ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.
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