Wird der Entwurf des neuen Fördergesetzes vom Bundestag in der derzeitigen Fassung verabschiedet, so könnte das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort haben. Vor allem die geplante Belastung des Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage greift mehrfach in verfassungsmäßige Rechte der betroffenen Anlagenbetreiber ein.
In einem Aufsatz für die Fachzeitschrift photovoltaik haben die beiden renommierten Rechtsanwälte Dr. Thorsten Gottwald und Michael Herrmann aus Berlin die geplante EEG-Umlage für selbstverbrauchten Solarstrom analysiert. Ihr Fazit: Der Entwurf des neuen EEG könnte in mehrfacher Hinsicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Sie werfen der Bundesregierung zudem vor, nicht zwischen Strombezug und Einspeisung zu trennen.
Zwar nutzen die meisten Eigenstromerzeuger im Winter die Netzinfrastruktur für den Strombezug. Doch der Strombezug unterliegt nicht dem Regelungsbereich des EEG und damit nicht der EEG-Umlage. Vielmehr wird er insbesondere durch die Netzentgeltverordnung geregelt. Es wird nicht bezweifelt, dass Eigenstromerzeuger durch angemessene Netzentgelte ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung der Netze leisten müssen, sofern sie in den Wintermonaten keine Eigenversorgung sicherstellen können und deshalb ans Netz der allgemeinen Versorgung angeschlossen bleiben. Diese Belastung darf nicht über die Netzentgelte hinausgehen, die andere Verbraucher für den Strombezug zahlen. Die Bundesregierung verkennt, dass das EEG nur die Stromeinspeisung regelt. Die EEG-Umlage dient dem Ausgleich der zur Förderung erneuerbarer Energiequellen gezahlten Einspeisevergütungen zwischen allen Stromhändlern, die Strom an Letztverbraucher liefern und die EEG-Umlage an ihre Kunden weiterwälzen. Folgt man der Logik der Bundesregierung, so müssten auch Bürger zur Zahlung von EEG-Umlage verpflichtet werden, die Maßnahmen zur Einsparung von Energie ergreifen. Denn auch sie vermeiden oder verringern die EEG-Umlage.
Weiterhin kritisieren die Juristen, dass die Bundesregierung die große Bedeutung des Eigenverbrauchs für die Energiewende missachtet. So wird der Netzausbau durch einen steigenden Eigenverbrauchsanteil billiger. Zudem besteht immer auch ein Wärme- und Kältebedarf, wo Strom selbst verbraucht wird. Denn dies erhöht den energetischen Wirkungsgrad.
Verfassungsrechtliche Bedenken
Eigenstromerzeuger würden zweifach belastet: Zum einen müssen sie die Investitionskosten für ihre Anlagen selbst tragen, während einspeisende Anlagenbetreiber die Vergütung nach dem EEG erhalten. Eigenstromerzeuger unterstützen also das Ziel der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien im Strombereich ebenso wie einspeisende Anlagenbetreiber. Zusätzlich sollen Eigenstromerzeuger nun mit der EEG-Umlage belastet werden. Dies könnte eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sein.
Die Belastung des Eigenverbrauchs ist zudem eine Ungleichbehandlung des Eigenstromverbrauchs mit Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz oder zur Energieeinsparung: Spart ein Stromverbraucher Strom ein, würde er sich nach der Logik der Bundesregierung ungerechtfertigt bereichern. Denn er zahlt keine EEG-Umlage. Er erhöht sogar die EEG-Umlage für die Allgemeinheit der Stromverbraucher. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, einen Eigenstromerzeuger anders zu behandeln. Auch er entzieht sich der EEG-Umlage im Sinne der oben genannten Logik. Daraus könnte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ableitbar sein.
Zudem ist die geplante Neuregelung verfassungsrechtlich bedenklich, weil sie den Eigenstromverbrauch mit den Kosten der Energiewende belastet, obwohl er die Kosten de facto senkt. Maßnahmen des Netzausbaus sind umso entbehrlicher, je mehr auf Eigenstromverbrauch umgestellt wird. Dies könnte zur Unverhältnismäßigkeit der geplanten Neuregelung führen.
Auch die geplante anteilige Erhebung der EEG-Umlage für Bestandsanlagen ist verfassungsrechtlich bedenklich. Es ist zu erwarten, dass betroffene Anlagenbetreiber Verfassungsbeschwerde erheben und eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 (Berufsfreiheit) und Art. 14 Abs. 1 (Eigentumsfreiheit) geltend machen.
Inwiefern Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde bestünden, lässt sich erst in Kenntnis der abschließenden Regelung und Begründung beurteilen. Im Referentenentwurf wird diese ausdrücklich offengelassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind rückwirkende Gesetze nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Nach Rechtsauffassung der Autoren kann die Belastung von Bestandsanlagen gegen berechtigtes Vertrauen der Betreiber verstoßen.
Untaugliche Regelungen zur Kontrolle
Fraglich ist, wie die Bundesregierung sicherstellen will, dass alle Anlagenbetreiber die genauen Eigenstrommengen mitteilen. Der Referentenentwurf enthält dazu eine neue Regelung in § 37 Absatz 3a, die es den Übertragungsnetzbetreiber erleichtern soll, eine mögliche Umlagepflicht zu erkennen. Übertragungsnetzbetreiber können sich demnach relevante Daten von den Hauptzollämtern übermitteln lassen und mit den Daten der Stromversorger über gelieferte Energiemengen abgleichen.
Die Bestimmung umfasst ausdrücklich Daten nach § 4 Absatz 1 Satz 1 des Stromsteuergesetzes. Demnach bedarf die Entnahme von Strom zum Selbstverbrauch der Erlaubnis. Die Verteilnetzbetreiber können also die Daten über die Erlaubnisinhaber abfragen – mehr nicht. Nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Stromsteuergesetz bedarf es einer solchen Erlaubnis hingegen nicht, soweit der Eigenerzeuger Strom zum Selbstverbrauch entnimmt, der nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a, Nr. 4 oder Nr. 5 von der Steuer befreit ist. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3a ist Strom von der Steuer befreit, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt erzeugt wird und vom Betreiber der Anlage als Eigenerzeuger im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird.
Damit sind die meisten solaren Eigenstromanlagen von der Steuer befreit, bedürfen also keiner Erlaubnis. Folglich hat der Netzbetreiber keinen Zugriff auf die Daten. Der Netzbetreiber kann dann nur die Daten der Stromversorger über die gelieferten Strommengen anfordern. Damit allein lässt sich aber eine Eigenstromversorgung nicht nachweisen.
Dieser Artikel stellt eine gekürzte Version des Beitrags dar, der im Aprilheft von photovoltaik erscheinen wird. Die Rechte liegen bei den beiden Autoren.