In einer gemeinsamen Protestnote haben Unternehmen und Organisationen aus der Solarbranche die Richtung kritisiert, in die das Bundeswirtschaftsministerium mit der EEG-Novelle marschiert. Statt das Design des Energiemarktes endlich an die Energiewende anzupassen, wird sie weiter abgebremst.
Eine große Zahl von Energiewende- und Klimaschutzorganisationen setzt sich für die Beschleunigung der Energiewende gemäß den Beschlüssen der Pariser Klimakonferenz ein. Gemeinsam protestieren sie gegen die Verzögerung der Energiewende durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi). Sie werfen Sigmar Gabriel (SPD) vor, die EEG-Umlage an die alte fossile Energiewirtschaft durchzureichen.
Denn mit Rücksicht auf die technisch begrenzte Abregelfähigkeit werden die deutschen Kohlekraftwerke nicht heruntergefahren, wenn ausreichend Solar- und Windstrom zur Verfügung steht. Auch wenn vorher klar ist, dass viel Solar- oder Windstrom ins Netz eingespeist werden kann, laufen die Braunkohlekraftwerke mit voller Leistung weiter. So verstopfen sie die Netze. Für den Ökostrom ist dann dort keine Kapazität mehr übrig, weil auf der anderen Seite kein genügend hoher Verbrauch gegenüber steht. Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste wäre, die Ökostromanlagen abzuregeln, um die Kohlekraft nicht zurückfahren zu müssen. Der Effekt: Es werden Ausgleichszahlungen für die entgangene Einspeisevergütung fällig, die über die EEG-Umlage finanziert werden. Mittelbar landet so die EEG-Umlage in den Kassen der alten fossilen Energiewirtschaft, weil sie ihren Kohlestrom weiter verkaufen darf und die Verbraucher die Ausgleichszahlungen finanzieren müssen, die nur anfallen, weil die Kohlekraftwerke nicht abgeregelt werden.
Stromexporte steigen
Die zweite Möglichkeit ist, den überschüssigen Strom zu exportieren. Im vergangenen Jahr hat Deutschland mit über 80 Terawattstunden so viel Strom exportiert wie nie zuvor. Weil aufgrund der nicht zurückgefahrenen fossilen Kraftwerke der Überschuss riesig ist, sinken die Strompreise an der Börse. Da die europäischen Nachbarn keine EEG-Umlage auf Strom aus Deutschland zahlen müssen, ist dieser im Ausland konkurrenzlos billig zu haben. Auf diese Weise ist es vor allem der Ökostrom, der über die Börse Exportiert wird, weil die Kohlekraftwerke weiter die Netze verstopfen. „Ihr Weiterbetrieb zu Jahreszeiten, in denen zunehmend Solar- und Windstromüberschüsse zu erwarten sind, ist ein klimapolitischer Skandal und grober Verstoß gegen die Pariser Dekarbonisierungsbeschlüsse!“, kritisieren die Unterzeichner der Petition der Solarwirtschaft. „Die EEG-Umlage soll eigentlich einen finanziellen Beitrag zur Einspeisevergütung von Solar- und Windanlagen und anderen Anlagen der erneuerbaren Energien liefern. Tatsächlich aber kommt sie den konventionellen Stromherstellern zu Gute. Von Seiten des BMWi werden dann die vorsätzlich erhöhten Kosten psychologisch als Argument für die Verlangsamung der Energiewende genutzt.“
Ökostrom muss am Spotmarkt verramscht werden
Die Unterzeichner der Petition kritisieren außerdem das fehlende Konzept für einen Energiemarkt, der auf die Energiewende zugeschnitten ist. „Betreiber von konventionellen Kraftwerken haben – nur noch historisch begründbar – das Vorrecht, ihren Strom bereits Monate oder Jahre im Voraus in zeitlich gleichbleibenden ‚Bändern‘ – baseload oder peakload – am Terminmarkt oder im außerbörslichen Handel zu verkaufen“, beschreiben sie die Wirkungsweise. „Dieses Recht sehen sie als Selbstverständlichkeit an. Strom aus erneuerbaren Energien jedoch, der nach EEG vergütet wird, muss am Spotmarkt verramscht werden. Oder seine Lieferanten müssen Verpflichtungen eingehen, ihre Anlagen ‚freiwillig‘ herunterzuregeln, wenn ansonsten die Spotmarktpreise negativ würden. Das ist eine massive Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der erneuerbaren Energien.“
Strommarkt nicht auf Energiewende zugeschnitten
Denn dann fehlen am Spotmarkt diejenigen Kunden, die sich bereits im Voraus üppig mit konventionellem Strom eingedeckt haben, was die Nachfrage am Spotmarkt sinken lässt. Diese sinkende Nachfrage führt dazu, dass die Strompreise am Spotmarkt sinken und zeitweise sogar negativ sind. Dann bekommt der Stromkunde Geld, wenn er Strom verbraucht. Da die EEG-Umlage die Differenz zwischen der Einspeisevergütung für die Betreiber der Ökostromanlagen und den Verkaufserlösen am Spotmarkt ist, steigt diese, wenn die Preise fallen.
Die fallenden Preise am Spotmarkt sind wiederum zu einem großen Teil dem Vorabverkauf konventionellen Stroms zu verdanken. Damit ist die steigende EEG-Umlage nicht das Ergebnis einer Renditeerwartung der Betreiber von Ökostromanlagen, sondern das Ergebnis eines Strommarktes, der überhaupt nicht auf die dezentrale Energiewende zugeschnitten ist, sondern noch im Zeitalter der zentralen Versorgung mit fossilen Großkraftwerken verharrt.
Symptome statt Ursachen werden bekämpft
Da die Strommengen aus den Ökostromanlagen immer weiter zunehmen werden, wird es beim Beibehalten des jetzigen Marktdesigns in Zukunft immer häufiger zu negativen Strompreisen kommen, warnen die Unterzeichner der Petition. Sie kritisieren, dass Politik im Entwurf für die Novelle des EEG nur eine Lösung parat hat. Statt endlich die Änderung des Strommarktdesigns anzugehen, sieht das BMWi im Paragraph 51 des EEG vor, dass die Einspeisevergütung auf Null abgesenkt wird, wenn der Spotmarktpreis mehr als sechs Stunden lang negativ ist. „So werden die Symptome anstatt der Ursachen bekämpft“, bewerten die Unterzeichner der Petition die Schieflage. „Die eigentliche Ursache ist die Beibehaltung des Vorabhandels zugunsten der fossilen Energien. Anstatt die Pariser Beschlüsse zur Dekarbonisation umzusetzen, will das BMWi den Solar- und Windanlagenbetreibern eine regelmäßige Vergütung ihres gelieferten Stromes vorenthalten. Eine Klientelpolitik für die konventionelle Stromerzeugung!“
Externe Kosten der Konventionellen werden nicht eingepreist
Auf diese Weise treibt der Vorabhandel am Terminmarkt und der außerbörsliche Handel sowie die Befreiung der Großverbraucher von der EEG-Umlage diese in die Höhe und nicht die Erneuerbaren! Das Problem ist, dass die EEG-Umlage auf der Stromrechnung ausgewiesen wird. „Auf einem anderen Blatt stehen die externen Kosten der konventionellen Stromversorgung, die zumeist in Form von Steuern dem Steuerzahler auferlegt werden“, kritisieren die Unterzeichner der Protestnote der Solarbranche. „Es geht dabei zum Beispiel um Kosten wie die Entsorgungskosten des radioaktiven Mülls, die Kosten für die Beseitigung der Klimaschäden, für die Eingliederung der Klimaflüchtlinge und viele andere mehr. Doch bei diesen Kosten wird dem belasteten Steuerzahler der Zusammenhang mit der fossilen Energiewirtschaft geflissentlich verschwiegen. Denn diese tauchen auf keiner Stromrechnung auf.
Die Petition haben unterzeichnet:
- BBEn Bündnis Bürgerenergie, Dr. René Mono
- BUNDESVERBAND CHRISTLICHE DEMOKRATEN GEGEN ATOMKRAFT (CDAK), CDU/CSU - Mitglieder für die Überwindung der Kernenergie Bundesgeschäftsstelle Geschäftsführung: Dr. Stegmayer; Pressesprecherin: Petra Pauly; Sekretariat: Ulla Veith
- BüfA Regensburg, Bündnis für Atomausstieg und erneuerbare Energien Regensburg Petra Filbeck, Sprecherin BüfA Regensburg und 1. Sprecherin BAAK
- Bürgerenergie Bayern e.V.; Dieter Emmerich, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender
- BI Megatrasse-Lech Niederschönenfeld-Feldheim; Martin Stegmair, 1. Sprecher
- Bürgerinitiative Leinburg gegen Gleichstromtrassen Dörte Hamann
- Bürgerinitiative Megatrasse VG Nordendorf, Anita Dieminger
- BWE – Landesverband Rheinland-Pfalz/SaarlandDr. Wilhelm Heye, Vorsitzender
- BWE – Regionalverband Oberbayern Dr. Dirk Bade, Vorsitzender
- Energiegemeinschaft Weissacher Tal; Reinhard Knüdeler, Vorstand
- Energie-Initiative Kirchberg e. V. 74592 Kirchberg/Jagst; Gerhard Kreutz, Vorsitzender
- Freunde von Prokon, Rainer Doemen, Pressesprecher
- KAB – Katholische Arbeitnehmer-Bewegung e.V., Rainer Forster, Diözesansekretär
- „NEW gegen die Trasse“ (www.newgegendietrasse.de) aus der Oberpfalz Josef Langgärtner, Sprecher der Bürgerinitiative
- Solarenergie-Förderverein Deutschland, Vorstand
- Solarverein Rems-Murr e.V.
- Hanne Barth, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende
- Sonneninitiative e.V.; Hans-Christian Quast, 1. Vorsitzender
- Sonnenkraft Freising, Dr. Andreas Horn, Vorsitzender
- SunOn Sonnenkraftwerke LG e.V.,/Tomas Biermann-Kojnov Vereinsvorsitzender SWB GmbH, Karl-Heinz Hüsing