Große Solarkraftwerke können ab Ende des Jahres nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, so das Ergebnis einer aktuellen Studie. Denn die Vergütung von unter zehn Cent pro Kilowattstunde wird nach der derzeitigen Ökostromumlage weiter absinken. Zudem sei es ökonomisch nicht sinnvoll, Solarstrom aus Südeuropa nach Deutschland zu importieren – die Transportkosten sind einfach zu hoch.
In einer druckfrischen Studie hat das Beratungsunternehmen Prognos im Auftrag des Solarkraftwerksbauers Belectric die Entwicklung der Kosten von neugebauten Kraftwerken verglichen – also konventionelle und erneuerbare Stromerzeugungsanlagen in vier verschiedenen Regionen Deutschlands. Freiflächen-Solarparks sind demnach bereits heute in einigen Regionen insbesondere in Süddeutschland die günstigste Ökostromquelle noch vor der Onshore-Windenergie. „2015 werden Freiflächen-Solarkraftwerke bezogen auf die reinen Stromgestehungskosten auf 40 Jahre gerechnet mit 7,5 Cent pro Kilowattstunde sogar günstiger sein als Steinkohle- und Erdgasstromerzeugung", erklärt Frank Peter, Projektleiter Energiewirtschaft bei Prognos.
Ein Zubau an Freiflächen-Solarkraftwerken werde der Studie zufolge die Kosten der Energiewende und somit auch die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wesentlich senken. „Insbesondere in Süddeutschland lassen sich die durchschnittlichen Kosten der erneuerbaren Energien um mehr als zehn Prozent reduzieren“, so Berater Peter, „wenn ein höherer Anteil an Freiflächen-Solarstrom realisiert werden würde. Ein Rechenbeispiel: Ein im Schnitt ein halber Cent pro Kilowattstunde günstigerer „Jahrgang“ erneuerbarer Energien im Jahr 2015, der rund zehn Terawattstunden pro Jahr Strom liefert, verringert die zu zahlenden EEG-Vergütungen um immerhin eine Milliarde Euro über den Vergütungszeitraum von 20 Jahren.
Dezentral ist billiger
Durch einen höheren Anteil der Sonnenkraftwerke können teurere Techniken ersetzt und auch der Unterschied zwischen den Kosten der verschiedenen Regionen reduziert werden. Ein gerichteter Stromtransport aufgrund von Kostenunterschieden zwischen einzelnen Regionen werde folglich wirtschaftlich immer weniger attraktiv. Dies gelte sowohl für den Import von Solarstrom aus Südeuropa und Wüstenregionen Nordafrikas als auch für Offshore-Windenergie aus Nord- und Ostsee, sagt Holger Krawinkel, Energieexperte des Verbraucherverbandes. „Die absolut sinkenden Kosten für erneuerbar erzeugten Strom sprechen für eine verbrauchsnahe Erzeugung durch Windenergie an Land und Freiflächen-Solarkraftwerke.“
Die These der europäischen Kupferplatte ist damit ein Stückweit widerlegt. „Hierfür sind die Kosten für den gerichteten Stromtransport über Hochspannungsgleichstromtrassen mit mindestens 2,5 bis 4 Cent pro Kilowattstunde deutlich zu hoch“, heißt es in der Studie. Strom aus Photovoltaikanlagen und insbesondere Freiflächen-Solarkraftwerken sei mittlerweile so kostengünstig verfügbar, dass ein weiträumiger Transport kaum wirtschaftlich sinnvoll sei.
Neuer Kern der Diskussion: Systemdienstleistungen
Zudem könnten Solarkraftwerke auch eine stabilisierende Wirkung auf das Stromnetz haben, da sie netztechnischer Systemdienstleistungen wie Blindleistung oder Regelenergie im Mittelspannungsbereich bereitstellen können, betont Matthias Dümpelmann, Geschäftsführer des Stadtwerkeverbunds 8KU.
Die Berater errechnen zudem, dass die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht dafür geeignet seien, Sonnenkraftwerke ab Ende 2013 in Deutschland wirtschaftlich betreiben zu können. Derzeit bekommen sie 9,88 Cent pro Kilowattstunde. „Freiflächen-Solarkraftwerke können aufgrund von gesetzlich getriebenen Größenbeschränkungen, Flächenrestriktionen und eines Zubaudeckels nicht mehr wirtschaftlich in Deutschland gebaut werden“, mahnt Bernhard Beck, Geschäftsführer von Belectric. Künftig bräuchten die Kraftwerke eine eigene Vergütungsstruktur, die unabhängig sei vom Zubaumechanismus der PV-Dachanlagen, so Beck. Auch über die Vorgabe der Bundesregierung von 52 Gigawatt Solarzubau müsste neu verhandelt werden. „Ansonsten verlieren wir in Deutschland den Industriezweig der Solarkraftwerke.“ (Niels Hendrik Petersen)
In der Novemberausgabe des Magazins photovoltaik wird es ein ausführliches Interview mit Belectric-Chef Bernhard Beck geben.