Bundesumweltminister Peter Altmaier glänzt auf dem internationalen Parkett als Vorreiter der globalen Energiewende. Derweil schlägt ihm aus Deutschland heftige Kritik entgegen, dass er die Kosten der Energiewende hierzulande zu hoch ansetzt und damit den Ausbau der erneuerbaren Energien diskreditiert.
Während Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin zusammen mit Vertretern aus neun weiteren Ländern den „Club der Energiewende-Staaten“ gründet, wird die Kritik an der Diskreditierung der Energiewende in Deutschland immer stärker. „Wir Clubmitglieder wollen mit gutem Beispiel vorangehen“, erklärt Altmaier auf der Gründungsveranstaltung in Berlin. „Der Club der Energiewende-Staaten ist eine politische Initiative von Vorreitern, die ein großes Ziel eint: eine globale Energiewende.“ Der Bundesumweltminister betont die Vorreiterrolle Deutschlands beim Ausbau der erneuerbaren Energien. „Wir sind in Deutschland mit unserer Energiewende nicht alleine, sondern wir sind Teil einer starken Führungsgruppe“, sagt er. Diese Führungsgruppe besteht aus China, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Marokko, Südafrika, Tonga und die Vereinigten Arabischen Emirate. Damit vereinen die bisherigen Clubmitglieder immerhin mehr als 40 Prozent der weltweit installierten Leistung zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Außerdem ist die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) mit an Bord. Das erklärte Ziel des Clubs ist der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien, die in Zukunft die führende Rolle bei der Weltenergieversorgung übernehmen sollen. „Wir sind entschlossen, gemeinsam als Verteidiger und Verwirklicher der erneuerbaren Energien auf globaler Ebene aufzutreten“, sagt Altmaier. „Die erneuerbaren Energien sind nicht nur ein gutes Mittel für den Klimaschutz. Sie tragen auch weltweit zu Wohlstand und Versorgungssicherheit bei.“
In die entgegengesetzte Richtung
Mit seiner Bekräftigung in einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung, die Energiewende in Deutschland werde mehr als eine Billion Euro kosten, ist Altmaier aber genau in die entgegengesetzte Richtung unterwegs. „Das ergibt sich, wenn die Förderbedingungen gleich bleiben, der Ausbau so weitergeht wie bisher und der Börsenstrompreis um Schnitt 4,5 Cent pro Kilowattstunde beträgt“, erklärt er der Mitteldeutschen Zeitung. „Rund 66 Milliarden haben wir seit 2000 für existierende Ökostromanlagen gezahlt, 250 Milliarden addieren sich für diese bis zum Ende der 20-Jahres-Vergütung, und weitere 730 Milliarden kämen für neue Ökostromanlagen bis 2040 noch hinzu“, rechnet Altmaier vor. „Insgesamt also über eine Billion Euro. Nicht mitgerechnet sind Investitionen für Back-up-Kraftwerke, Energiespeicher, Netz-Ausbau.“ Die Schuld für diese hohen Summen schreibt er dem sinkenden Börsenstrompreis zu.
Volkswirtschaftliche Gewinne ausgeblendet
„Der Bundesumweltminister rechnet immer dreister, summiert erneut falsche Kosten und verschweigt die volkswirtschaftlichen und ökologischen Gewinne der Energiewende, etwa durch vermiedene Umweltschäden“, kritisiert Marcel Keiffenheim, Leiter Energiepolitik bei der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy. „Schon heute wissen die Bürger und Unternehmer, dass die volkswirtschaftlichen und ökologischen Gewinne bei weitem den Aufwand für den Umbau unserer Energieversorgung rechtfertigen. Wir sollten diese Motivation alle gemeinsam erhalten“, ergänzt Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes für Erneuerbare Energien (BEE). Die Kritiker beziehen sich auf eine Studie des Forums Ökologische Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Den Marktforschern des FÖS haben vor allem die von Altmaier genannten Mehrkosten für die Erzeugung der erneuerbaren Energien als zu hoch kritisiert. Während Altmaiers Rechnung 677 Milliarden Euro ansetze, seien es netto nur 203 Milliarden Euro und damit weniger als ein Drittel, errechnen die Wissenschaftler des FÖS. Als noch bedeutender sieht das FÖS aber die Ersparnisse durch vermiedene Umweltschäden, die Altmaier in seiner Rechnung völlig ausklammert. Die Forscher des FÖS verbuchen dafür 362 Milliarden Euro, die die Höhe der Kosten für die Energiewende senken werden. Insgesamt bleibt damit ein Plus von 159 Milliarden Euro, die die Energiewende der Volkswirtschaft bringen würde. Weitere Kosten der Energiewende, etwa für Netzausbau und Reservekapazitäten, die der Umweltminister auf 300 Milliarden Euro schätzt, konnten nicht überprüft werden, da unklar sei, wie Altmaier gerechnet hat. „Wenn genauso wie beim ersten Kostenblock verfahren wurde, kann man vermuten, dass auch hier der Nutzen der Energiewende vernachlässigt wurde“, sagt Lena Reuster vom FÖS und Autorin der Studie. (Sven Ullrich)