Der Umweltausschuss des Bundestages befasste sich in seiner heutigen Sitzung mit den geplanten Änderungen der Photovoltaik-Förderung. Es waren acht Experten geladen, die in der dreistündigen Anhörung die noch offenen Fragen der Abgeordneten beantworten sollten. Es wurde sehr deutlich, wie weit die Positionen der Parteien, aber auch der gehörten Experten auseinander liegen. Die Mehrheit der anwesenden Experten appellierte jedoch an die Abgeordneten, die Solarförderung nur maßvoll zu kürzen. Es gelte, die in den vergangenen Jahren aufgebaute Führungsrolle der deutschen Industrie nicht zu gefährden, sagte etwa Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Der Analyst der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Wolfgang Seeliger, erneuerte seine Warnung, dass eine Kürzung der Förderung um 16 Prozent zu hoch sei. Die deutschen Unternehmen hätten dann keine Chance mehr, international wettbewerbsfähig zu werden oder zu bleiben.
Natürlich waren bei der Anhörung auch jene Fachleute vertreten, die eine zusätzliche Absenkung von 15 Prozent und mehr zur Jahresmitte unterstützen. Diese Gegenposition vertrat in der Sitzung unter anderem Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbands Verbraucherzentrale (vzbv). Er hob vor allem auf die hohen Zusatzkosten für die privaten Stromkunden ab. Krawinkel betonte, dass der unerwartet hohe Photovoltaik-Zubau in Deutschland enorme Auswirkungen auf den Strompreis habe. Sehr kritisch bewertet der Verbraucherschützer auch die geplante Ausweitung der Eigenverbrauch-Regelung. Diese müsse unbedingt mit einer Speicherpflicht verbunden oder ansonsten auf 2012 verschoben werden, forderte Krawinkel in der Ausschusssitzung.
Einigkeit bei Förderung von Anlagen auf Ackerflächen
Weitgehend Einigkeit herrschte bei den geladenen Fachleuten, dass die Förderung für Photovoltaik-Anlagen auf Ackerflächen künftig erhalten bleiben sollte. Diese seien „die Billigmacher der Photovoltaik“, sagte Seeliger. Nur mit dem Bau von Freiflächenanlagen könne der Solarstrom schnell konkurrenzfähig zu konventionell erzeugter Energie werden. Seeliger plädierte dafür, den Kommunen die Entscheidungshoheit über den Bau von Photovoltaik-Anlagen auf Ackerflächen zu überlassen.
Beim Thema Vertrauensschutz erklärten die Experten ebenfalls sehr einhellig, dass es wichtig sei den Investoren Planungssicherheit zu geben. Sie warnten vor kurzfristigen Änderungen, wie sie teilweise in dem Entschluss des Bundeskabinetts enthalten sind. Gerade mittelständische Unternehmen hätten bereits hohe Vorfinanzierungskosten für Photovoltaik-Projekte geleistet, die sie eventuell abschreiben müssten, wenn die Anlagen wegen der geänderten Förderung nicht realisiert würden, so LBBW-Analyst Seeliger. Er warnte, dass dies einige Firmen in Existenznot bringen könnte. Auch das Handwerk hofft auf eine Verlängerung der Fristen für Planungs- und Umsetzungszeiten um zwei bis drei Jahre. Sonst blieben voraussichtlich viele Betriebe auf ihren bereits getätigten Kosten sitzen, sagte Alexander Neuhäuser vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) im Umweltausschuss.
Die IG Metall hatte im Vorfeld der Sitzung zu einer Demonstration aufgerufen. Vor dem Sitzungssaal mahnten die Gewerkschaftler, dass mit der Solarbranche in Deutschland 70.000 Arbeitsplätze verbunden sind, darunter viele Jobs in der Industrie. Das EEG habe positive Einflüsse auf die Gesamtentwicklung, sagt Angelika Thomas vom Vorstand der IG Metall. Eine Absenkung von mehr als zehn Prozent würde viele Arbeitsplätze bei Photovoltaik-Unternehmen gefährden. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise habe den deutschen Herstellern bereits zu schaffen gemacht. 2009 habe die Zahl der Arbeitsplätze in der Photovoltaik-Industrie in Deutschland erstmals stagniert. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) war nicht zur Anhörung im Umweltausschuss geladen. (Sandra Enkhardt)