Der BSW Solar hat deutlich gemacht, dass er gegen die Einbeziehung des Eigenverbrauchs in die EEG-Umlage klagen wird, wenn diese Regelung im weiteren Gesetzgebungsprozess nicht gestrichen wird. Auch die Verbraucherschützer würden sich der Klage anschließen.
Die Solarwirtschaft steht in den Startlöchern auf dem Weg zum Bundesverfassungsgericht. Nachdem die Bundesregierung gestern die Belastung von selbst verbrauchtem Solarstrom mit einer EEG-Umlage beschlossen hat, macht der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) klar, dass die Branche vor dem obersten deutschen Gericht dagegen klagen wird. Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar stellt auch klar, dass es sich dabei nicht um eine Drohkulisse handelt, auch wenn er dafür plädiert, die Regelung noch im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu kippen. Er ruft deshalb die Abgeordneten im Bundestag und die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf, hier auf Nachbesserungen zu drängen. „Auf der einen Seite werden die großen Industrieanlagen, die ihren Eigenstrom in der Regel mit fossilen Energieträgern erzeugen und damit die eigentlichen Verursacher der Treibhausgasemissionen sind, geschont und im Gegensatz sollen die kleinen Verbraucher, die in den Klimaschutz investieren, stärker belastet werden. Das passt mit unserem Rechtsempfinden nicht zusammen“, erklärt Carsten Körnig. „Deshalb haben wir die rechtliche Überprüfung der Regelung in Auftrag gegeben.“
Gleich zwei verfassungsrechtliche Bedenken
Diese rechtliche Überprüfung hat die Verwaltungsrechtlerin Margarete von Oppen übernommen und gleich zwei Punkte herausgearbeitet, die nicht mit den Grundsätzen der Verfassung vereinbar sind. „Da ist zum einen die Frage, greift die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch in den Gleichheitssatz der Verfassung ein und ist dieser Eingriff gerechtfertigt“, erklärt von Oppen. „Wir kommen zu der Ansicht, dass ein Eingriff in den Gleichheitssatz stattfindet, dass aber erhebliche Zweifel bestehen, dass dieser Eingriff gerechtfertigt ist.“ Schließlich darf der Gesetzgeber nur in den Gleichheitssatz eingreifen, wenn er das auch sachlich begründet. „Ein sachlicher Grund für die Befreiungen sind hier zum einen die Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Industrie, zum anderen bei dem Kraftwerkseigenverbrauch die günstige Stromerzeugung“, erläutert die Verwaltungsrechtsexpertin. „Da muss man aber den Zweck der EEG-Umlage daneben halten. Der ist, die Erzeugung klimaschädlichen Stroms einzudämmen oder zu verhindern.“ Damit sitzt der Gesetzgeber in der Klemme. Denn er verfolgt hier zwei Gründe, die in einen Ausgleich gebracht werden müssen. „Hier lässt sich mit guten Argumenten begründe, dass dieser Ausgleich nicht gelingt“, sagt von Oppen. „Denn die Befreiung der stromintensiven Industrie und des Kraftwerkseigenverbrauchs fördern vor allem die Nutzung und Erzeugung klimaschädlichen Stroms. Da ist tatsächlich die Frage, ob es sein kann, dass derjenige, der klimafreundlichen Strom erzeugt und verbraucht, schlechter gestellt wird.“
Eingriff in die Handlungsfreiheit
In einem zweiten und noch viel bedeutenderen Punkt ist die Einbeziehung des Eigenverbrauchs in die EEG-Umlage verfassungsrechtlich bedenklich. Denn es ist ein unzulässiger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit. Das heißt, die wirtschaftliche Betätigung wird durch die Belastung des Eigenverbrauchs mit einer EEG-Umlage behindert. „Es fehlt zum einen an den rechtlich erforderlichen Sach- und Verantwortungszusammenhang zwischen dem Eigenverbrauch von Solarstrom und dem Zweck der EEG-Umlage“, erklärt Margarete von Oppen. „Der Aspekt, unter dem das verfassungsrechtlich zu prüfen ist, ist die Frage der Indienstnahme Privater für Allgemeinbelange. Konkret bedeutet das: Ist es gerechtfertigt, dass die Betreiber von Solarstromanlagen mit dem Eigenverbrauch die Energiewende mit finanzieren müssen. Schließlich wird die EEG-Umlage erhoben, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern. Allerdings soll das durch die Belastung der Verursacher der klimaschädlichen Stromerzeugung passieren. Deshalb wird er auch bei den Energieversorgern verankert. Denn eigentlich müssen die Netzbetreiber die EEG-Umlage bezahlen. Sie haben nur gesetzlich das Recht, diese auf den Stromverbraucher abzuwälzen. „Der solare Eigenversorger nimmt aber gerade nicht an dieser klimaschädlichen Stromerzeugung teil und zwar unabhängig davon, ob er zu 100 Prozent oder teilweise den Strom aus seiner Anlage selbst verbraucht“, sagt von Oppen. „Insofern ist das schon kein zureichender Sach- und Verantwortungszusammenhang.“ Immerhin hat der Eigenerzeuger aber die Möglichkeit, die restlichen Strommengen, die er nicht selbst erzeugt, aus dem öffentlichen Netz zu beziehen. Damit könnte er möglicherweise von der öffentlichen Stromerzeugung profitieren. „Das ist aber kein zureichender Verantwortungszusammenhang, weil dieses Recht, Strom aus dem öffentlichen Netz zu beziehen, jedermann zusteht. Das ist keine Sondervorteil, den er Eigenerzeuger da für sich in Anspruch nimmt“, erklärt von Oppen. „Außerdem haben wir erhebliche Zweifel, dass der Eigenverbraucher sich missbräuchlich verhält, weil er die EEG-Umlage umgeht, wie es die Regierung behauptet. Denn der Eigenverbraucher macht sich wirtschaftlich eigenständig, was den Zweck der EEG-Umlage verfolgt. Er produziert und verbraucht nämlich klimafreundlichen Strom ohne dass er dafür eine Förderung in Anspruch nimmt.“
Der genaue Weg steht noch nicht fest
Mit dieser Argumentation, so ist sich Margarete von Oppen sicher, lässt sich das Verfassungsgericht zu überzeugen. Allerdings ist der Weg einer Verfassungsklage sehr lang. „Das kann bis zu zwei Jahre dauern“, erklärt Carsten Körnig. „Deshalb ist es nicht der Selbstzweck zu klagen. Denn die Solarbranche hat nicht die Zeit, zwei Jahre zu warten.“ Es gibt aber zwei Wege zur verfassungsrechtlichen Überprüfung. In der Regeln werden sogenannte Hauptsacheverfahren geführt, die tatsächlich sehr lange dauern. „Der Vorteil dabei besteht aber in einer Chance, dass sie das Gericht ernsthaft mit dem EEG auseinandersetzt“, erklärt Margarete von Oppen. Das ist im sogenannten Eilverfahren nicht gegeben. „Das Problem beim Eilverfahren ist, dass wir dann darlegen müssen, dass das Gesetz erhebliche Nachteile für die Anlagenbetreiber im Eigenverbrauch hat“, sagt die Verwaltungsrechtlerin. „In der Regel ist das Bundesverfassungsgericht aber nicht gewillt, die Interessen der Verbraucher in dem Maße ernst zu nehmen, wie es dafür notwendig wäre.“ Deshalb plädiert von Oppen für ein Hauptsacheverfahren. „Wenn das Verfassungsgericht dann die Regelung kippt, kann die schon gezahlte EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch zurückgefordert werden“, betont sie. Ob die Investoren dieses Risiko aber eingehen, bleibt abzuwarten.
Verbraucherschutz sitzt mit im Boot
Auch der BSW Solar ist sich noch nicht sicher, welchen Weg er gehen will. Eines ist aber klar: Die Branche ist nicht allein. Denn immerhin hat sie mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband einen erfahrenen und starken Partner mit im Boot. „Eine Abgabe auf umweltfreundlichen Solarstrom ist Unsinn. Wir plädieren dafür, vollkommen auf die Umlage auf Eigenverbrauch zu verzichten“, erklärt Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik und Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbands. „Die Eigenerzeugung von Solarstrom ist wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Doch die aktuellen Pläne bremsen die Verbraucher aus, die zu einer umweltfreundlichen Stromerzeugung beitragen. Es gibt aber auch deutliche Signale aus den Regierungsparteien, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Wir würden auch gern vermeiden, dass wir klagen müssen. Deshalb wollen wir der Politik deutlich machen, welche Konsequenzen das haben könnte, wen sie das Gesetz so beschließt. Ich hoffe sehr, dass auch diese Elemente in der politischen Debatte noch ziehen, so dass wir das nicht juristisch ausfechten müssen.“ (Sven Ullrich)