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Bürger wollen Energiewende

Eine Umfrage von TNS Emnid hat ergeben, dass die breite Mehrheit der Deutschen die Energiewende unterstützen. Dabei sollten aber nicht die Energiekonzerne vorangehen, sondern die Bürger sollten noch stärker an der Energiewende teilhaben können. Das fordern sie von einer neuen Bundesregierung.

Die Energiewende erfreut sich breiter Unterstützung in der Bevölkerung: Insgesamt 84 Prozent der Deutschen wollen schnellstmöglich eine Energieversorgung aus 100 Prozent erneuerbaren Energien. Das ist eines der zentralen Ergebnisse des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag der Kampagne „Die Wende – Energie in Bürgerhand“. Die Meinungsforscher befragten nach der Bundestagswahl 1.019 Personen unter anderem über die Ziele hinsichtlich der Energiewende, die eine neue Bundesregierung verfolgen sollte. "Die große Mehrheit der Deutschen will, dass die Energiewende engagiert fortgesetzt wird. Ein Abbremsen soll es nicht geben“, kommentiert Hubert Weiger, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Ergebnisse der Umfrage. „Die Energiewende soll dezentral, gerechter und von den Bürgerinnen und Bürgern selbst gestaltet werden. Dies alles gilt für Sympathisanten sämtlicher im Bundestag vertretenen Parteien. Deren klare Positionen müssen die möglichen Regierungskoalitionäre bei ihren morgen beginnenden Sondierungen berücksichtigen“, sagt er.

Vorrang für Bürgerenergie

Schließlich haben die Meinungsforscher die Bürger nicht nur nach den Zielen, sondern auch nach dem Weg befragt, wie diese Ziele erreicht werden sollten. Dabei sprachen sich immerhin noch 79 Prozent der Befragten dafür aus, dass die Bürger vor Ort an der Energiewende beteiligt werden sollen. Drei Viertel der befragten Bundesbürger sind sogar der Meinung, dass dezentrale, erneuerbare Energien in Bürgerhand den Vorrang haben sollten vor erneuerbaren Energien der großen Stromkonzerne haben. Zugleich meinen lediglich 22 Prozent der Deutschen, dass die Energiewende allein dem Markt überlassen werden sollte.

Bürger wollen sich beteiligen

Dabei würden die Bürger die Investitionen in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien nicht den Stromkonzernen überlassen. Immerhin 29 Prozent der befragten Bundesbürger würden auf jeden Fall oder wahrscheinlich in eine Erzeugungsanlage investieren, wenn sie in unmittelbarer Umgebung geplant wird. Weitere 36 Prozent machen das von bestimmten Kriterien abhängig. Nur gut ein Drittel der Befragten würde sich nicht an einer Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien beteiligen. Die Bereitschaft zur Investition in eine Bürgersolaranlage oder in einen Bürgerwindpark hängt nicht von den Einkommensverhältnissen ab. Denn Beteiligungen sind schon mit geringen Summen möglich. So würden sich 36 Prozent der Befragten mit einem Einkommen von weniger als 1.000 Euro nicht an einer solchen Anlage beteiligen. Bei den Befragten mit einem Einkommen über 2.500 Euro liegt der Anteil derjenigen, die einer eigenen Beteiligung ablehnend gegenüberstehen, mit 35 Prozent nur geringfügig darunter. „Jeder Dritte der von Emnid Befragten würde sich auf jeden Fall oder wahrscheinlich an Erneuerbare-Energien-Anlagen in seiner Nähe finanziell beteiligen“, sagt Luise Neumann-Cosel, Vorstand und Sprecherin der Genossenschaft „BürgerEnergie Berlin“. „Das sind über 20 Millionen potentielle Investoren, die Lust auf eine engagierte Fortsetzung der Energiewende haben. Eine neue Bundesregierung sollte Politik für diese Bürger machen und nicht für einige wenige Energiekonzerne, deren Interesse vor allem das Ausbremsen der erneuerbaren Energien zu sein scheint.“

An den Interessen vorbei regiert

Dass die Politik bisher eher an den Interessen der Bürger vorbei regiert hat, zeigen die Antworten auf die Frage, welche Interessen bisher vorrangig berücksichtigt wurden. Auf diese Frage antworten 55 Prozent der Befragten, dass die Politik die Interessen der Energiekonzerne zu stark berücksichtigt. Auf der anderen Seite sind 58 Prozent der Befragten der Ansicht, dass die Politik die Interessen der Bürgerenergiegenossenschaften zu wenig berücksichtigt.

Kosten gleichmäßig verteilen

Dabei sollten nicht nur die Gewinne, sondern auch die finanziellen Belastungen, auf alle Schultern gleichmäßig verteilt werden. Dieser Ansicht sind 83 Prozent der Befragten. Das ist ein klares Votum gegen die Ausweitung der Ausnahmen bei der EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen. Die Industrie sollte demzufolge stärker als bisher an den Kosten der Energiewende beteiligt werden. „Im Interesse ihrer Wähler sollten sich die Parteien im Bundestag darauf einigen, die Kosten der Energiewende zwischen Industrie und Verbrauchern gerechter zu verteilen als bisher", sagte Hubert Weiger. (Sven Ullrich)