Der Bundesrat hat die vom Bundestag verabschiedete EEG-Novelle durchgewinkt. Es wird keine Nachverhandlungen im Vermittlungsausschuss mehr geben. Trotzdem äußern sich zumindest einige Bundesländer sehr kritisch zur Novelle, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen.
Der Bundesrat verzichtet darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um bei der EEG-Novelle nach zu verhandeln. Trotz einiger kritischer Punkte geben sich die Bundesländer mit den Regelungen zufrieden, die der Bundestag nachträglich noch ins Gesetz geschrieben hat, um den Forderungen aus den Ländern zu genügen.
So gibt es jetzt noch weitergehende Regelungen für die Beteiligung von Bürgerenergiegenossenschaften an den Ausschreibungen für die Windkraft. Doch zwei zentrale Forderungen für die Photovoltaik wurden nicht oder nur teilweise berücksichtigt. So wird es keine Ausnahmeregelungen für Bürgerenergiegenossenschaften geben, die sich an Ausschreibungen für die Marktprämie für Solarstrom beteiligen wollen. Damit gelten für Photovoltaikfreiflächenanlagen für alle Bieter die gleichen Bedingungen. Mit Blick auf die zweite Forderung hat sich der Bundesrat mit einer einfachen Verordnungsermächtigung abspeisen lassen. Ob Mieterstromprojekte in Zukunft möglich sein werden, weil die EEG-Umlage auf diesen Strom geringer ausfällt, und ob und wann diese Verordnung kommt, bleibt aber ungewiss.
Industriepolitisches Versagen
Während Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, die EEG-Novelle als einen Schritt in die richtige Richtung lobt, kommt Kritik vor allem aus dem Norden. Mit Blick auf die Verschlechterungen bei den Ausbauzielen der Offshore-Windkraft gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung attestiert Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen, dem Bundestag ein Versagen bei der Industriepolitik. Denn jetzt sollen die Ausbaumengen drastisch geringer ausfallen und in einigen Jahren soll der Zubau sogar ganz zu m Stillstand kommen. Ob diesen holprigen Pfad die Hersteller, die Zulieferer und die Installationsunternehmen überleben, wagt er zu bezweifeln. In ähnlicher Form kritisiert auch Carsten Sieling, Bürgermeister von Bremen, die EEG-Novelle, wie sie vom Bundestag verabschiedet wurde.
Ohne Bürgerenergie leidet die Akzeptanz
Kritik kommt aber auch aus Rheinland-Pfalz. Für Ulrike Höfken, Umweltministerin aus Mainz, steht außer Frage, dass die EEG-Novelle nicht nur ein industrie-, sondern auch klimapolitisches Desaster ist. „Letztlich sind mit dem jetzt vorliegenden Gesetz die Ziele des Klimaschutzes nicht zu erreichen“, urteilt sie und verweist auf die heftigen Regelfälle in Süd- und Westdeutschland, die nicht nur Sachschaden angerichtet, sondern auch Menschenopfer gefordert haben. Inhaltlich kritisiert sie vor allem, dass die Ausnahmeregelungen für Bürgerenergiegenossenschaften bei Ausschreibungen nicht weit genug gehen. „Trotz der Änderungen durch den Bundestag werden Dezentralität und Bürgerbeteiligung als Garanten der Energiewende nicht ausreichend verfolgt“, betont sie. „Das Ausschreibungsverfahren insgesamt benachteiligt gerade mittelständische Unternehmen und gefährdet die Basis des bisherigen Erfolges und die Akzeptanz.“
Netzausbau wurde vernachlässigt
Vor allem was die Photovoltaik betrifft, hat sie nicht Unrecht. Mit Blick auf den Netzausbau, der in den vergangenen Monaten herangezogen wird, um die Energiewende auszubremsen, wirft sie der Bundesregierung falsche Prämissen vor. „Wir haben die Situation, dass der Netzausbau in den vergangenen 40 Jahres sträflich vernachlässigt wurde“, sagt Höfken. „Wir haben hier einen riesigen Investitionsstau. Gleichzeitig die Überkapazitäten im Bereich der Fossilen nicht abgebaut werden, denn das ist der eigentliche Grund für die Probleme und die entlastenden Effekte dezentraler Energieerzeugung nicht ausreichend genutzt werden.“
Höfken befürchtet, dass die Strompreise für die Verbraucher bei langsamerer Energiewende eher steigen werden. Damit hätte die Novelle ein zentrales Ziel verfehlt. Dem widerspricht der Chef der sächsischen Staatskanzlei in Dresden und sächsischer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten Fritz Jaeckel. Er geht davon aus, dass die Preise eher sinken. Doch bezieht er sich auf die Gestehungspreise für den Ökostrom, während Höfken von den Verbraucherpreisen spricht.
Den Blickwinkel erweitern
Der Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein Robert Habeck fordert die Bundesregierung auf, den Blick auf die Energiewende zu erweitern. Dieser ist viel zu sehr auf die Stromwirtschaft konzentriert. Die Bundesregierung sei nicht in der Lage, von einem Ziel einer Energiewende, die Wärme und Strom einbezieht, aus zu überlegen, welche Instrumente notwendig sind, um diese zu erreichen. Er fordert, der Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität mehr Aufmerksamkeit zu schenken und endlich variable Strompreise zu ermöglichen. „Die Möglichkeiten dafür sind längst da“, sagt er. „Wir verpennen derzeit aber den Fortschritt.“
Gabriels Milchmädchenrechnung
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel behauptet, dass gerade durch die jetzige EEG-Novelle die Sektorkopplung vorbereitet werde, ohne näher darauf einzugehen, was er damit meint. Er verteidigt seine EEG-Novelle und behauptet, dass die Pilotausschreibungen gezeigt hätten, dass die Energiegenossenschaften nicht benachteiligt werden. Denn immerhin hätten sich diese erst beteiligt, als die Preise niedrig waren. Außerdem habe er viel für die Ausnahmeregelungen bei den Windausschreibungen getan. Er sieht die EEG-Novelle vor allem aus betriebswirtschaftlicher Sicht. „Vor fünf Jahren hat die Förderung der Erneuerbaren noch zwölf Milliarden Euro gekostet. Heute kosten die Erneuerbaren den Stromverbraucher 23 Milliarden Euro“, rechnet er vor und bezieht sich dabei auf die Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber. Er erwähnt dabei aber absichtlich nicht, dass das EEG-Konto mit vier Milliarden im Plus ist. Diese Summe bezahlen die Verbraucher zu viel an EEG-Umlage. Auch erwähnt er nicht, dass die Strompreise sinken. Diese Senkungen werden von den meisten Energieversorgern an die Kunden nicht weitergereicht. Zumal diese Senkungen mit einer Steigerung der EEG-Umlage verbunden sind, weil die Berechnung mit einer für das Image der Ökostromerzeugung denkbar schlechten Logik kalkuliert wird.
Zubau nicht behindern
Gabriel will mit der EEG-Novelle die Förderung der Erneuerbaren endlich ausschleichen und sie in den Markt entlassen, in einen Markt der so wenig von Wettbewerb geprägt ist wie kein anderer. Ihm fällt dabei gar nicht auf, dass es – zumindest in der Photovoltaik – längst nicht mehr darum geht zu fördern, sondern es nur darum gehen kann, den Ausbau nicht zu behindern, was mit dieser EEG-Novelle aber offensichtlich erreicht werden soll. (Sven Ullrich)