Könnten Sie mir erst mal etwas zur Geschichte des Unternehmens Axitec sagen?
Axitec hat historisch als „Made in Germany“ begonnen. Das heißt, wir haben ausschließlich bei diversen OEMs hier in Deutschland deutsche Module herstellen lassen. Das war das Markenzeichen von Axitec bis ins vergangene Jahr.
Was hat sich dann geändert?
Die Veränderungen haben mit meinem Eintritt ins Unternehmen im vergangenen Jahr zu tun. Wir haben dann entschieden, dass wir die Strategie ändern und das Unternehmen neu aufstellen. Zuerst haben wir im vergangenen Jahr das Label „Made in Europe“ eingeführt. Das heißt, wir haben auch Module in Osteuropa, also Polen, Bulgarien, Kroatien, aber auch in Frankreich herstellen lassen. Im Zuge dieses Schrittes war es dann nur logisch, auch noch „Made in Asia“ dazuzunehmen. Diese Module haben wir jetzt seit diesem Frühjahr verfügbar. Der nächste Schritt wird sein, dass wir sehr wahrscheinlich im kommenden Jahr den US-amerikanischen Markt in Angriff nehmen und auf „Made in USA“ gehen.
Können Sie rückblickend für 2010 sagen, wie viel Sie produziert haben und wie ihre Pläne für dieses Jahr aussehen?
Letztes Jahr haben wir ungefähr 20 Megawatt produzieren lassen. Wir hatten für dieses Jahr geplant, auf 60 Megawatt zu kommen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob wir das vollkommen erreichen, weil das erste Quartal doch relativ schwach war. Wir gehen davon aus, dass das zweite Halbjahr vor allem in Deutschland und Italien gut läuft. Zumindest sieht es momentan danach aus. Ob es letztendlich 60 Megawatt werden, da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Aber ich denke, an die 40 Megawatt könnten es werden.
Aber im vergangenen Jahr haben Sie schon die ersten Module in Osteuropa produziert?
Wir haben im Herbst mit der Produktion in Osteuropa begonnen.
Wie hoch ist der Anteil der Produktion in Osteuropa?
Vergangenes Jahr lag der Anteil von Deutschland bestimmt noch bei 90 Prozent gegenüber zehn Prozent Herstellung in Europa. In diesem Jahr dreht sich das Ganze um, vor allem auch durch die italienische Gesetzgebung. Das heißt, „Made in Europe“ läuft gerade sehr gut; „Made in Germany“ dagegen fast gar nicht mehr. Ich erwarte für dieses Jahr, dass der Anteil deutscher Module nur noch bei fünf Prozent liegt, der Anteil europäischer bei bis zu 45 Prozent und der Rest wird aus der asiatischen Produktion kommen.
Wie können Sie diese Entwicklung begründen, also dass sich das Verhältnis binnen Jahresfrist so drehen wird?
Das ist eine ganz klare Kosten- und Preisfrage. Wir bieten die Module zu unterschiedlichen Preisen an. Diese orientieren sich an den Herstellkosten. Das ist also nicht einfach unsere Marge, die wir auf den Preis aufschlagen, sondern das sind einfach die Differenzen bei den Herstellkosten, die sich durch die unterschiedlichen Produktionsstandorte ergeben.
Wie hoch ist die Preisdifferenz? Können Sie das ungefähr sagen?
Das ist schwierig. Aber ich würde sagen, es sind immer ungefähr Zehn- bis 15-Eurocent-Schritte zwischen den einzelnen drei Marken. Europa ist dabei in der Mitte und in Asien ist es noch einmal um zehn bis 15 Eurocent günstiger. Das hängt immer davon ab, ob es sich um mono- oder polykristalline Module handelt.
In der Branche gibt es nur wenige Unternehmen, die diese Strategie verfolgen, also gleiche Modultypen zu unterschiedlichen Preisen anbieten. Warum machen Sie das so?
Warum? Vielleicht hat das mit meiner persönlichen Historie zu tun. Ich bin ein Quereinsteiger in die Photovoltaik. Ich komme ursprünglich aus der Serienfertigung, dem Maschinen- und Anlagenbau. Ich bin dann über die Steckverbindungs- und Anschlussdosenherstellung in den Photovoltaikbereich gekommen. Vor 20 Jahren war es auch im Maschinenbau noch ein großes Geheimnis, wo die Maschinen gefertigt wurden. In den letzten zehn bis 15 Jahren hat sich das aber immer weiterentwickelt. Mittlerweile sagen die Unternehmen, aufgrund der Kostensituation müssen wir Teile in der Türkei oder in Polen produzieren lassen. Ich denke, da ist die Photovoltaik vielleicht noch einen Schritt hinterher.
Nun haben Sie dieses Modell auf die Photovoltaik übertragen?
Das war von mir einfach der Gedanke: Warum soll ich dem Kunden sagen, das ist ein deutsches Modul, wenn doch dieses Modul im Prinzip in Polen hergestellt wurde? Ich denke, der Kunde darf wissen, wo es hergestellt wird. Er kann sich dann auch heraussuchen, ob er lieber das deutsche, das europäische oder das asiatische Modul will. Wir geben – unabhängig vom Produktionsstandort – für alle Module identische Garantieleistungen.
Gibt es denn qualitative Unterschiede zwischen den verschiedenen Produktionsorten?
Wir geben nur die geringeren Herstellkosten weiter. Sonst könnten wir auch die Gewährleistungen und Garantieleistungen nicht bei allen drei Marken gleich gestalten. Wir haben immer Mitarbeiter vor Ort, die unsere OEMs auditieren und die auch teilweise während der Produktion vor Ort sind. Zum Beispiel werden in Asien bei jeder Produktion hundert Prozent aller Module von Axitec-Mitarbeitern betreut und kontrolliert. Das heißt, wir haben in Asien ein kleines Team. Es sind immer ungefähr vier Leute in einer Produktionslinie dabei, die ständig unsere Module kontrollieren und auch aussortieren. Ich sehe anhand der Qualitätsstatistik, dass doch einige Module pro Produktionsauftrag aussortiert werden müssen. Über diese Module muss man dann anschließend diskutieren. Das zeigt aber zugleich, dass das System funktioniert.
Konnten Sie Erfahrungen sammeln, wie die Kunden darauf reagieren, dass Sie so offen damit umgehen und dass Sie Module zu unterschiedlichen Preisen anbieten? Oder schauen die Kunden nur auf den Preis?
Ich sage mal: 80 Prozent der Kunden schauen nur auf den Preis. Das ist so im Gebiet der Photovoltaik. Aber sie finden es gut, dass sie die Möglichkeit haben zu wählen. Ich glaube, es geht gar nicht um das Thema Europa oder Asien. Das Entscheidende ist vielmehr, dass sie die Möglichkeit haben zu wählen. Wir liefern an Installateure, und deren Endkunden, die Drei-, Fünf- bis Zehn-Kilowatt-Anlagen haben, die sagen dann: Ich möchte ein deutsches oder ein europäisch produziertes Modul haben. Bei den Großanlagen dagegen geht es eigentlich fast nur über den Preis. Das ist aber irgendwo auch verständlich.
Aber wählen die Kunden das direkt aus oder sind das eher die Installateure, die dann die Wahl treffen?
Es treffen eigentlich die Installateure die Wahl, aber teilweise auf Druck der Endkunden. Also es hängt beides ein bisschenzusammen. Wir versuchen gerade auch, Axitec als Marke nach außen besser darzustellen und das kommt inzwischen auch beim Endkunden an.
Es gibt nun das Gegenargument dazu, dass Sie diese Strategie nur verfolgen, weil Sie ein kleiner Hersteller sind und eben keine etablierte Marke wie First Solar oder Q-Cells. Diese produzieren beispielsweise auch in Asien, aber kommunizieren dies ihren Kunden nicht extra. Also da kostet jedes Modul, egal woher es kommt, genauso viel.
Richtig. Über Wettbewerber möchte ich jetzt nicht viel sagen.
Das ist in Ordnung. Aber was sagen Sie zu der Aussage, dass es eigentlich eine Strategie ist, weil Ihre Marke noch nicht so etabliert ist?
Vielleicht hat es damit zu tun, vielleicht hat es auch mit meiner Historie zu tun. Aber ich denke, dass auch zukünftig immer mehr Modulhersteller in die Richtung gehen.
Also glauben Sie, dass es ein Trend wird?
Ja. Ich würde es auch begrüßen, wenn die Hersteller offener mit dem Thema umgingen. Man darf doch sagen, dass die Zellen aus Taiwan kommen. Man darf auch sagen, dass das Modul in Malaysia hergestellt wurde. Man hat doch gar keine Berührungsängste mehr. Schauen Sie sich ein Auto an. Man weiß doch genau, dass die Einzelkomponenten in Bulgarien, China oder Südafrika hergestellt wurden und vielleicht auch die Montage in Ungarn stattgefunden hat, aber es steht trotzdem BMW, Audi oder Mercedes auf dem Auto. Darum geht es doch, um die Marke an sich. Denn wenn ich eine gute Qualitätssicherung und ein funktionierendes System habe, ist es eigentlich relativ egal, wo ich produzieren lasse – denn die Prozesse müssen stimmen, nicht der Ort ist entscheidend.
Aber wenn Sie sagen, die Prozesse müssen stimmen, nicht die Orte, dann ist es ja doch eigentlich wieder egal, wo ich es produziere. Also dann muss ich ja auch nicht die Module zu unterschiedlichen Preisen verkaufen, wenn ich immer dieselbe Qualität habe?
Provokativ nachgefragt haben Sie Recht. Es ist auch für uns derzeit ein Marketing-Instrument, das gebe ich ganz ehrlich zu. Wir sagen einfach, wir wollen damit nach vorne gehen und wir wollen ein bisschen Vorreiter sein. Ich würde es auch begrüßen, wenn bald andere Markenhersteller unserem Vorbild folgen würden.
Sind die Unternehmen der Solarbranche nicht offen genug?
Mich stört ein bisschen auf dem Markt oder generell in der Photovoltaik, dass man sagt: Wir sind ein deutsches Unternehmen und es sind deutsche Module. Aber eigentlich weiß jeder Insider, dass die Module in Tschechien, in Malaysia oder in China produziert werden. Das finde ich ein bisschen schade, da wir es anscheinend nötig haben, irgendwas darzustellen. Ich habe dabei auch Angst um die Photovoltaikindustrie an sich, dass wir in eine Richtung gedrängt werden. Nach dem Motto: Was ihr sagt, stimmt eh nicht. Bei den Garantien und den Gewährleistungen übertreibt ihr ja auch. Es ist alles nur Marketing.
Was würden Sie sich wünschen?
Mein Wunsch an die Unternehmen ist: Werdet mal ein bisschen offener, sagt, wo ihr die Materialien kauft, wo ihr den Rahmen machen lasst. Das ist doch überhaupt gar kein Problem und das will ich eigentlich zeigen.
Gibt es denn Probleme oder ist Ihnen bekannt, dass die Banken jetzt mehr Probleme machen, wenn der Kunde mit einem asiatischen Modul kommt? Oder gibt es da keine Unterschiede?
Meine Erfahrungen zeigen, dass es da keine Unterschiede gibt. Es kommt eigentlich mehr auf das Standing des Unternehmens an, also wie ist die Marke Axitec bei den Banken etabliert.
Und da stehen Sie gut da?
Das macht eigentlich in der Hinsicht keinen Unterschied. Die Banken wollen sehen, was ist das für ein Unternehmen, was stehen da für Produkte dahinter. Die interessiert Qualität natürlich auch, denn sie wollen keine Regress- oder sonstigen Einbußen oder schlechte Wirkungsgrade haben. Aber im Endeffekt ist es für eine Bank ein Investment, und die wollen natürlich wieder Gewinne damit machen und Geld verdienen.
Können Sie regionale Unterschiede erkennen, dass Kunden in Deutschland dann wirklich europäische oder deutsche Module stärker nachfragen und Kunden in Asien vielleicht in Asien gefertigte? Lässt sich da ein Trend erkennen?
Man kann klar erkennen, in Deutschland ist Asien dominant, weil hier vielleicht doch Geiz geil ist. Das steckt uns Deutschen ein bisschen im Blut: Warum soll ich mehr Geld ausgeben, wenn ich im Prinzip die gleiche Qualität bekomme? Also nehme ich doch gleich das, was weniger kostet.
Was aber der Unterschied in Deutschland ist, dass es hierzulande Kunden gibt, die einfach mit dem Herzen bei der Geschichte sind und das Thema Photovoltaik nicht als das große Investment sehen. Sie sagen eher: Ich will etwas für die Umwelt tun. Wenn ich schon meinen Beitrag leiste, dann will ich mit meiner Drei- oder Vier-Kilowatt-Anlage vielleicht auch die deutsche oder wenigstens die europäische Industrie unterstützen. Die Leute unterscheiden dabei nicht mehr sehr zwischen Europa und Deutschland.
Um wie viel Prozent sind denn die Preise auf dem Photovoltaikmarkt in diesem Jahr aus Ihrer Sicht gefallen?
Die Preise für die asiatischen Module sind in den letzten sechs bis sieben Monaten ungefähr um 20 bis 30 Prozent zurückgegangen.
Und für die deutschen Module?
Die deutschen Modulpreise sind entsprechend fast proportional gesunken. Man darf das dann aber nicht in Prozent ausdrücken, sondern muss es eigentlich immer in Eurocent angeben.
Aber reicht denn dieser Preisrückgang schon aus, um den Photovoltaikmarkt im zweiten Halbjahr richtig anzuschieben?
Für die Quartale drei und vier gehe ich felsenfest davon aus. Man merkt es auch derzeit schon, dass die Nachfrage sehr stark gegenüber dem ersten Halbjahr zugenommen hat. Seit der Intersolar gibt es einen richtigen Schub. In Deutschland boomt es zwar nicht wie im vergangenen Jahr, aber es läuft auf einem sehr hohen Niveau.
Inwiefern ist es gerade in solchen Zeiten wie im ersten Halbjahr 2011 auch ein Vorteil, keine eigene Produktion
zu haben, sondern wirklich auf eine OEM-Fertigung setzen zu können?
Das ist immer eine schwierige Frage. Ich trage mich ständig mit dem Gedanken, eine eigene Produktion aufzubauen, eine zu übernehmen oder eine engere Kooperation einzugehen. Ich war natürlich sehr froh, dass ich zwischen Dezember und April dieses Jahres keine eigene Fertigung hatte. Ich kenne vieleHersteller weltweit und die Auslastung war äußerst dünn, in Deutschland gab es teilweise Kurzarbeit. Andererseits ist eine eigene Produktion, wenn ich auch Produkte weiterentwickeln und neue Sachen ausprobieren will, immer von Vorteil. Man ist schneller, man ist flexibler, man ist unabhängiger. Das ist immer der Spagat zwischen Kosten und Nutzen. Zurzeit ist es für uns so, wie wir uns jetzt aufgestellt haben, eigentlich ideal. Ich will aber nicht ausschließen, dass sich das in Zukunft auch ändern kann.