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EEG-Umlage für Kohle- und Atomkraftwerke gefordert

Eine aktuelle Studie belegt: Der Eigenverbrauch von Strom durch konventionelle Kraftwerke in Deutschland ist nicht zu unterschätzen. Würde dieser zur Finanzierung der Energiewende beitragen, könnte die EEG-Umlage drastisch sinken.

Wenn die Bevorzugung des Eingenstromverbrauchs durch konventionelle Kraftwerke abgeschafft würde, könnte das die Stromkunden um 2,6 Milliarden Euro pro Jahr entlasten. Insgesamt könnte damit die EEG-Umlage um 12 Prozent von derzeit 6,24 auf 5,5 Cent pro Kilowattstunde sinken. Das ist das Ergebnis einer aktuelle Studie von Energy Brainpool im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und von Greenpeace. Die Studie ergab auch, dass ein durchschnittlicher Haushalt im laufenden Jahr 24 Euro mehr zu bezahlen hat, weil der Strom, den fossile oder atomare Kraftwerke selbst verbrauchen, von der EEG-Umlage befreit ist. Auf der anderen Seite will Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel den Eigenverbrauch Erneuerbarer-Energien-Anlagen künftig mit der EEG-Umlage belasten. Die beiden Umweltverbände fordern deshalb, mit der Reform des EEG die Bevorzugung von Kohle- und Atomkraftwerken sowie von Braunkohletagebauen zu beenden und diese an der Finanzierung der Energiewende zu beteiligen. „Sigmar Gabriel führt die Energiewende ad absurdum: Kohle- und Atomkraftwerksbetreiber sollen weiter jährlich 2,6 Milliarden Euro für den Stromeigenverbrauch geschenkt kriegen, während für den selbst verbrauchten und sauberen Strom aus Anlagen für erneuerbare Energien in Zukunft EEG-Umlage gezahlt werden soll, kritisiert die Energieexpertin des BUND Daniela Setton. „Umweltministerin Barbara Hendricks will aus Gründen des Klimaschutzes Kohlestrom zurückdrängen. Dafür muss sie sich mit Gabriel anlegen, sonst verkommt das Erneuerbare-Energien-Gesetz zum Subventionstopf für Umweltverschmutzer.“

Strom für Förderbänder und Pumpen bleibt befreit

Der Eigenverbrauch bezieht sich dabei auf den notwendigen Energieeinsatz, damit die Kraftwerke überhaupt Strom erzeugen können. Dazu betreiben diese Förderbänder und Pumpen, mit denen der Brennstoff dem Kraftwerk zugeführt wird. Außerdem brauchen sie Wasserpumpen im Dampfkraftprozess und die Rauchgasreinigung Strom, der von der EEG-Umlage befreit ist. „Die größten Profiteure dieser Regelung sind die ineffizientesten und ältesten Kohlekraftwerke, deren Eigenverbrauch am höchsten ist“, sagt Tobias Austrup, Energieexperte von Greenpeace. So haben die Braun- und Steinkohlekraftwerke in Deutschland im Jahr 2012 zusammen 254,7 Terawattstunden ins Netz eingespeist. Zusätzlich mussten sie 22,3 Terawattstunden produzieren, um die eigene Stromproduktion aufrecht zu erhalten. Das sind satte 8,75 Prozent. Im Gegensatz dazu lag Einspeisung der Erdgaskraftwerke, die viel weniger Treibhausgase ausstoßen, bei 67,9 Terawattstunden im Jahr 2012. Der Kraftwerkseigenverbrauch hingegen lag mit 2,1 Terawattstunden bei gut drei Prozent. Insgesamt brauchen die konventionellen Kraftwerke Deutschlands 33 Terawattstunden Strom, um überhaupt selbst Strom produzieren zu können. Für diesen Eingenverbrauch leisten die Kraftwerksbetreiber auch in Zukunft keinen Beitrag zur Finanzierung der Energiewende. Zum Vergleich: Alle Anlagen der erneuerbaren Energien speisten im Jahr 2012 zusammen 134,1 Terawattstunden Strom ins Netz ein und haben dafür 2,1 Terawattstunden aufgewendet. Das sind etwa 1,6 Prozent.

Schmutzigste Kraftwerke profitieren am meisten

Auf dieser Basis haben die Autoren den Eigenverbrauch der Kraftwerke im Jahr 2013 hochgerechnet, da die Angaben noch nicht veröffentlicht sind. Sie sind dabei davon ausgegangen, dass der prozentuale Anteil des Eigenverbrauchs gleich geblieben ist. Insgesamt liegt der Eigenverbrauch der konventionellen Kraftwerke in den gleichen Größenordnungen wie 2012. Doch da die Kernkraft zurückgefahren wurde und die Kohlekraftwerke mehr Strom produziert haben, stieg deren Eigenverbrauch auf 25,1 Terawattstunden. „Die Stromkunden müssen mit der EEG-Umlage nicht nur die Subventionen für die Großindustrie bezahlen, sondern auch noch die dreckigsten Energieträger direkt subventionieren. Das ist eine unsoziale und unökologische Farce auf Kosten des Klimas und der Verbraucher“, betont Austrup. „Die Studie von Energy Brainpool hat jetzt wissenschaftlich untermauert, was der Bundesverband Erneuerbare Energie schon lange sagt: Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass ausgerechnet die Betreiber von Braunkohletagebauen und Atomkraftwerken bei der Ökostromumlage entlastet werden und die Produzenten von grünem Strom sowie die Verbraucher die Zeche dafür zahlen“, ergänzt Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE). „Hier müssen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks unter Beweis stellen, dass sie ihre Bekenntnisse zum Klimaschutz ernst meinen.“

Preissignale an der Börse drängen Konventionelle weiter zurück

Die Umweltverbände erwarten, dass die Einbeziehung des Eigenverbrauchs der konventionellen Kraftwerke bei der Finanzierung der Energiewende positive Impulse im Strommarkt auslöst. Durch die parallel leicht steigenden Börsenstrompreise erhöhen sich auch die Verkaufserlöse für Strom aus erneuerbaren Energien. Zudem würde mit der EEG-Umlage für den Eigenverbrauch der Kraftwerke die Stromproduktion deutscher Steinkohlekraftwerke um etwa ein Zehntel sinken. Das wiederum verringert den viel zu hohen deutschen Export von Kohlestrom um etwa die Hälfte. Zugleich würden die nationalen Treibhausgasemissionen auf diese Weise um jährlich 2,7 Millionen Tonnen geringer ausfallen. (Sven Ullrich)