Fuhs: Wie viele Anlagen haben Sie denn letztes Jahr nach Deutschland verkauft?
Fath: Es sind schon ein paar Anlagen gewesen, die in Deutschland eingesetzt wurden und werden. Aber es ist im Gesamtvolumen der von uns verkauften Anlagen natürlich nur ein kleiner Teil, der an deutsche Unternehmen verkauft wurde, die sie dann auch in Deutschland eingesetzt haben. Ein Satz noch zu den Forschungsinstituten: Ich finde es sehr wichtig, dass wir in Deutschland führend in diesem Sektor sind.
Fuhs: Warum nicht?
Fuhs: Herr Fath, ist das der Grund, warum Sie den größten Teil nach Asien verkaufen?
Fischbeck: Die reinen Zinskosten unterscheiden sich zwar nicht. Aber die Möglichkeit, überhaupt erst einmal ein Darlehen zu bekommen für eine Erweiterungsinvestition ist hierzulande anders. Ich kenne keine Bank in Deutschland, die momentan bereit wäre, eine Zellfertigung zu finanzieren, wenn die Firma keine Vermögenswerte als Sicherheiten hat. Sie müssten quasi Gold als Sicherheit hinterlegen.
Fuhs: Ich fass das einmal kurz zusammen. Sie, Herr Fath, sagen, technologisch und was die Produktionskosten angeht, wäre es durchaus sinnvoll, hier zu produzieren. Sie, Herr Fischbeck, sagen: Na ja, eigentlich ist das fast egal, denn die Banken geben kein Geld. Liegt das daran, dass die Banken in Deutschland dumm sind?
Fath: Jetzt muss ich dahingehend weiter präzisieren. Wenn man die Total Cost of Ownership durchrechnet, dann stellen wir fest, dass die Kosten in Deutschland maximal 7 Prozent über denen in Asien liegen. Wenn man alles richtig macht und wenn man das Made in Germany thematisiert - es gibt auch gewisse Qualitätsunterschiede - kann man diesen leichten Kostenunterschied wieder wettmachen.
Fath: Jetzt muss ich da auch gleich wieder einhaken. Meine Aussage gilt, wenn man sich einen reinen Zellhersteller anschaut und Äpfel mit Äpfeln vergleicht, also nicht eine Gigawattfabrik in Taiwan mit einer Hundert-Megawatt-Fabrik in Europa. Dann gibt es natürlich, was die Standortfaktoren betrifft, einen gewissen Kostenvorteil in China. Wenn ich jetzt wiederum China mit Taiwan vergleiche, gibt es da schon ein leichtes Kostendelta. Und wenn ich dann den Vergleich von Taiwan zu Deutschland mache, gibt es auch noch ein kleines Delta von vielleicht ein zwei bis drei Prozent. Da nehmen wir die gleiche Qualität an.
Fath: Da halte wieder dagegen: Wir müssen auch die Innovationsgeschwindigkeit berücksichtigen, die die Photovoltaik an den Tag legt. Nehmen wir an, ich bin ein neuer Investor. 500 Megawatt will ich in Europa, Deutschland, Taiwan oder China aufbauen. In den letzten drei, vier, fünf Jahren hat sich eine aggressive Innovationsschraube gedreht Das heißt, ich brauche ständig neue Techniken, Upgrades und neue Linien. Wo kommen diese neuen Techniken her? Die kommen zu einem überwiegenden Teil entweder von den deutschen Maschinenbauern oder von den deutschen oder europäischen Forschungsinstituten. Dann sage ich als Produzent in Deutschland: Okay, ich setze mir die neueste Linie hin. Dann bekomme ich den engen Support durch die Maschinenbauer. Ich habe den Schulterschluss mit den deutschen Instituten, die mir Innovationen liefern oder sie begleiten können. Dann kann ich die Innovationsschraube besser und schneller drehen als andernorts bei Unternehmen, die geografisch weiter weg sind und die eine Sprachdifferenz haben.
Fischbeck: Entschuldigung, hier muss ich auch noch mal widersprechen. Am Ende trifft die Investitionsentscheidung nicht die Bank. Was Peter hier gesagt hat, könne man erst mal für plausibel halten. Fakt ist aber doch: Gerade bei diesen Innovationen spielt es eben eine Rolle, ob der Kunde, an den ich diese Innovationen liefere, heute eine 500- oder 800-Megawatt-Zellkapazität hat oder ob er heute bereits schon eine drei oder fünf Gigawatt-Zellkapazität hat. Das ganze Upgrade-Geschäft ist viel spannender, wenn ich fünf Gigawatt upgrade als wenn ich 500 Megawatt upgrade. Auch da spielen die Realitäten eine Rolle.
Fuhs: Aber dann würde ich gerne noch eine Sache wissen: Warum gelingt es nicht, Investoren und Banken, in Deutschland oder Europa davon zu überzeugen?
Fischbeck: Ja. Aber noch mal die Frage: Stimmt das denn so? Wir haben ein paar Faktoren außen vor gelassen. Es gibt ja tatsächlich Einkaufsvorteile bei den Verbrauchmaterialien in Asien, zum Beispiel bei Silberpasten für die Kontaktierung. Und da gibt es einen Grund für die Geschäftspolitik der Pasten-Hersteller, warum sie im Zweifelsfall einem Gigawatt-Kunden in China bessere Preise geben als dem Megawatt-Kunden in Europa. Das zementiert einen Wettbewerbsvorteil. Das ist vielleicht ungerecht, aber ich sage mal: Such is Life. Das sind selber freie Unternehmen, sogar westliche Unternehmen. Denen sind ihre chinesischen Kunden wichtig. Und die wissen, wenn sie einem großen Kunden in China einen Preis X genannt haben, weiß das drei Tage später auch dessen Hauptwettbewerber, wie die Konditionen waren. So funktioniert das in China. Dadurch kommen sie von einmal gemachten Preiskonzessionen nicht mehr herunter.
Fath: Ja. Wir schauen uns auch das Verbrauchsmaterialgeschäft an und es gibt Statistiken, welche Firma mit welchem Einkaufsvolumen welchen Preis bekommt. Es gibt teilweise keine eins-zu-eins-Korrelation zwischen Größe und Einkaufspreis. Was man feststellt, ist, dass es manchen europäischen Kunden nicht so gut gelingt wie den chinesischen,mit dem Lieferanten eine aggressivere Einkaufsverhandlung zu führen und ein aggressiveres Preisniveau zu definieren.
Fuhs: Solarworld sagt ja ganz explizit, sie bleiben hier.
Fath: Also, mein Ansatzpunkt ist nach wie vor: Macht es Sinn, von den Produktionskosten, von mir aus inklusive Finanzierungskosten, in Deutschland zu produzieren? Da sagt der Fath: Ja. Wenn es Unternehmen gibt, die an den Standort Malaysia gehen, dann spielen andere Faktoren eine Rolle als die nackten reinen Produktionskosten.
Fath: Auf jeden Fall. Wie für jedermann. Wir drehen uns im Kreis. Es ist eine Frage der Industriepolitik, der Standortpolitik, die zu einer Investitionsentscheidung führt. Und es ist eine Frage der Finanzierung. Aber ich sage nach wie vor: es ist nicht eine reine Frage nach den Produktionskosten, wenn man alles richtig macht.
Fath: Aber es gibt ja noch andere Faktoren. Finde ich zum Beispiel in Malaysia die qualifizierten Ingenieure? Zum Vergleich: An einem Standort irgendwo in Ostdeutschland finde ich alle möglichen Spezialisten und Ingenieure, auch mit Nähe zum Maschinenbau. Es sind aber nun mal diese nicht technisch oder produktionstechnisch getriebenen Standortfaktoren, die Firmen trotzdem bewegen, teilweise abgelegenen Regionen ein Werk hinzubauen.
Fuhs: Wie ist das bei konkreten Unternehmen?
Fuhs: Ist es nicht eine Bedrohung für den Maschinenbau, wenn die ganzen Fertigungen nur noch in Asien stehen?
Fuhs: Herr Fath, sehen Sie es bei Centrotherm auch so, dass Sie nur noch Ihre Maschinen nach Asien verkaufen können?
Fuhs: Das muss ja nicht so bleiben.
Fuhs: Ich will noch mal zurückkommen auf das eigentliche Thema. Ist es denn so schlimm, wenn es hier in Deutschland und Europa keine Zellproduktion mehr gibt? Sollten wir uns nicht darüber freuen, dass es asiatische Firmen gibt, die mit so wenig Renditeerwartung Zellen fabrizieren, woran vielleicht sowieso nicht viele Arbeitsplätze gebunden sind?
Fuhs: Herr Fath, finden sie das auch nicht so schlimm ist, wenn wir hier keine Zellen mehr produzieren?
Fuhs: Abgesehen davon, gibt es übergeordnete Ziele, warum es wichtig wäre, Zellproduktion hier zu halten?
Fuhs: Wenn man sich dafür entscheidet, was könnte denn wer dafür tun?
Fuhs: Die Fertigungs-Technologie im Dünnfilmbereich liegt in der Hand der Hersteller und nicht in der Hand von Maschinenbauern, wie bei den kristallinen Zellen?
Fath: Wir sehen ein prognostiziertes Marktvolumen von vielleicht 15 Prozent für Dünnfilmmodule. Bei CIGS im produktionsnahen Umfeld gibt es derzeit vielleicht zehn verschiedene technologische Ansätze. Man muss gigantisch investieren und braucht viel Kapital.
Fath: Aber nicht bei allen steht ein großer Player dahinter. Und auch die großen Player werden jetzt genau schauen, was mit First Solar passiert und ob es die eigenen Technologen wirklich hinbekommen.