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Erst der Anfang

Was bedeutet der Einstieg von Bosch bei Ersol für die Solarbranche?

Es ist nun davon auszugehen, dass Bosch Ersol dabei unterstützen wird, die integrierte Wertschöpfungskette auszubauen. Und dies in einer Größenordnung, die das Erfurter Unternehmen in Konkurrenz treten lässt zu Solarworld und Q-Cells. Ansonsten würde der Einstieg von Bosch keinen Sinn machen. Denn die kritische Größe, die Ersol bislang aufweist, ist zu gering, um auf Dauer konkurrenzfähig zu sein.

Der Kaufpreis war sehr hoch. Was macht Ersol für Bosch so kostbar?

Zum jetzigen Zeitpunkt war der Einstieg für Bosch noch halbwegs finanzierbar. Und Ersol bietet eine aussichtsreiche Kombination aus Technik und Know-how. Das Unternehmen hat das Potential, über den Ausbau zur integrierten Wertschöpfung auf dem Weltmarkt eine Rolle zu spielen. Noch dazu kommt, dass sich für Bosch die Option eröffnet, die Photovoltaik mit dem Heizungsgeschäft zu kombinieren. Schließlich besitzt Bosch mit Buderus einen großen Spieler aus dem Bereich der Solarthermie. Über Buderuskann Bosch in Zukunft Zwei-Komponenten-Produkte anbieten, also Solarthermie und Photovoltaik aus einer Hand für ein Dach. Hier besteht großes Potential. Denn es ist davon auszugehen, dass Deutschland demnächst im Markt für Solarthermie weltweit eine ähnliche Führungsrolle erlangt wie in der Photovoltaik.

Wie geht es weiter? Wird es noch mehr Übernahmen in der Branche geben?

Es wird dazu kommen, auch wenn man schwer vorhersagen kann, ab wann dies der Fall sein wird. Der Druck wird dabei von den Preisen ausgehen. Niedrigere Preise werden zu neuen Konstellationen zwingen. Viele Solarunternehmen sind zu klein, um auf Dauer attraktive Margen zu erwirtschaften. Und wer bei den Preisen für die benötigten Rohstoffe auf dem falschen Fuß erwischt wird, kann ebenfalls unter Druck geraten.

Welche Unternehmen könnten noch an Zukäufen interessiert sein?

Es ist schwer, hier Namen zu nennen. Es handelt sich um eine strategische Entscheidung, die sich für eine Reihe von Akteurenanbietet. Etwa Unternehmen, die über eine Vertriebsstruktur in Deutschland verfügen und dies mit der Modulproduktion eines deutschen Unternehmens kombinieren wollen. Oder zum Beispiel ein asiatischer Solarproduzent, dem ein deutscher Vertriebsarm fehlt. Bosch ist vergleichsweise früh als Käufer aufgetreten. Es ist davon auszugehen, dass die eigentliche Übernahmewelle in der Solarbranche erst ab Mitte nächsten Jahres einsetzt. Da der deutsche Solarmarkt der weltweit am stärksten fortgeschrittene ist, dürfte dieser Trend hier einsetzen und erst später andere Märkte erreichen.

Wer könnte denn noch übernommen werden?

Als Kandidaten kommen vor allem Modulhersteller in Frage. Allerdings sind

diese im Verhältnis zu ihren Assets schon recht teuer. Am interessantesten sind Unternehmen, die auch schon einen starken Vertrieb haben. Die Berliner Solon AG für Solartechnik wäre ein Beispiel.

Wo liegen bei solchen Übernahmen die Chancen, wo die Risiken?

Entscheidend wird sein, wie stark die übernommenen Solarunternehmen im Vertrieb aufgestellt sind. Käufer könnten hier zum Beispiel den Vertrieb für ihre eigene Produktion sichern. Aber es besteht auch die Gefahr, den Vertriebskanal zu teuer einzukaufen. Ferner kann eine Übernahme helfen, die Wertschöpfungskette abzusichern, zum Beispiel bei der Rohstoffversorgung.

Die Fragen stellte Jürgen Röttger

Überraschender Coup

Die Ventizz Capital Partners Advisory AG hat Anfang Juni mitgeteilt, dass die von ihr betreuten Ventizz-II-Fonds ihre Mehrheitsbeteiligung an der Ersol Solar Energy AG an die Robert Bosch GmbH verkauft haben. Ventizz ist ein Wagniskapitalgeber aus Düsseldorf, der sich stark im Bereich der erneuerbaren Energien engagiert und Ersol 2005 an die Börse gebracht hatte. Für seine Anteile in Höhe von 50,45 Prozent des Grundkapitals erhält er von Bosch 546,4 Millionen Euro in bar. Daraus ergibt sich ein Preis von 101,00 Euro pro Anteilsschein von Ersol. Dieser Preis übersteigt den Aktienkurs, den der Solarkonzern aus Erfurt in den drei Monaten zuvor im Durchschnitt erreichte, um fast 70 Prozent. Am letzten Börsentag vor der Bekanntgabe der Übernahme ging das Wertpapier mit 61,85 Euro aus dem Börsenhandel. Bosch hat angekündigt, für die verbleibenden Ersol-Aktien ein öffentliches Übernahmeangebot zu machen. Die Ersol-Gruppe aus Erfurt entwickelt, fertigt und vertreibt Wafer-basierte Siliziumsolarzellen und Dünnschichtmodule. Sie hat im vergangenen Geschäftsjahr 160 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet und für 2008 sogar 300 Millionen Euro Umsatz in Aussicht gestellt. Der Kaufpreis für das Solarunternehmen entspricht etwa dem Dreifachen des Umsatzes und dem zehnfachen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA). Das Kurs-Gewinn-Verhältnis 2008 beträgt 26. Der Solarkonzern wäre damit preiswerter als die Q-Cells AG, aber teuerer als die Solarworld AG. Diese beiden Konkurrenten sind deutlich größer als Ersol. Das Unternehmen ist jedoch vor dem Einstieg von Bosch eine der wenigen Solargesellschaften gewesen, bei der mehr als 50 Prozent der Aktien in einer Hand lagen. Das erleichtert eine Übernahme deutlich.

„Nachdem sich Ersol in den letzten vier Jahren zu einem bedeutenden und profitablen Solarproduzenten mit derzeit 180 Megawatt Fertigungskapazität entwickelt hat, stellt diese Veräußerung an einen langfristig orientierten industriellen Gesellschafter die beste Option für Ersol sowie für die Fondsinvestoren dar“, erklärt Helmut Vorndran, Sprecher des Vorstands der Ventizz Capital Partners Advisory AG. Er ist zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Ersol AG.

Deren Vorstand nahm die Übernahme nach Unternehmensangaben positiv auf. Mit dem Erwerb von Ersol steigt Bosch auch in das Geschäft mit der Photovoltaik ein. Bislang konzentrierte sich der Konzern aus Gerlingen bei Stuttgart im Bereich der Sonnenenergie auf die Solarthermie. Es liegt nahe, dass er das Aufdachgeschäft seiner Bosch-Buderus-Thermotechnik GmbH mit der Photovoltaikproduktion von Ersol verknüpfen will. Angekündigt wurde bislang nur, dass Bosch den Solarkonzern dabei unterstützen will, weiter zu wachsen. 

Zitat

„Über Buderus kann Bosch in Zukunft Zwei-Komponenten-Produkte anbieten.“

Jürgen Röttger

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