Die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien hat in einem Memorandum eigene Eckpunkte vorgelegt, wie eine Reform des EEG aussehen könnte, ohne die erneuerbaren Energien auszubremsen. Zentraler Punkt ist die Änderung der Ordnung am Strommarkt.
Die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien (Eurosolar) hat als Antwort auf die Eckpunkte von Bundeswirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel für eine EEG-Reform eigene Vorschläge vorgelegt. „Mit den vorgelegten Eckpunkten ist Energieminister Gabriel leider noch auf dem falschen Weg“, sagt Axel Berg, Vorsitzender der deutschen Sektion von Eurosolar. „Die Eckpunkte beschreiben eine kostenintensive und marktwirtschaftlich problematische Variante der Energiewende. Unser Memorandum zeigt den Weg einer schnellen, dezentralen, mittelständischen, marktwirtschaftlichen und daher kostengünstigen Energiewende auf.“
Regenerativer Strom verramscht
Einer der zentralen Punkte ist die Veränderung der Energiemarktordnung, um die kostendämpfende Wirkung der erneuerbaren Energien an die Stromkunden weiterzugeben. Dazu sollte der Wälzungsmechanismus der EEG-Umlage verändert, damit der regenerative Strom an der Börse nicht mehr verramscht wird. „Der bisherige Wälzungsmechanismus führt zu steigenden EEG-Umlagen bei fallenden Preisen an der Strombörse, womit das EEG Opfer seines eigenen Erfolges wird, da die Preise an der Strombörse ja wegen der dort vermarkteten EEG-Mengen sinken“, begründet Stephan Grüger, einer der Autoren des Memorandums. Eurosolar schlägt vor, dass die Stromvertriebsunternehmen wieder anteilig für den Verkauf des regenerativen Stroms an der Börse verantwortlich sind. „Dadurch wird erneuerbarer Strom werthaltiger und belastet die EEG-Umlage weniger“, begründet Eurosolar diese Forderung. Außerdem sollte die preisdämpfende Wirkung des Ausbaus der erneuerbaren Energien durch den Merit-Order-Effekt an der Strombörse auf die EEG-Umlage angerechnet werden. „Wir sind schon heute in der Lage, mit Wind- und Solarenergie zu angemessenen Preisen Strom zu produzieren“, betont Eurosolar. „Jedes weitere Gigawatt neu installierter Photovoltaikleistung erhöht die EEG-Umlage kaum noch. In einem Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden pro Jahr bedeutet ein Zubau von 5 Gigawatt Photovoltaik lediglich Mehrkosten von weniger als 48,3 Cent pro Monat. Darüber hinaus senkt die Photovoltaik die Strompreise an der Strombörse deutlich. Die Preise an der Börse purzeln vor allem wegen der Erneuerbaren. Zugleich wird die Regionalwirtschaft gestärkt, insbesondere das Handwerk. Sogar beim Zubau ausländischer Solarmodule verbleiben nämlich 70 Prozent der Wertschöpfung im heimischen Wirtschaftsraum.“ Eine geplante Verlangsamung des dezentralen Ausbaus der erneuerbaren Energien ist für die Volkswirtschaft der schlechteste Weg und bedeutet für die dynamisch wachsenden regionalen Wertschöpfungsketten den Zusammenbruch.
Belastung des Eigenverbrauchs in der Kritik
Deshalb fordert Eurosolar, an den bisherigen Grundprinzipien festzuhalten. Dazu gehören feste Vergütungssätze, Einspeisevorrang und Planungssicherheit für alle im Inland verfügbaren erneuerbaren Energien. Außerdem spricht sich Eurosolar gegen die verpflichtende Direktvermarktung aus. „Die Vorstellung von einer Marktintegration der erneuerbaren Energien ist vor dem Hintergrund der Strukturen des bestehenden Pseudomarktes völlig absurd“, kritisiert Axel Berg, Vorsitzender der Deutschen Sektion von Eurosolar, „Zumal Kohle- und Atomenergie seit Jahrzehnten mit dreistelligen Milliardenbeträgen subventioniert worden sind.“ Auch die Belastung des marktwirtschaftlich sinnvollen Eigenverbrauchs lehnt Eurosolar ab. Statt dessen sollte die Einführung von Speichern forciert und die Flexibilitätsmärkte reformiert werden. Für Freiflächensolarparks darf es kein teures und bürokratisches Quoten- und Ausschreibungsmodell geben. Dazu kommt die Forderung der Erhöhung des Ausbauziels bis 2020 auf 50 Prozent erneuerbare Energien. Für die Photovoltaik bedeutet das die Abschaffung des absoluten Deckels von 52 Gigawatt und die Abschaffung des Zubaukorridors. Wenn es einen Zubaukorridor gibt, dann sollte der zumindest auf fünf bis sechs Gigawatt pro Jahr erhöht werden. Eurosolar spricht sich vehement für eine stufenweise Reduzierung der Befreiungstatbestände für große Energieverbraucher aus. Das sollte mit Anreizen und der Beratung zur Steigerung der Energieeffizienz kombiniert werden.
Debatte versachlichen
Außerdem fordert Eurosolar, die Debatte um die Energiewende zu versachlichen. „Es ist absurd, wenn die gesetzlich verankerte Transparenz des EEG von der veröffentlichten Meinung zum Dolchstoß gegen das EEG missbraucht wird“, kritisiert Eurosolar. Denn mit einer unverhältnismäßigen Kostendebatte zur transparenten EEG-Umlage wird diese Transparenz bestraft und die Intransparenz im herkömmlichen Energiesystem belohnt. Die intransparente Preisbildung im konventionellen Energiesystem muss unbedingt offen gelegt werden. „Würde man – wie beim transparenten EEG – alle Subventionen für das konventionelle Energiesystem dem Strompreis zurechen, würde dieser zehn Cent pro Kilowattstunde teurer werden“, rechnen die Autoren des Memorandums von Eurosolar vor. „Denn von 1970 bis 2012 ist das konventionelle Energiesystem mit insgesamt rund 611 Milliarden Euro subventioniert worden. Die in Deutschland für die fossil-atomare Energiewirtschaft eingesetzten Subventionen werden – anders als beim EEG – versteckt und verbilligen vermeintlich die Energiepreise. Sie müssen aber von den Bürgerinnen und Bürgern über Steuern, an anderer Stelle teuer bezahlt werden“, betont Eurosolar. (Sven Ullrich)