In einem Eckpunktepapier hat Sigmar Gabriel seine Vorstellungen für eine Novelle des EEG vorgelegt. Neben einer drastischen Kürzung der Förderung will er selbst erzeugten Solarstrom mit einer EEG-Umlage belasten. Sollten diese tatsächlich umgesetzt werden, droht der Ausbau der erneuerbaren Energien zum Erliegen zu kommen.
Verständlicherweise mit Kopfschütteln und Entsetzen reagieren die Branchen der erneuerbaren Energien auf die Vorschläge des Wirtschafts- und Energieministers Sigmar Gabriel (SPD), die Förderung weiter zusammenzustreichen. Das Eckpunktepapier sieht die Kürzung der Einspeisevergütung von Solar- und Windstrom auf durchschnittlich zwölf Cent pro Kilowattstunde vor. Damit will Gabriel die Strompreise für private Kunden und mittelständische Unternehmen stabil halten, indem die EEG-Umlage dadurch nicht mehr steigen soll. Doch was Gabriel dabei vergisst: Die EEG-Umlage wird in den nächsten Jahren ohnehin sinken, wenn der Ausbau im geplanten Rahmen weitergeht. Außerdem liegt die Einspeisevergütung für Solarstrom aus Dachanlagen mit einer Größe ab einem Megawatt ohnehin schon niedriger als der von Gabriel anvisierte Einspeisetarif. Auch die Vergütung von Strom aus kleineren Anlagen wird im Laufe dieses Jahres unter die Marke von zwölf Cent pro Kilowattstunde sinken.
Extrahürde für Photovoltaik
Doch für die Photovoltaik hat sich der Superminister eine weitere Hürde ausgedacht. Denn für die meisten Investoren ist nicht mehr der Einspeisetarif die Entscheidungsgrundlage, sondern die hohen Strompreise, die die Versorger den Kunden aufbürden. Mit Solarstrom sparen sowohl private Haushalte als auch Gewerbetreibende erhebliche Stromkosten, wenn sie ihn selbst verbrauchen. Das macht die Photovoltaik unabhängig von der Förderung durch die Politik. Längst ist Strom aus Photovoltaikanlagen billiger als Strom aus dem Netz. Doch Gabriel will das jetzt unterbinden und die Geschäftsmodelle der Stromversorger retten, indem er den selbst verbrauchten Solarstrom mit einer EEG-Umlage belegen will. „Dies würde verhindern, dass künftig auch Mieter und Gewerbetreibende aktiv die Energiewende vorantreiben können“, warnt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar). Der Branchenverband appelliert an die Bundesregierung, auf das Vorhaben zu verzichten. „Jetzt ist die Energiewende für Jedermann in Gefahr!“, warnt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar. „Statt die Verursacher des Klimaproblems stärker zur Kasse zu bitten, sollen Solaranlagenbetreiber nun Teile der Energiewende selbst bezahlen. Dies würde die Rentabilität vieler neuer Photovoltaikanlagen zerstören, zahlreiche Investoren abschrecken und den Solarmarkt weiter einbrechen lassen. Solarenergie für ihre eigene Markteinführung zur Kasse zu bitten, gleicht der Planung eines Perpetuum mobile. Das Verursacherprinzip wird ad absurdum geführt, die Einführung selbst tragender Vermarktungsmodelle von Ökostrom behindert und die Abhängigkeit von der EEG-Förderung wieder erhöht werden. Dies kann politisch nicht gewollt sein und gefährdet die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende.“
Breiter Konsens angestrebt
Der BSW Solar befürchtet, dass die Investoren Abstand von der Installation einer neuen Solarstromanlage nehmen würden, wenn sie auf den selbst verbrauchten Solarstrom EEG-Umlage bezahlen müssten. Denn dann würden viele Anlagen unwirtschaftlich werden. Der Markt, der im vergangenen Jahr aufgrund der drastischen Förderkürzung schon um 55 Prozent zurückgegangen ist, würde weiter einbrechen. „Nur wenn wir Solarstrom jetzt auch in Gewerbegebiete und Städte bringen und Geschäftsmodelle für klimafreundlichen Nahstrom ermöglichen, kann die Energiewende gelingen“, betont Körnig. Dafür sind die Ideen von Gabriel aber nicht geeignet. Denn ein Ausbremsen des Zubaus wird dazu führen, dass die Bundesregierung ihre selbst gesteckten Ausbauziel von 45 Prozent erneuerbare Energien bis 2025 und von 65 Prozent bis 2035 nicht erreichen wird. Geschweige denn die von B90/Grüne geforderten 50 Prozent bis 2020. Gabriel will aber die Opposition bei der Energiewende mit im Boot haben. Denn B90/Grüne sind zwar die kleinste Fraktion im Bundestag,, haben aber erheblichen Einfluss auf Länderebene. Der Bundesrat hat solche Vorschläge schon in der vergangenen Legislaturperiode gekippt. Doch Simone Peters, Vorsitzende von B90/Grüne, hat schon Widerstand angekündigt. „Die erneuerbaren Energien sollen mit scharfer Klinge rasiert werden, die Kohle kommt ungeschoren davon", sagte sie Spiegel Online. „Der Klimaschutz bleibt auf der Strecke. Eine Kostenentlastung ist nicht in Sicht, weil konkrete Ansagen zum Abbau der Industrierabatte fehlten.“ Zwar sollen auch die Großverbraucher wieder ihren Beitrag zur Finanzierung der Energiewende beitragen. Doch wie Gabriel die energieintensiven Unternehmen wieder mit einer EEG-Umlage belasten will, darüber macht das Papier keinerlei Aussagen.
Ambitionierter Zeitplan
Gabriels Eckpunktepapier soll am Mittwoch auf der Klausurtagung des Bundeskabinetts im brandenburgischen Meseberg beraten werden. Bis Anfang April will die Bundesregierung einen Gesetzesvorschlag für die Novelle des EEG beschließen. Zum 1. August dieses Jahres sollen die neuen Regelungen in Kraft treten. Der Zeitplan ist ambitioniert. Doch ob eine Reform tatsächlich so dringend ist, bleibt zumindest fraglich. (Sven Ullrich)