Einige Netzbetreiber in der Schweiz haben die Absenkung der Rückspeisetarife für Solarstrom angekündigt. Der Verband der unabhängigen Energieerzeuger sieht darin ein Manöver, den Bundesrat zu bewegen, die Referenzpreise nicht an den Gestehungskosten, sondern an den Strommarktpreisen auszurichten.
Einige Schweizer Verteilnetzbetreiber senken zum kommenden Jahr die Einspeisetarife für Solarstrom. Das teilt der Verband der unabhängigen Energieerzeuger (VESE) vor. Der Verband betreibt ein Portal, in dem der Betreiber von Photovoltaikanlagen die jeweiligen Rückspeisetarife seines zuständigen Netzbetreibers einsehen kann. Diese Rückspeisetarife bekommen Betreiber von Eigenverbrauchsanlagen für den Solarstrom, den sie nicht selbst verbrauchen, sondern in Netz des jeweiligen Betreibers einspeisen.
Niedrige Tarife sinken weiter
So will der Versorger SAK, der für die Kantone St. Gallen und Appenzell zuständig ist, die Abnahmepreise für diesen überschüssigen, nicht vor Ort verbrauchten Solarstrom von ohnehin schon vergleichsweise niedrigen 5,45 auf 4,23 Rappen pro Kilowattstunde senken. Das ist eine Kürzung der Einspeisetarife um 22 Prozent. Noch stärker gehen die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) in die Degressionsrunde. Sie haben eine Absenkung der Rückspeisetarife um elf Prozent von 6,24 auf 5,54 Rappen pro Kilowattstunde angekündigt. Der für den Kanton Waadt zuständige Netzbetreiber Romande Energie kürzt die Rückspeisetarife um acht Prozent von derzeit 8,83 auf 8,16 Rappen. Alle drei Unternehmen liegen ohnehin schon weit unter dem Schweizer Durchschnitt der Rückspeisetarife von derzeit neun Rappen pro Kilowattstunde.
Auf diesen Durchschnitt bewegen sich die Stadtwerke Winterthur zu, indem sie die Rückspeisetarife zum Jahreswechsel um acht Prozent von 11,78 auf 10,78 Rappen pro Kilowattstunde senken wollen. Eine erhebliche Kürzung haben die Elektrizitätswerke Luzern (EWL) vor. Sie wollen die Einspeisetarife um satte 21 Prozent senken. Bekommen die an das Netz von EWL angeschlossenen Anlagen bisher noch 14 Rappen pro Kilowattstunde, werden sie im kommenden Jahr nur noch elf Rappen pro Kilowattstunde für den eingespeisten Strom bekommen. Zwar liegen die EWL dann immer noch über dem Schweizer Durchschnitt. Aber die Absenkung wird den Bau von neuen Solarstromanlagen ausbremsen.
Gestehungskosten liegen über den Marktpreisen
Der VESE vermutet hinter dieser Ankündigung ein Signal der Netzbetreiber an den Bundesrat. Denn dieser stimmt im November über eine Verordnung ab, die die Höhe der Rückspeisetarife genau regelt. Diese lag zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Energiestrategie 2050 im Mail dieses Jahres nur als Entwurf vor. In dem ist geregelt, dass die Höhe der Einspeisetarife nicht mehr von den Preisen am Strommarkt, sondern von den Gestehungskosten für den Solarstrom bestimmt werden. „Diese Regelung hätte eine Anhebung der heute bei einzelnen Netzbetreiben sehr tiefen Vergütungen bewirken sollen“, erklären die Experten der VESE. „Dies weil die Gestehungskosten der Netzbetreiber allgemein deutlich über den sogenannten Marktpreisen liegen, also über den Preisen für international gehandelten Graustrom.“
Hohe Vergütung ist möglich
Die Netzbetreiber hingegen begründen die Senkung der Tarife mit den üblichen vermarktungstechnischen und wirtschaftlichen Argumenten. „Die Vermutung liegt aber nahe, dass mit solchen Ankündigungen vor allem ein Zeichen gesetzt wird: Die betroffenen Unternehmen demonstrieren dem Bundesrat, dass sie mit der vorliegenden Verordnung nicht einverstanden sind“, betont der VESE. „Und sie zeigen mit diesen vorzeitigen Ankündigungen auch, dass sie bereit sind, dagegen auf die Barrikaden zu gehen.“ Der Verband bedauert diese Haltung. Zumal die betroffenen Netzbetreiber alle mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören, welche bei der Energiewende eigentlich eine Vorbildrolle einnehmen sollte, erklärt der VESE.
Er lobt die anderen großen Netzbetreiber, die ihre Vergütungen im 2018 auf hohen Niveau beibehalten wollen. Deren Vergütungen sind zum Teil mehr als doppelt so hoch als die Tarife am unteren Ende der Skala, wie aus einer Analyse des VESE hervorgeht. „Dies beweist ganz klar, dass es einem Netzbetreiber sehr wohl möglich ist, für erneuerbaren Strom der unabhängigen Produzenten eine angemessene Vergütung zu bezahlen – wenn der Wille dazu vorhanden ist“, erklären die Vertreter der unabhängigen Stromerzeuger. (su)