Die Mehrheit der Schweizer unterstützt die Energiewende. Nur einer Minderheit geht der Ausbau der erneuerbaren Energien zu schnell. Gleichzeitig votiert die Mehrheit für die von der Regierung entworfenen Energiestrategie.
Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten votiert nahezu die Hälfte der Bürger in der Schweiz für den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien. Dies ist eines der Ergebnisse des fünften Kundenbarometers Erneuerbare Energien, das vom Lehrstuhl Management Erneuerbare Energien der Universität St. Gallen erstellt wurde. Dazu befragten die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Raiffeisen 1.246 Privathaushalte. Immerhin 48 Prozent der Befragten unterstützen eine schnellere Energiewende. Weitere 32 Prozent denken, dass das aktuelle Tempo der Umsetzung der Energiestrategie gerade richtig ist. Damit stützt eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung die von der Regierung in Bern entworfene Energiestrategie 2050. Diese sieht unter anderem vor, den Anteil von Ökostrom im eidgenössischen Stromnetz bis dahin auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen. Derzeit beträgt dieser Anteil gerade 1,5 Prozent.
Parteiübergreifender Konsens
#Selbst unter den Wählern von Parteien, die sich eher skeptische gegenüber der Energiewende positionieren, gibt es nahezu ein Gleichgewicht zwischen Befürwortern eines langsameren Wandels und jenen, welche die Meinung vertreten, der Übergang gehe nicht schnell genug. So sind immerhin jeweils zwei Drittel der Wähler der SVP und der FDP der Meinung, die Energiewende sollte nicht abgebremst werden. Auch bei den Christdemokraten ist die Unterstützung der Energiewende mit etwa 85 Prozent sehr hoch. „Dies deutet auf Potenzial für einen parteiübergreifenden Konsens zu einigen Aspekte einer zügigen Energiewende hin“, fassen die Autoren der Studie die Ergebnisse zusammen.
Mehrheit ist für den Atomausstieg
Insgesamt ist die Zustimmung zu den generellen Plänen der Schweizer Regierung sehr hoch. In einer Volksabstimmung würden 71 Prozent der Befragten für einen Atomausstieg im Jahr 2034 votieren. Die Abschaltung der Kernkraftwerke in der Schweiz ist zwar ebenfalls ein Teil der Energiestrategie 2050. Doch legt die Regierung darin kein verbindliches Datum fest, wann die Atommeiler abgeschaltet werden sollen. Viele sehen dies als Manko.
Allerdings betonen die Autoren der Studie, dass die Befürwortung des Atomausstiegs im Vergleich zum vergangenen Jahr um sechs Prozent gesunken ist. Sie begründen dies mit dem langsamen Abebben des sogenannten Fukushima-Effekts. Je weiter die Reaktorkatastrophe in Japan in die Ferne rückt, desto weniger präsent ist sie in der Bevölkerung und damit nehmen die Zweifel an der Sicherheit der Technologie ab. Große Probleme sehen die Schweizer hingegen beim Thema Entsorgung des Atommülls auf sich zukommen. Immerhin 76 Prozent gehen davon aus, dass dafür am Ende der Steuerzahler aufkommen muss. Außerdem geht eine immer größere Mehrheit der Schweizer davon aus, dass das Land irgendwann ohne fossile Energien auskommen wird.
Solarenergie wird billiger
Die Preissignale der Photovoltaik sind in der Bevölkerung ungebrochen. Immerhin sind sich mehr als 70 Prozent der Befragten sicher, dass die Solarenergie in 20 Jahren gleich viel oder weniger kosten wird als konventioneller Strom. Allerdings sinkt auch hier die Zuversicht. Gleichzeitig erwarten die meisten Schweizer einen Anstieg der Preise für konventionelle Energieträger.
Doch für viele Schweizer hat der Umstieg auf erneuerbare Energien keine wirtschaftlichen, sondern eher ökologische Gründe. Fast 40 Prozent der Befragten nennen den Klimawandel als Grund für die Notwendigkeit, auf erneuerbare Energien zu setzen. Wirtschaftliche Gründe machen 34 Prozent der Befragten geltend. Weitere 22 Prozent wollen mit den erneuerbaren Energien vor allem Energieunabhängigkeit und Energiesicherheit erreichen.
Investitionsbereitschaft ist immer noch hoch
Die Investitionsbereitschaft in die erneuerbaren Energien ist in der Schweiz immer noch sehr hoch. Dabei will die Mehrheit allerdings nicht unbedingt in eigene Anlagen investieren, sondern sich eher an einem Bürgerenergieprojekt beteiligen. Immerhin 60 Prozent der Befragten können sich eine direkte Beteiligung an einer Solargenossenschaft vorstellen. Dabei würde mit 62 Prozent der Befragten maximal 1.000 Schweizer Franken investieren. Weitere 35 Prozent könnten sich vorstellen, sogar bis zu 10.000 Schweizer Franken in ein solches Projekt einzubringen. Entsprechend sind auch die öffentlichen Energieberatungsstellen die erste Anlaufstelle, bei der sich die Schweizer über die Installation von erneuerbaren Energien informieren. An zweiter Stelle steht das Internet. Die dritte Informationsquelle ist der Installateur dicht gefolgt von den Architekten.
Installateure sind Ansprechpartner
Diese vier Ansprechpartner haben aber immer noch viel Arbeit vor sich, um die Schweizer davon zu überzeugen, dass eine Solaranlage mehr als nur ein Investitionsobjekt ist. Denn wenn die Schweizer in eine eigene Solaranlage investieren, entscheidet immer noch vor allem die Amortisationszeit. Mehr als 80 Prozent der Hausbesitzer erwarten, dass sich ihre Investition spätestens nach zehn Jahren auszahlt. „Angesichts der langen Lebensdauer von Gebäuden könnten solche relativ kurzen Anlagehorizonte zu einer suboptimalen Kapitalzuteilung führen“, warnen die Autoren der Studie. (su)