Die Schweizerische Energie-Stiftung fordert den Ständerat auf, mehr Mut zur Energiestrategie zu zeigen und die Energiestrategie 2050 nicht weiter abzuschwächen. Die Parlamentskammer der Kantone hält an ihren Positionen der Energiestrategie fest.
Die Debatte um die Energiestrategie 2050 in der Schweiz geht ohne wesentliche Einigung in die nächste Etappe. Zumindest was die erneuerbaren Energien betrifft, bleibt die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates bei der alten Position. Es wird zwar eine Erhöhung des Netzzuschlags von derzeit 1,3 auf 2,3 Rappen pro Kilowattstunde geben, den die Stromkunden in der Schweiz für den Ausbau der erneuerbaren Energien zahlen müssen. Doch weiterhin wird nur ein Teil bei Photovoltaik und Windkraft oder Biomasse ankommen.
Einspeisevergütung für Wasserkraft gefordert
Mehr als ein Drittel des Netzzuschlags wird nicht für die dezentrale Energiewende verwendet, sondern unter anderem für die Gewässersanierung im Zuge der Großwasserkraft oder in die Rechtssicherheit großer Geothermieanlagen. Der Ständerat als Vertretung der Kantone will außerdem Geld aus der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) für die bestehenden und meist im Eigentum kantonaler Unternehmen befindlichen Großwasserkraftwerke ausgegeben wissen. Ihnen soll eine Marktprämie von immerhin einem Rappen pro Kilowattstunde zugestanden werden. „Das Geld für diese Prämie soll aus dem Topf der kostendeckenden Einspeisevergütung kommen, der eigentlich für die Finanzierung neuer erneuerbarer Energien reserviert ist“, kritisieren die Experten der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES). „Damit steht noch weniger Geld für Solar-, Wind-, Biomasse und Kleinwasserkraftwerke zur Verfügung.“
Streitpunkt: Förderung weiterführen oder nicht?
Im Gegenzug zu dieser Anhebung des Netzzuschlags soll – wenn es nach dem Ständerat geht – die Förderung der erneuerbaren Energien spätestens sechs Jahre nach Inkrafttreten der Energiestrategie 2050 vollkommen auslaufen. Der Bundesrat hingegen will, dass die heutige KEV zu einem Einspeiseprämiensystem mit Direktvermarktung umgebaut werden soll. Der Nationalrat präferiert zwar die Direktvermarktung nur als Ausnahme, stimmt aber mit dem Bundesrat überein. Geht es aber nach dem Ständerat, soll es auch keinen einmaligen Investitionszuschuss mehr geben, der immerhin bis dahin auch auf Eigenverbrauchsanlagen mit einer Leistung von 30 Kilowatt ausgeweitet werden soll. Derzeit ist er nur für Anlagen mit einer Leistung von bis zu zehn Kilowatt zu haben.
Ausbauziele werden nicht reichen
Auch beim dritten Streitpunkt bleibt der Ständerat hart. Während der Nationalrat dem Vorschlag des Bundesrates folgt und den Ausbau der erneuerbaren Energien zumindest so weit vorantreiben will, dass sie pro Jahr 14.500 Gigawattstunden produzieren. Angesichts der Idee, dass mit der Energiestrategie auch die Atomkraftwerke in der Schweiz abgeschaltet werden sollen, reicht das bei weitem nicht aus. Immerhin speisten die eidgenössischen Atomkraftwerke im vergangenen Jahr 63.700 Gigawattstunden ins Netz ein. Bis zum endgültigen Atomausstieg sollen die erneuerbaren Energien diesen Beitrag der Kernkraft ersetzen. Selbst angesichts der Effizienzmaßnahmen, die in der Energiestrategie verankert werden sollen, wird das sehr eng.
Ständerat will weniger Ökostrom in eidgenössischen Netzen
Der Ständerat lehnt nicht nur einen Großteil dieser Effizienzmaßnahmen ab. So wehrt er sich gegen verbindliche Mindestwirkungsgrade für Stromheizungen und gegen Mindestanforderungen beim Ersatz oder Neubau von Großfeuerungsanlagen. Er streicht das ohnehin zu niedrig angesetzte Ausbauziel für die erneuerbaren Energien noch mal auf 11.400 Gigawattstunden jährlich zusammen. Für die Fachleute von der SES ist das völlig unverständlich. Sie fordern den Ständerat auf, in der Sommersession auf diese Verschlechterungen der Energiestrategie zu verzichten. (Sven Ullrich)