Das Echo auf die Einführung von Antidumpingzölle gegen chinesische Photovoltaikimporte ist sehr unterschiedlich. Aus der Industrie kommt die Kritik, dass nur wenig Zeit für Verhandlungen bleibt. Dort wächst jetzt die Angst, in einem Handelskrieg zwischen die Fronten zu geraten.
Nach der Einführung von Antidumpingzöllen gegen chinesische Solarzellen und Module ist das Echo auf die Entscheidung der Europäischen Kommission in Europa unterschiedlich. Während die klagende Organisation EU Pro Sun die Zölle und den Druck auf China begrüßt, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, bedauert die Allianz für bezahlbare Solarenergie (AFASE) erwartungsgemäß die Entscheidung aus Brüssel. Die Kommission ignoriere damit die Position der großen Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten, betont die Allianz in einer Stellungnahme. Das ist im Prinzip auch korrekt. Denn 18 der 27 Mitglieder der Europäischen Union haben sich gegen die Einführung von Antidumpingzöllen ausgesprochen. Allerdings ist dieses Votum bei der Verhängung vorläufiger Maßnahmen für die Kommission nicht bindend. Erst bei der endgültigen Einführung der Zölle muss die Kommission auf die Stimmen aus den europäischen Hauptstädten hören. „Wenn China keinen substantiellen Verhandlungsvorschlag macht, gibt es für Europa und auch für Europas Mitgliedsstaaten keine Legitimation mehr, den Bruch des internationalen Handelsrechtes weiterhin zuzulassen. Dann werden nach unserer Einschätzung deutlich mehr Staaten für die dauerhafte Einführung der Zölle stimmen als zuletzt für die vorläufigen Zölle“, hofft EU Pro Sun.
Wenig Zeit für Verhandlungen
Allerdings gibt die Kommission in Brüssel der chinesischen Seite nur sehr wenig Zeit, um eine Verhandlungslösung zu finden, kritisiert AFASE. „Wir rufen daher beide Seiten auf, eine gemeinsame Linie zu finden, die Preissteigerungen vermeidet und die Interessen der gesamten Solarindustrie in Europa berücksichtigt“, sagt Thorsten Preugschas, Vorstandschef von Soventix und Vorsitzender der AFASE. „Denn eines müssen wir festhalten: Angesichts der derzeitigen Marktlage kann die Branche Preiserhöhungen nicht verkraften. Schon ab einem Satz von 11 Prozent werden Zölle die Entwicklung neuer Photovoltaikprojekte in der EU stoppen und der Wertschöpfungskette schweren Schaden zufügen.“ Das würde nach wiederholter Betonung durch AFASE viele Arbeitsplätze in Europa kosten. Außerdem können Handelshindernisse die strukturellen Probleme der europäischen Zell- und Modulhersteller nicht lösen. „Diese leiden zum Beispiel unter niedrigen Produktionskapazitäten und ungünstigen Polysiliziumlieferverträgen, die ihre Kosten in die Höhe treiben“, erklärt die Allianz. „Zölle stehen außerdem im Widerspruch zur EU-Politik, das Wachstum erneuerbarer Energien zu fördern und die ehrgeizigen EU 2020-Ziele zu erreichen“, kritisieren die Zollgegner.
Angst vor Vergeltung wächst
Die Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette haben jetzt noch größere Angst vor Vergeltungsmaßnahmen seitens der chinesischen Regierung, sollte keine Verhandlungslösung zustande kommen. Vor allem die Hersteller von Maschinen und Anlagen zur Photovoltaikproduktion sehen ihren großen Markt in Fernost wegbrechen, sollten sie zwischen die Fronten geraten. „Wir wollen einen unnützen Handelskonflikt mit einem der wichtigsten Zielmärkte des Maschinenbaus vermeiden und haben uns bis zuletzt für eine diplomatischere Lösung in Brüssel engagiert", sagt Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer der Branchenvertretung der Equipmentlieferanten VDMA. „Natürlich soll sich die Kommission für die Unternehmen in Europa einsetzen, insofern stimmen wir mit dem Ziel der Kommission überein. Leider wählt sie im konkreten Fall mit der Einführung von Schutzzöllen den falschen Weg.“
Deutschland profitiert vom Handel mit China
Auf eine einvernehmliche Verhandlungslösung setzt der Bundesverband der Industrie (BDI). „Wir bedauern die Zuspitzung des Antidumpingverfahrens zu Solarpanelen zwischen der EU und China. Die Verhängung vorläufiger EU-Strafzölle muss jetzt dazu genutzt werden, bis spätestens Ende des Jahres eine Lösung auf dem Verhandlungsweg zu finden“, betont der Deutsche Industrieverband. „Nur so können faire Wettbewerbsbedingungen wieder hergestellt und endgültige Strafzölle verhindert werden.“ Vor allem Deutschland hat vom Handel mit China in den vergangenen Jahren enorm profitiert und ist auf die volkswirtschaftliche Verflechtung mit dem Reich der Mitte angewiesen. Immerhin bestreitet Deutschland fast ein Drittel des gesamten Handelsvolumens zwischen China und der EU. „Der BDI appelliert daher eindringlich an beide Seiten, eine einvernehmliche Lösung zu finden“, betont der Industrieverband. „Der BDI setzt im Übrigen auf ein funktionierenden EU-Antidumpingverfahren. Das Verfahren ist ein anerkanntes und legitimes Instrument des Welthandelssystems, das in seinen Grundzügen im WTO-Recht geregelt ist und von allen Handelspartnern eingesetzt wird.“ (Sven Ullrich)