Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Trendwende voraus

Reine Zellhersteller gibt es nicht mehr viele. Meist ist die Zellfertigung direkt in die Wafer- und Modulproduktion des Herstellers integriert. Für manche hat sich diese Strategie im vergangenen Jahr als Vorteil erwiesen, denn allein mit der Produktion von Solarzellen Gewinne einzufahren war im Jahr 2012 praktisch unmöglich. „Auf dem externen Markt sehen wir industrieweite Bruttomargen von plus/minus null“, sagt Stefan de Haan vom Marktforschungsinstitut IHS. „Das heißt, Geld verdienen konnte damit im Jahr 2012 niemand. Es ging bestenfalls kostendeckend, aber auch das war schon sehr schwierig.“ Grund dafür sind unter anderem die noch immer bestehenden Überkapazitäten auf dieser Wertschöpfungsstufe. Der Tiefpunkt lag laut de Haan im dritten Quartal 2012. „Da hatten wir eine Gesamtauslastung der weltweiten Produktionskapazitäten für die Zellherstellung von etwa 56 Prozent. Im Vergleich zum Boomjahr 2010, in dem die Auslastung bei 90 Prozent und höher lag, muss man also von deutlichen Überkapazitäten sprechen.“ Das spiegelt sich dann auch in den Preisen wider. Während die Zellpreise im Jahr 2011 um rund 60 Prozent gefallen sind, waren es im Jahr 2012 immer noch fast 30 Prozent. „Der Preisrutsch hat sich somit zwar verlangsamt, die Preise sind im Jahr 2012 aber nach wie vor massiv gesunken“, sagt de Haan. Daher seien auch die Umsätze gesunken, obwohl IHS für das vergangene Jahr insgesamt von einer Steigerung der weltweiten Produktionsmenge im Vergleich zum Jahr 2011 ausgeht. In dieser schwierigen Lage ist ein integriertes Geschäftsmodell daher gegebenenfalls von Vorteil, besonders wenn die Integration bis zum Projektgeschäft reicht.

Rendite im Projektgeschäft

„Im Projektgeschäft lassen sich im Moment noch Gewinne machen“, sagt Dirk Morbitzer, Managing Director bei Renewable Analytics, einem Marktforschungsunternehmen aus San Francisco. Den Vorteil der Integration beschreibt er wie folgt: „Bei der nichtintegrierten Lieferkette möchte jede Wertschöpfungsstufe einen eigenen Gewinn erwirtschaften. Bei zehn Prozent über fünf Wertschöpfungsstufen werden also deutlich mehr als zehn Prozent an Gewinn verteilt. Als integrierter Hersteller, der bis zum fertigen Projekt alles macht, reicht ein einmaliger Gewinn von zehn Prozent, egal auf welcher Wertschöpfungsstufe er erwirtschaftet wurde. Das wäre dann schon ein sehr gutes Ergebnis.“ Die Strategie der Integration steigere zudem die Flexibilität eines Unternehmens. „Wer eine eigene Projektpipeline hat, kann auch flexibel auf Schwankungen des Kundenbedarfs reagieren“, sagt Morbitzer. „Und wenn das Projektgeschäft ganz schlecht läuft, kann man die Module immer noch an Dritte verkaufen.“ Platz eins im diesjährigen Ranking der größten Zellhersteller belegt das chinesische Unternehmen JA Solar. Ursprünglich hatte JA Solar als reiner Zellhersteller begonnen. Im Jahr 2010 wurde dann aber der Übergang zum teilintegrierten Modulhersteller in Angriff genommen. Dieses Ziel scheint nun im Jahr 2012 erreicht worden zu sein. „Zusätzlich zu ihren Zellkapazitäten von rund 2,8 Gigawatt haben sie mittlerweile schon 1,5 Gigawatt Modulkapazitäten aufgebaut“, erklärt de Haan von IHS. „Die Nachricht des Jahres 2012 war für JA Solar definitiv, dass sie jetzt auch im großskaligen Modulgeschäft angekommen sind.“ Den Teil an Zellen, der nicht in den eigenen Modulen verbaut wird, bietet JA Solar am freien Markt an. „Vor allem auch in Japan“, meint de Haan. „Das ist ein wichtiger Geschäftszweig.“ „Die Quasimono-Zellen von JA Solar sind sicherlich auch noch ein Thema“, ergänzt Morbitzer. „Obwohl das heute kein Alleinstellungsmerkmal mehr ist. Ähnliche Zellen werden ja mittlerweile auch von anderen Modulherstellern angeboten.“ JA Solar war aber einer derersten Hersteller, die diese Zellen auch in großem Umfang produziert haben. Stefan de Haan stimmt dem zu: „Es ist zwar speziell um die Quasimono-Zellen ruhiger geworden, aber der Marktanteil von hocheffizienten Multi-Technologien im Allgemeinen wird, im Vergleich zu echten monokristallinen Zellen, wachsen.“

Vorteil Vollintegration

Auf dem zweiten Platz der größten Zellhersteller landet das vollintegrierte chinesische Unternehmen Yingli Green Energy. Damit ist Yingli im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze nach oben geklettert. Das liegt zum einen daran, dass das Unternehmen seine im Jahr 2010 beschlossenen Pläne zum Kapazitätsausbau erfolgreich umgesetzt hat. Andererseits liegt es auch daran, wie Yingli bei der Erschließung neuer Märkte vorgeht. „Sie haben eine sehr clevere Art und Weise, mit den Endmärkten umzugehen“, sagt Stefan de Haan. „Yingli war die erste chinesische Firma, die es geschafft hat, bei deutschen Installateuren Vertrauen und eine erfolgreiche Marke aufzubauen. Daher hat das Unternehmen auch frühzeitig in Deutschland und in Europa Fuß gefasst.“ Aber auch das integrierte Geschäftsmodell von Yingli ist teilweise für den Erfolg verantwortlich. Im Jahr 2012 hat Yingli Module mit einer Gesamtleistung von ungefähr 2,4 Gigawatt verkauft, aber nur Solarzellen mit einer Leistung von rund 1,6 Gigawatt produziert, sagt Morbitzer. Das bedeutet, Yingli hat noch deutliche Zellmengen zugekauft, wahrscheinlich aus dem Grund, weil andere Hersteller ihre Zellen billiger anbieten konnten, als Yingli sie selbst herstellen kann. „Das zeigt den Bedarf, aber auch die Flexibilität, die Yingli hat“, meint Morbitzer. „Sie sind Herr ihres eigenen Absatzes und können daher flexibel reagieren, wenn andere Hersteller die Zellen billiger produzieren können.“ Für Stefan de Haan ist Yingli unter den integrierten Herstellern „die Erfolgsstory des Jahres 2012“. „Sie sind im vergangenen Jahr zum größten Modullieferanten geworden, und zumindest für das vierte Quartal 2012 erwarten wir auch wieder bessere Geschäftszahlen.“ Mit Unternehmen wie Trina Solar, Suntech, Canadian Solar und Jinko Solar sind im Ranking der größten Zellhersteller auch noch weitere chinesische Unternehmen vertreten, die auf ein ganz ähnliches Geschäftsmodell wie Yingli setzen. Aber nicht alle sind mit diesem Modell gleich erfolgreich. Suntech steckt zum Beispiel trotz integrierten Geschäftsmodells bekanntermaßen in finanziellen Schwierigkeiten und ist im Ranking von Platz eins auf Platz vier abgerutscht. „Suntech hat aus dem integrierten Modell im Jahr 2012 keinerlei Profit rausschlagen können“, sagt de Haan. „Die Vorteile der Integration waren bei der aktuellen Kostenstruktur des Unternehmens einfach nicht mehr gegeben.“ Zudem habe sich Suntech auch schwerer getan, in den Wachstumsmärkten Fuß zu fassen, als zum Beispiel Yingli. „Letztlich werden sie versuchen müssen, dass sie über ihr Projektgeschäft wieder in die Gewinnzone kommen.“

Zellen aus Taiwan hoch im Kurs

Zwei Ausnahmen im Ranking sind die Firmen Motech und Gintech auf den Plätzen fünf und zehn. Nicht nur weil es sich bei beiden um taiwanesische Unternehmen handelt, sondern auch, weil vertikale Integration hier eine eher untergeordnete Rolle spielt. Beide Hersteller haben einen klaren Fokus auf der Zellherstellung. Modul- und Waferkapazitäten sind zwarzum Teil vorhanden, aber im Vergleich zu den existierenden Zellkapazitäten praktisch zu vernachlässigen. „Die beiden Unternehmen zeigen, dass auch die Konzentration auf eine Wertschöpfungsstufe ein vernünftiger Weg sein kann“, meint de Haan. „Es ist in jedem Fall besser, als sich mit einem Gigawatt auf allen Wertschöpfungsstufen zu verzetteln.“ Nach Ansicht der beiden Marktexperten sind sowohl Motech als auch Gintech gut am Markt eingeführte Unternehmen, mit Zellen von ordentlicher Qualität, die von vielen Modulherstellern gerne eingesetzt werden. Zusätzlich profitieren die beiden taiwanesischen Hersteller bereits vom Handelsstreit zwischen China und den USA. Aus Sorge vor etwaigen Antidumping- und Antisubventionszöllen bevorzugen manche Modulhersteller derzeit Zellen, die nicht in China hergestellt wurden. „Das hat ihnen geholfen, und das wird auch im Jahr 2013 weiterhin ein Vorteil sein“, meint de Haan.

Wachsende Märkte

Generell wird das Jahr 2013 besser als das Jahr 2012. Dieser Meinung ist man zumindest bei IHS. „Wir sehen ganz klar eine Trendwende. Wir rechnen mit einer kontinuierlichen Verbesserung auf allen Wertschöpfungsstufen, eigentlich das ganze Jahr 2013 hindurch“, sagt de Haan. Außerdem werden sich die Preise stabilisieren. Vielleicht gebe es noch mal einen Preisrutsch von rund fünf Prozent im Lauf des Jahres. Das sei aber nicht mehr vergleichbar mit dem massiven Preisverfall der letzten beiden Jahre. „Das bestehende Geschäft gerät also langsam wieder in etwas ruhigeres Fahrwasser“, sagt de Haan. „Aber wirklich Geld verdienen im Sinne von zweistelligen Margen, das ist auch im Jahr 2013 noch nicht sichtbar. Die Margen werden klein bleiben.“ Hersteller müssen also weiter ihre Kosten reduzieren und sich auf die Bereiche ihres Geschäfts konzentrieren, die profitabel sind. Außerdem wird es für die überwiegend chinesischen Top-Ten-Zellhersteller spannend, ob es auch in der Europäischen Union zu Antidumping- oder Antisubventionszöllen kommt. Wenn das geschieht, würde dies wahrscheinlich auch im Ranking Auswirkungen haben. „Sollte es in Europa zu hohen Strafzöllen auf chinesische Solarzellen kommen, dann könnte ich mir vorstellen, dass wir im Jahr 2014 zum Beispiel wieder Q-Cells auf der Liste sehen“, meint Morbitzer. „Wenn aber im Handelsstreit nichts Schlimmeres mehr passiert, dann sieht es für die Hersteller, so wie sie jetzt aufgeführt sind, sehr gut aus.“ Was die Konsolidierung in der Zellherstellung angeht, so ist auch für das Jahr 2013 noch keine wirkliche Entwarnung zu geben. „Die Solarbranche wird sich auch im Jahr 2013 weiter konsolidieren“, meint Morbitzer. „Das kann auch Unternehmenszusammenschlüsse bedeuten. Wer sich jetzt aber mit wem zusammentut, ist schwer zu sagen. Da gibt es sehr viele Spielmöglichkeiten.“ Trotzdem gibt es Grund zur Hoffnung. „Auf der langfristigen Kurve war 2012 eindeutig das schlimmste Jahr“, sagt de Haan. „Wer bis jetzt überlebt hat, der hat eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er es auch noch etwas länger durchhält.“ Hoffen wir, dass er mit dieser optimistischen Prognose recht behält.

Stefan de Haan und IHS

Das Ranking der Silizium- und Waferhersteller stammt von IHS, einem weltweit führenden Informationsanbieter für die globale Ökonomie, wo Stefan de Haan als Principal Analyst für Photovoltaik arbeitet. Das Team von IHS Solar besteht aus Mitarbeitern der ehemals unabhängigen Firmen iSuppli, IMS Research und Emerging Energy Research. Mehr als 20 Analysten in Europa, China und den USA beobachten die globalen Photovoltaikmärkte. IHS Solar hat aufwendige Marktmodelle entwickelt, die auf fortlaufend aktualisierten Datenbanken beruhen. Sie ermöglichen es, wichtige Trends in der Photovoltaik frühzeitig zu erkennen.

Dirk Morbitzer und Renewable Analytics

Dirk Morbitzer ist Managing Director bei Renewable Analytics (RA), einem internationalen Marktforschungs- und Beratungsunternehmen mit Fokus auf den Themen Photovoltaik und Energiespeicher. RA vereint Querschnittswissen und Erfahrung auf den Gebieten Unternehmensführung, Analyse der technologischen Versorgungsketten, Finanzierung und Mergers & Acquisitions (Fusionen und Übernahmen) sowie wirtschaftliche Due Dilligence in der Solarbranche. Das Team von RA verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung auf diesen Gebieten. Renewable Analytics hat seinen Hauptsitz im kalifornischen San Francisco.

Mirco Sieg

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ PV E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus PV: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
+ Adresseintrag im jährlichen Ratgeber
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen