Vattenfall hat seine Braunkohletagebau und die dazu gehörigen Kraftwerke „verkauft“: Der Kaufpreis, den die tschechische EPH dafür zahlen muss, ist eher symbolisch und die Mitgift von Vattenfall ist groß. Das hat seine Gründe.
Vattenfall hat die gesamte Braunkohlesparte in Ostdeutschland an den tschechischen Energiekonzern Energetický a Průmyslový Holding (EPH) mit Sitz in Prag verkauft. Zusammen mit dem Finanzpartner PPF Investments hat EPH eine entsprechende Vereinbarung mit Vattenfall unterzeichnet. Jetzt muss die schwedische Regierung als Mehrheitseigner von Vattenfall noch zustimmen. Doch diese Zustimmung gilt als sicher. Denn immerhin kommt der Druck direkt aus Stockholm, dass Vattenfall aus der Braunkohle aussteigen soll.
Mit dem Verkauf macht der schwedische Staatskonzern aber alles andere als ein gutes Geschäft. Der Verkaufspreis hat eher eine symbolische Höhe. Zudem zahlen die Schweden noch eine Mitgift von 15 Milliarden Schwedische Kronen (gut 1,6 Milliarden Euro). Auch die Rückstellungen in Höhe von 18 Milliarden Schwedischer Kronen (1,96 Milliarden Euro) verbleiben im Unternehmen. Damit soll die Rekultivierung der Tagebaue finanziert werden.
Kein Geschäft mit Zukunft
Die EPH hat sich im Gegenzug dazu verpflichtet, die gesamte Belegschaft – sowohl die aus dem Tagebau als auch in den Kraftwerken – zu übernehmen. Das sind immerhin etwa 7.500 Mitarbeiter. Außerdem dürfen weder EPH noch PPF Invest in den ersten drei Jahren Gewinne aus dem Unternehmen abschöpfen. Danach dürfen zwei Jahre lang die Gewinnabschöpfungen einen betriebsüblichen Renditeumfang nicht übersteigen. Maßgeblich sind die Gewinne, die Vattenfall bisher aus den uralten Kraftwerken in der Lausitz herausgezogen hat.
Die riesige Mitgift zeigt aber auch ganz deutlich: Die Verstromung von Braunkohle ist kein Geschäft mit Zukunft – zumindest nicht in Deutschland. Die Großhandelspreise für Strom sinken in den Keller und die Kraftwerke lassen sich nur noch einigermaßen rentabel betreiben, weil sie längst abgeschrieben sind. Bei Vattenfall reißt der Verkauf ein 22 bis 27 Milliarden Kronen großes Loch in die Kasse. Umgerechnet bedeutet das, dass der Verkauf in die Bilanz des zweiten Quartals dieses Jahres mit einem Verlust von 2,4 bis fast drei Milliarden Kronen eingeht. „Würde Vattenfall die Braunkohlesparte behalten, wären die negativen Auswirkungen auf die Bilanz von Vattenfall angesichts der prognostizierten Großhandelspreise für Strom noch größer“, rechnet die Unternehmensleitung vor.
Vattenfall wird seine Klimakiller los
Konkret werden sowohl die Kraftwerke Jänschwalde, Boxberg, Schwarze Pumpe sowie der 50-prozentige Anteil am Kraftwerk Lippendorf als auch die Tagebaue Jänschwalde, Nochten, Welzow-Süd, Reichwalde und der kürzlich ausgekohlte Tagebau Cottbus Nord in die Hände von EPH übergehen. Für Vattenfall ist es ein Befreiungsschlag. „Der Verkauf unserer Braunkohleaktivitäten ist strategisch wichtig und angesichts der gegenwärtigen und zu erwartenden Marktbedingungen auch unter finanziellen Aspekten richtig“, erklärt Magnus Hall, Vattenfalls Präsident und Geschäftsführer. „Wir beschleunigen so unseren Umbau zu einer nachhaltigeren Erzeugung von Energie. Der Verkauf bedeutet, dass mehr als 75 Prozent unserer Erzeugung klimaneutral sein wird im Vergleich zu den 50 Prozent heutzutage.“ In Schweden konzentriert sich Vattenfall schließlich auf die Stromerzeugung mittels Wasserkraft, hat aber auch noch eine ganze Reihe von Atomkraftwerken im Bestand.
Spätestens 2030 ist Schluss
Für EPH, einem großen Strom-, Gas- und Wärmelieferanten in Mittelosteuropa ist vor allem der Braunkohletagebau wichtig. Bisher ist die Holding schon mit der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft (Mibrag) mit Sitz im Sachsen-Anhaltinischen Zeitz im deutschen Braunkohlegeschäft unterwegs. Der Mibrag gehören unter anderem die Braumkohletagebaue in der südlich von Halle und Leipzig. Doch mit den Lausitzer Tagebauen sichert sich das Unternehmen noch mehr Brennstoff. Denn in Tschechien ist die Holding bei der Aufteilung der Braunkohleclaims zu kurz gekommen. Weitere Tagebau werden dort auch nicht erschlossen, nachdem Prag im Jahr 1991 weiteren Schürfstätten ein enges Korsett angelegt hat.
Wie es mit der Kohleförderung in der Lausitz weitergehen soll, lassen die Vertragspartner wohlweislich offen. Denn es regt sich Widerstand, vor allem gegen eine Ausweitung der Fördergebiete. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat sich schon mehrheitlich gegen den weiteren Abbau ausgesprochen und eine gemeinsame Landesplanungskonferenz mit dem Land Brandenburg einberufen. Dort soll über den Ausstieg aus der Braunkohleförderung in der Lausitz entschieden werden. Sollte die Ausweitung der Fördergebiete abgelehnt werden, ist spätestens 2030 Schluss mit der Braunkohle in der Lausitz. (Sven Ullrich)