Sie sind gerade aus Japan zurückgekehrt, von der 17. International Photovoltaic Science and Engineering Conference, gemeinhin bekannt als PVSEC-17. Was haben Sie dort gemacht?
Ich habe den politischen Eröffnungsvortrag gehalten, gleich nach Sharp-Chef Tomita Takashi. Drei Punkte waren mir besonders wichtig: Der Peak of Oil, der Mangel an Uranreserven und die Förderung von Photovoltaik in den wichtigsten Industrienationen. Japan ist dafür ein gutes Beispiel. Nach starken Förderprogrammen in den neunziger Jahren hat Japan die Marktführerschaft an Deutschland verloren, weil der japanische Markt seitdem stagniert, denn weitere Förderprogramme kamen nicht zustande. Da muss wieder mehr passieren. Auf Dauer ist nicht einzusehen, warum der deutsche Stromkunde über die Einspeisungsvergütung auch noch den Markteintritt der japanischen PV-Hersteller bezahlen soll. Da müssen aber nicht nur die Japaner mehr tun. Auch die Amerikaner und die Chinesen sind gefordert, endlich eigene Binnenmärkte für Solarstrom zu schaffen.
Hat Ihre Rede gefruchtet? Welche persönlichen Eindrücke bringen Sie aus Fukuoka mit?
Die Resonanz war sehr gut. Zwar war aus der japanischen Politik kaum jemand vertreten. Aber die Resonanz bei den Herstellern war sehr erfolgversprechend, einige versicherten mir, sich stärker bei den politisch Verantwortlichen für mehr aktive Solarpolitik einzusetzen. Auch international war die Nachfrage nach politischer Unterstützung groß. So wurde ich spontan nach
Malaysia eingeladen, um mit der dortigen Regierung entsprechende Gespräche zu führen.
Wir beobachten eine zunehmende Internationalisierung der Photovoltaik. Da käme ein zusätzliches Engagement der Industrienationen gerade recht …
Wir brauchen dringend Gesetze über Einspeisungsvergütungen in den Industrienationen. Das schafft zusätzliche Märkte und somit zusätzliche Anreize, neue Produktionsstätten zu bauen. Dann gehen die Kosten noch schneller runter, um die Grid Parity in wenigen Jahren zu erreichen. Ganz wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass die Angriffe von Seiten der Europäischen Kommission auf die erfolgreichen Einspeisungsgesetze in Spanien oder Deutschland aufhören. Sie sind hochgefährlich und könnten das deutsche EEG aushöhlen. Deutschland bleibt aber noch für einige Jahre der wichtigste PV-Markt der Welt, bis vielleicht die Amerikaner die Spitze übernehmen oder China bzw, gar Australien. Da steht in Brüssel viel auf dem Spiel.
Sie erwähnten Australien sicher aus aktuellem Anlass, denn in Canberra regiert seit November ein Klimaschützer. Erwarten Sie eine Veränderung in der australischen Umweltpolitik?
Das ist ein klares Signal, was politisch auf uns zukommt. Nach dem Wahlsieg von Kevin Rudd wird Australien seine Blockadehaltung aufgeben, einer der wichtigsten Kohleexporteure wendet sich nun den erneuerbaren Energien zu. Das Thema wird im kommenden Jahr auch die Präsidentschaftswahlen in denUSA dominieren, ebenso die Bundestagswahl 2009. Es geht nicht mehr nur um Klimaschutz, sondern vor allem auch um Versorgungssicherheit. Das verstehen angesichts der steigenden Ölpreise immer mehr Menschen.
Jetzt schreiben wir noch 2007, und die Große Koalition will das EEG reformieren. Sie gelten als einer der Väter der deutschen Einspeisungsvergütung. Was halten Sie von den Vorschlägen?
Zurzeit kursieren noch viele Analysen in den Schützengräben, beispielsweise die Untersuchung des RWI, in der die Mehrkosten aus dem EEG berechnet wurden. Die Aachener Forscher berechnen aber nicht, dass die Gesellschaft schon heute auf vielfältige Weise von erneuerbaren Energien profitiert. Die Investitionen der Solarwirtschaft geben Menschen Lohn und Brot. Das heißt. die Kosten für Arbeitslose sinken. Auch muss die deutsche Volkswirtschaft weniger Geld für teure Rohstoffimporte aufwenden, beispielsweise Erdöl oder Erdgas. Rechnet man diese volkswirtschaftlichen Gewinne ein, liegen die Gewinne aus dem EEG schon um den Faktor Zwei höher als die Kosten.
Künftig wird der volkswirtschaftliche Gewinn weiter wachsen …
Man darf auch nicht vergessen: Die EEG ist eine Investition in die künftige Markführerschaft deutscher PV-Unternehmen.
Aber was tut das RWI? Es setzt die zu erwartenden Preise für Erdöl bis 2030 mit 60 US-Dollar an. Dabei sind wir jetzt schon bei 100 Dollar. Das ist einfach unseriös. Vergessen Sie bitte auch nicht: Erst kürzlich hat die Große Koalition bis 2018 insgesamt 38 Milliarden Euro zur Subvention des deutschen Kohlebergbaus bewilligt. Und wo wäre die Atomwirtschaft heute ohne die enormen Subventionen zur Aufbau der Kernenergie?
Der Ölpreis wird den Druck hin zu mehr erneuerbaren Energien deutlich verstärken. Aber auch die politischen Rahmenbedingungen spielen eine wichtige Rolle. Wird das reformierte EEG noch die Aufgabe erfüllen, die ihm einmal zugedacht worden war?
Die Politik muss den volkswirtschaftlichen Nutzen einer Entwicklung wie der Photovoltaik in einen geeigneten betriebswirtschaftlichen Rahmen bringen. Wir sollten also nicht so ängstlich sein, wenn Unternehmen Gewinne machen. Sie sind notwendig für weitere Investitionen und Fabriken. Ich erwarte aus der parlamentarischen Debatte zur Novelle des EEG, dass die Degression in jedem Fall höher als fünf Prozent liegen wird. Die Fehler im Entwurf des Bundesumweltministeriums sollten aber korrigiert werden, etwa der unglaubliche Knick bei großen Dachanlagen, der sich in keiner Weise begründen lässt. Auch unstetige Sprünge in der Degression sind kaum begründbar.
Wie könnte die Novelle sinnvoller Weise aussehen?
Ich möchte keine über viele Jahre festgelegte Degression. Sie könnte zu scharf sein und den PV-Markt einbrechen lassen. Die Degression könnte aber auch zu schwach sein, und den Unternehmen ungerechtfertigte Gewinne bescheren. Deshalb sollte man die Degression an das Marktwachstum koppeln. Wächst der Markt um jährlich mehr als 20 Prozent, dann kann die Degression auch deutlich über 6,5 Prozent liegen. Bei einer Marktstagnation hingegen sollte die Degression fallen.
Da stellt sich sofort die Frage: Wer misst auf welche Weise, wie der Markt wächst?
Wir brauchen dringend ein Anlagenregister. Dafür hätten wir noch ein Jahr Zeit, das ist zu schaffen. Aber ohne Kopplung an die tatsächliche Marktentwicklung könnte die verschärfte Degression den deutschen PV-Markt schwer treffen. Dann würde das EEG in der Tat nicht mehr die Aufgabe erfüllen, die ihm einmal zugedacht war. Genau das Gegenteil wäre der Fall.