Klosterhardt ist Insidern ein Begriff. Denn es ist nicht nur ein Stadtteil der Ruhrmetropole Oberhausen. Hier stand mit der St.-Antony-Hütte auch die Wiege der Ruhrindustrie. Doch das ist lange her. Seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts ist hier ein reines Wohngebiet mit vielen Einfamilienhäusern. So auch das Haus in der Fuhlenbrockstraße mit dem schicken neuen Dach.
Als die Dachsanierung anstand, ergab sich endlich die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Denn jetzt mussten die alten Dachziegel ohnehin runter. Die neue Eindeckung ist aber nicht mehr nur Witterungsschutz. Sie ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch ein Solargenerator. Denn ein Teil des Daches produziert jetzt Strom.
Mit Dachsteinen kombinieren
Dabei wollten die Eigentümer eine ästhetisch möglichst perfekte Lösung. Die Solaranlage sollte nicht zu sehen sein. Gleichzeitig sollte die bisherige schwarze Farbe der Dachziegel erhalten bleiben. Hier bot sich die Integration von schwarzen monokristallinen Modulen förmlich an. Deshalb hat ihnen André Mielenz, Geschäftsführer des Gladbecker Dachdeckerbetriebs Gude, geraten, einfach die bisherigen Flachziegel nur teilweise zu erneuern und sie mit farblich passenden Solarmodulen zu kombinieren.
Fündig geworden ist der Dachdeckermeister bei den Dachziegelwerken Nelskamp. Das Unternehmen hatte gerade den neuen solaren Dachziegel Planum PV entwickelt. Der passt hinsichtlich der Form und der Dimensionen perfekt zum konventionellen Dachstein Planum aus dem eigenen Hause. Denn er hat die gleiche Deckhöhe wie der konventionelle Dachstein.
Er fügt sich außerdem auch farblich sehr gut in eine Dachumgebung ein, die aus den Planum-Dachsteinen besteht. Denn die schwarzen monokristallinen Zellen harmonieren ästhetisch sehr gut mit der konventionellen Dacheindeckung. Mit dieser Kombination haben die Handwerker von Gude Dachdecker das erste Projekt mit dem neuen Planum PV realisiert.
Der Installationsaufwand sinkt
Doch bisher scheuten sowohl Hauseigentümer als auch Handwerker die Solardachziegel, vor allem wegen des Installationsaufwands. Schließlich wurden die solaren Dachziegel in der Vergangenheit als einzelne kleine Solarelemente auf das Dach gelegt. Sie mussten mühsam miteinander verkabelt werden. Von diesem Ansatz haben sich die meisten Hersteller inzwischen verabschiedet.
Denn die solaren Dachelemente kommen in der Breite eines ausgewachsenen Moduls zum Kunden. Auch der Planum PV von Nelskamp ersetzt mit seinen 1,5 Metern Breite gleich fünf der konventionellen Dachsteine. Er ist eine Weiterentwicklung des solaren Dachelements G 10 PV, das ebenfalls so breit wie mehrere Dachsteine ist.
Die Leistung erhöht
Allerdings haben die Dachziegelwerke Nelskamp das neue Modell etwas verkleinert, sodass die vorhandene Dachfläche noch besser ausgenutzt werden kann. Gleichzeitig haben sie neue Zellen eingesetzt und so die Leistung pro Quadratmeter um zehn Prozent gesteigert. Durch den Ansatz, mit einem solaren Dachelement mehrere Dachsteine zu ersetzen, sinkt der Installationsaufwand. Außerdem wird der Solarziegel genauso verlegt wie die konventionelle Dacheindeckung und benötigt keine separate Unterkonstruktion. Die Dachelemente werden – wie Betondachsteine auch – mit einer Aufhängenase auf die Dachlatte gelegt und mit drei Schrauben fixiert. An der Unterkante sichert sie der Handwerker mit Seitenfalzklammern zusätzlich gegen Sturm. Der obere Bereich des Solarelements ist inaktiv. Über diesen wird das Dachelement oder der Dachziegel der oberhalb liegenden Reihe überlappend verlegt.
Schnittstelle zwischen Gewerken
Da die Module auf beiden Seiten die gleiche Falz haben wie die herkömmlichen Dachsteine, ist die Anbindung an die konventionelle Dachumgebung einfach. Vor der Befestigung müssen die Module nur noch miteinander verkabelt werden. Die Strings führen die Handwerker durch eine Durchdringung in der Unterdeckbahn.
Der Rest ist Aufgabe des Elektrohandwerkers. Denn nur er darf die solaren Dachelemente an den Wechselrichter anschließen. Hier raten die Hersteller solcher Solardachziegel den Dachdeckern, mit dem Elektrohandwerker exakt zu vereinbaren, an welcher Stelle dieser übernimmt. Das kann hinter der Dachdurchdringung sein. Dann verlegt der Elektriker die Kabel im Gebäude. Es kann aber auch der Wechselrichter sein. Dann muss der Dachhandwerker die Gewährleistung für die Kabelverlegung bis zum Umrichter übernehmen. Die klare Schnittstelle ist die Trennung, wo die Gewährleistung des Dachdeckers endet und die des Elektrohandwerkers beginnt.
Kurz nachgefragt
„Die meisten Anfragen kommen von Bauherren“
Wie entwickelt sich der Absatz der solaren Dachziegel bei Nelskamp?
Christian Bremer: Trotz der kuriosen Zeiten ist die Auftragslage im Dachhandwerk sehr gut. Der Absatz der normalen Dacheindeckungen ist stabil weitergelaufen. Die Nachfrage nach Solardachelementen hat sehr stark zugelegt. Wir konnten in diesem Bereich deutlich mehr Aufträge generieren – trotz Coronakrise.
Ist das eher im Neubau nachgefragt oder auch bei der Dachsanierung?
Immer mehr Bauherren legen den Schwerpunkt auf Photovoltaik. Aber auch bei der Dachsanierung werden immer häufiger Solarelemente verbaut. Hier muss allerdings vorher geprüft werden, ob die Dachkonstruktion für die ebene Aufnahme der Module ausgelegt ist. Im Neubau ist das einfacher. Denn hier kann die Dachstatik schon von vornherein auf die Photovoltaik hin geplant und die Toleranzen können sehr klein gehalten werden.
Sehen die Bauherren da auch die Wirtschaftlichkeit?
Solardächer rechnen sich nach zehn bis 15 Jahren. Allerdings steht und fällt die Rechnung mit dem Eigenverbrauch. Je mehr Strombezug vom Versorger eingespart werden kann, desto schneller amortisiert sich die Anlage. Allerdings ist die Installation der solaren Dachelemente auch mit Blick auf die Ökologie von Bedeutung, gerade in Bezug auf den Strom und den Energieverbrauch des Hauses.
Das ist also ein Ansatz zu nachhaltigerem Bauen und zum ökologischen Betrieb des Gebäudes?
Viele unserer Kunden heizen mit Wärmepumpen oder Heizstäben. Sie können dann viel Solarstrom vor Ort nutzen. Dazu kommt noch die Elektromobilität, die den Eigenverbrauch weiter antreiben wird.
Werden die Dächer in der Regel möglichst vollständig mit den solaren Dachziegeln belegt oder wird die Solaranlage an den Verbrauch angepasst?
Die solaren Dachziegel werden – wie eine normale Photovoltaikanlage auch – auf den Verbrauch hin ausgelegt. Wir sind mit den zwei Systemen Planum PV und G10 PV in der Lage, auf 5,5 bis 6,5 Quadratmetern Fläche ein Kilowatt Leistung unterzubringen. Wir empfehlen, die Anlage nicht größer als zehn Kilowatt zu bauen, damit keine EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch anfällt. Meist bewegen sich die Anlagen aber ohnehin im Leistungsbereich zwischen fünf und acht Kilowatt. Die passen auf eine Fläche zwischen 27 und 52 Quadratmeter.
Kommt die Nachfrage eher von den Bauherren oder von den Architekten?
Die Initiative geht tatsächlich meist von den Bauherren aus. Wir stellen aber einen Wandel fest. Wir haben an einigen Architekturausschreibungen teilgenommen, bei denen sich die Architekten mit Solar beschäftigt haben und in der Planung auf Photovoltaik drängen. Die optische Lösung wird aber häufig vom Bauherrn selbst angeregt. Das Wissen der Architekten ist da noch nicht sehr groß. Das Dach ist gestalterisch auch eher eine Sache des Dachhandwerkers. Das stellen wir auch in unserem klassischen Dachbereich fest.
Welche technischen Neuerungen werden Sie den Kunden demnächst anbieten?
Wir werden demnächst auch für die profilierten Betondachsteine eine Lösung anbieten. Damit weiten wir unser Portfolio aus. Bisher kombinieren wir die Solarelemente mit glatten Dachsteinen, die aber viele Kunden nicht im Blick haben. Deshalb werden wir die Planum-Elemente so anpassen, dass sie auch mit unseren Sigma- und S-Pfannen kombinierbar sind. In Form und Größe bleiben sie allerdings so erhalten, wie sie jetzt sind. Die ersten Projekte mit diesen Elementen laufen bereits.