Der österreichische Branchenverband PV Austria hat schon länger vermutet, dass im vergangenen Jahr erstmals mehr als ein Gigawatt Solarleistung in der Alpenrepublik neu ans Netz gegangen sind. Jetzt ist es amtlich: Der Zubau im Jahr 2022 betrug 1.009 Megawatt. Damit ist die Grenze geknackt.
EAG und hoher Strompreis haben geholfen
Die Maßnahmen, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, zeigen endlich Wirkung – genauso wie der Wunsch immer mehr Österreicher, sich unabhängig von den unsicheren Energiemärkten zu machen. „2022 war ein besonderes Jahr: Es war das Auftaktjahr des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes – EAG –, zugleich hat der hohe Strompreis große Teile der Bevölkerung und der Unternehmen in die eigene Sonnenstromproduktion getrieben. Entsprechend groß war der Zubau, der auch noch in das aktuelle Jahr reicht“; sagt Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria. „Unsere Unternehmen melden aber bereits ein Abflachen der Nachfrage, weswegen aus heutiger Sicht noch unklar ist, wie sich der Trend fortsetzen wird“, äußert sie sich abwartend, wie die Entwicklung weitergeht.
1,7 Milliarden Euro umgesetzt
Hier spielen auch die gestiegenen Anlagenpreise eine Rolle. Denn die Photovoltaikgeneratoren kosteten in Österreich im vergangenen Jahr im Schnitt zehn Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Damit lagen die Preise auf dem Niveau von vor acht Jahren. Doch die Branche kann mit dem Jahr 2023 zufrieden sein. Immerhin erwirtschaftete sie bei Planung und Installation der Anlagen einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro. Die hohe Nachfrage hat für 6.100 zusätzliche Arbeitsplätze bei Installateuren und Planern gesorgt.
6,6 Prozent des Strombedarfs mit der Sonne gedeckt
Mit dem jetzt ans Netz gegangen einem Gigawatt sind in Österreich inzwischen Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 3.792 Megawatt installiert. Damit kann die Photovoltaik 6,6 Prozent des Stromverbrauchs abdecken. Die jetzt installierte Leistung beträgt aber immer noch weniger als 30 Prozent dessen, was in der Alpenrepublik bis 2030 gebraucht wird, um die Stromversorgung komplett auf Erneuerbare umstellen zu können. Notwendig sind 13 Gigawatt, bis 2040 aufgrund des steigenden Stromverbrauchs sogar mehr als 50 Gigawatt.
Genehmigungen vereinfachen
Dazu sind noch jede Menge Anstrengungen notwendig. „Nach wie vor werden die ,Low-Hanging Fruits‘ geerntet – alle Anlagen, die keine groben Probleme in der Genehmigung haben, sind gebaut“, beschriebt Herbert Paierl, Präsident von PV Austria, die Situation. „Nach dem EAG auf Bundesebene sind nun die Bundesländer dran, den PV-Ausbauturbo weiter zu befeuern. Der entsprechende Schub funktioniert nur mit einer photovoltaikfitten Genehmigungslandschaft und vor allem ausreichend verfügbaren Flächen.“
Ober- und Niederösterreich liegen vorn
Tatsächlich zeigen die Marktdaten, dass der Ausbau sehr ungleich vorangeht. So wurden in Oberösterreich im vergangenen Jahr 243 Megawatt, in Niederösterreich 234 Megawatt und in der Steiermark 147 Megawatt errichtet. In Vorarlberg hingegen gingen Anlagen mit nur 28 Megawatt neu ans Netz. Das ist selbst mit Blick auf die geringe Größe und die niedrige Bevölkerungszahl ein schlechter Wert. Doch auch das Burgenland ist mit 39 Megawatt gemessen an der Bevölkerung noch schlechter. Auch Salzburg liegt mit 40 Megawatt Neuinstallation weit abgeschlagen auf dem drittletzten Platz.
29 Prozent des notwendigen Zubaus bis 2030 geschafft
Doch immerhin liegt Vorarlberg mit der bisher insgesamt installierten Leistung auf dem zweiten Platz nach Oberösterreich und genau im Durchschnitt der Alpenrepublik. Den größten Aufholbedarf habe, wie auch im Jahr zuvor, Tirol. Dort sind derzeit nur 16 Prozent der Leistung installiert, die notwendig wären, damit das Bundesland gemessen an der Fläche und der Bevölkerung zum Ziel von 100 Prozent Ökostrom bis 2030 beitragen müssten. Der österreichische Durchschnitt liegt bei 29 Prozent. Doch auch Salzburg und Kärnten haben mit derzeit 19 Prozent Zielerfüllung noch einen weiten Weg vor sich. (su)