Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
AKTUELLE MELDUNGEN

Einigung zwischen Bund und Ländern stößt auf heftige Kritik

Die Ergebnisse der Beratungen zwischen Bund und Ländern über die EEG-Novelle löst heftige Kritik aus – nicht nur bei den Verbänden der erneuerbaren Energien. Der Mittelstand kritisiert die Unbeweglichkeit der Politik, während Eurosolar und die Deutsche Umwelthilfe mehr Kreativität bei der Umsetzung der Energiewende fordern.

Die Einigung zwischen den Ministerpräsidenten der Bundesländer und der Bundesregierung stößt auf heftige Kritik, nicht nur aus den Branchen der erneuerbaren Energien. Auch die mittelständische Wirtschaft wettert gegen die Unbeweglichkeit der Politik. Sie setzte auf Wettbewerb durch Ausschreibungen, verhindere aber den eigentlichen Wettbewerb zwischen den einzelnen Erzeugungstechnologien durch die Sonnensteuer. „Unsere Forderung nach fairem Wettbewerb und mittelständischen Rahmenbedingungen gilt auch für die Belastung der Eigenstromerzeugung mittelständischer Unternehmen durch die EEG-Umlage“, betont Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständischer Wirtschaft (BVMW). „Diese 2014 eingeführte Belastung muss abgeschafft werden, damit die Energiewende dezentral gelingen kann.“

Ministerpräsidenten reichen der Bundesregierung die Hand

Dass die Energiewende zum zentralistischen und planwirtschaftllichen Projekt verkommt, wenn die EEG-Novelle wie mit den jetzt erzielten Verschärfungen in Kraft tritt, befürchtet Eurosolar. Die europäische Branchenvereinigung kritisiert, dass die deutschen Länderchefs der Bundesregierung die Hand zur Abschaffung des EEG reichen. Tatsächlich haben die Ministerpräsidenten kein einziges der Ziele erreicht, mit denen sie in die Verhandlungen gegangen sind. Die Ausschreibungen sind gesetzt und 300 Megawatt Windkraftleistung mehr pro Jahr haben sie mit der Absenkung der Bagatellgrenze für die Photovoltaikausschreibungen erkauft. War der bisherige Plan, Anlagen mit einer Leistung von unter einem Megawatt von den Ausschreibungen zu befreien, sollen jetzt nur noch Projekte mit einer Leistung von bis zu 750 Kilowatt über die bisherige Einspeisevergütung gefördert werden.

Alte Energiewirtschaft freut sich

Die alte, oligarchisch aufgestellte Energiewirtschaft freut sich über dieses Geschenk der Länderchefs – wenigstens ein bisschen. „Es ist richtig, dass die Politik an der Einführung von Ausschreibungen für erneuerbare Energien festhält“, freut sich Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundes der Energie- und Wasserwirtschaft, der Interessenvertretung des fossil-atomaren Energiezentralismus. Er sieht die Senkung der Bagatellgrenze für Solarprojekte als positives Signal. „Diese Absenkung ist aus unserer Sicht noch nicht ausreichend“, lautet sein Kritikpunkt. Durch diese Freigrenze werde ein Großteil der Anlagen vom Wettbewerb ausgenommen.

Ausschreibungen schränken Wettbewerb ein

Dieser Wettbewerb, den der BDEW der Bundesregierung in die Agenda diktiert hat, darf sich natürlich nicht auf die fossilen und atomaren Kraftwerke beziehen, die immer noch über Steuern üppig subventioniert werden, ohne dass es ein Stromkunde merkt. Dass die Ausschreibungen zudem nicht zu mehr Wettbewerb auf dem Photovoltaikmarkt führen, stellt Fabio Longo, Vizepräsident von Eurosolar klar. „Durch Ausschreibungen wird der Wettbewerb im Energiemarkt schwer eingeschränkt, weil mittelständische und kommunale Akteure die hohen Kosten der Ausschreibungen nicht tragen können und aus dem Markt gedrängt werden“, erklärt er. „Die früher marktbeherrschenden Energiekonzerne und Großinvestoren können mit Ausschreibungen den ‚Markt‘ unter sich aufteilen. Weniger Wettbewerb erhöht zusätzlich die Kosten für Verbraucher. Auch durch den harten Oberdeckel auf dem Zubau bedeuten Ausschreibungen Planwirtschaft statt mehr Marktwirtschaft.“

Sektorkopplung statt Netzausbau

Zudem kritisiert Longo die von der Bundesregierung völlig willkürliche Festlegung von Ausbaugrenzen. Wenn diese überhaupt erreicht werden, wenn der Markt durch die Rahmenbedingungen künstlich ausgebremst wird, werden sie nicht dazu führen, dass sie zu Netzengpässen führen, wie von der Bundesregierung behauptet wird. Im Gegenteil: Es sind die alten Kohlekraftwerke, die wegen ihrer Trägheit bei der Regelung die Netze verstopfen. Longo hält das von Eurosolar entwickelte Konzept der Neuen Energiemarktordnung (NEMO) entgegen. Das basiert auf der sogenannten Sektorkopplung, also der Verbindung zwischen Strom, Wärme und Mobilität. „Für diese Konvergenz müssen nur wenige Stellschrauben im Energiewirtschaftsgesetz geändert werden“, betont Longo. „Der teure Bau von HGÜ-Trassen und die teuren Kohlesubventionen könnten mit der NEMO eingespart werden.“

Mobilität und Wärme verbrauchen viel Energie

In ähnlicher Weise kritisiert auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Unkreativität der Beamten im Wirtschafts- und Energieministerium in der Berliner Invalidenstraße. Denn dort hält sich hartnäckig die Ansicht, den Ausbau der Windenergie in Norddeutschland blockieren zu müssen, weil die entsprechenden Netze zum Abtransport fehlen, statt kreativ zu werden und sich zu überlegen, wie der Überschussstrom in anderen Sektoren genutzt werden kann. „Die Bundesregierung muss ein klares Signal geben, dass sie auch in den anderen Sektoren Treibhausgase reduzieren will, um die Klimaziele zu erreichen“, fordert Peter Ahmels, Leiter Energie und Klimaschutz bei der DUH. „Denn Mobilität und Wärme verbrauchen dreiviertel der gesamten in Deutschland verbrauchten Energie.“

Geplante Anlagen dürfen nicht gebaut werden

Statt dessen bremst die Bundesregierung die Bau von Onshore-Windkraftanlagen in Norddeutschland aus. Nur noch 60 Prozent der bisher jährlich zugebauten Windkraftleistung an Land dürfen in Zukunft aufgebaut werden. „600 Megawatt können in Norddeutschland und Hessen nicht gebaut werden, trotz jahrelangem Planungsvorlauf. Umgekehrt sind Planungen in Süddeutschland nicht so weit fortgeschritten, um diesen Ausfall zu kompensieren“, bringt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, dieses energie- und industriepolitische Desaster auf den Punkt. „Ob das Ziel von 40 bis 45 Prozent erneuerbarem Strom bis 2025 erreicht wird, steht damit in Frage.“ (Sven Ullrich)