Seit etwa drei Jahren erregt das Thema Heizen mit Solarstrom die Gemüter. Die einen preisen es als sinnvolle Möglichkeit, den immer günstiger werdenden Solarstrom zu nutzen. Die anderen kritisieren die Verwendung veredelter Energie zum Heizen, vor allem, da es doch Techniken wie die Solarthermie gibt. Während die Solarbranche noch über das Pro und Contra diskutiert, werben immer mehr Anbieter mit entsprechenden Produkten. Meist handelt es sich dabei um eine Photovoltaik-Wärmepumpen-Kombination. Beim genaueren Hinschauen wird offensichtlich, dass sich dahinter unterschiedliche Konzepte verbergen.
Bei der neuen Produktgattung treffen zwei Gewerke aufeinander: die Heizungs- und die Solarbranche. So ist es kein Wunder, dass die großen Heiztechnikhersteller das Thema auch gern für sich besetzen möchten. Bosch Thermotechnik, Anbieter der Heizungsmarken Buderus und Junkers, preist beispielsweise die Kombination von Logavolt-Solarmodulen mit seiner Trinkwasser-Wärmepumpe Logatherm WPT270 an. Die Module fertigt die Tochterfirma Aleo Solar für Bosch. Und so wirbt das Unternehmen: „Mit den Photovoltaik-Modulen Logavolt von Buderus, einer Marke von Bosch Thermotechnik, können Hauseigentümer den Strom beispielsweise für den Betrieb der neuen Buderus Trinkwasser-Wärmepumpe Logatherm WPT270 zu einem großen Teil selbst erzeugen – sie sind somit wesentlich unabhängiger von den Energiepreisen.“ Bei diesem System arbeitet die Wärmepumpe jedoch so, wie sie es auch ohne Photovoltaikanlage täte, nämlich als Stand-alone-System. Die Brauchwasser-Wärmepumpe speichert die durch Strom erzeugte Wärme in einem Trinkwasserspeicher. Sie ist, ebenso wie die Photovoltaikanlage, in den Haushaltsstromkreis eingebunden. Zwischen den beiden gibt es keine direkte Kommunikation. Daher wird das Wasser nicht bevorzugt dann erwärmt, wenn gerade viel Solarstrom produziert wird. Die Wärmepumpe ist lediglich ein großer Verbraucher im Haushaltsnetz, so wie es auch die Waschmaschine oder der Geschirrspüler sind.
Der Heizungsbauer August Brötje bewirbt seine Trinkwasser-Wärmepumpe SensoTherm BTW zusammen mit Photovoltaik. So heißt es in einer Pressemitteilung von November 2012: „Besonders interessant ist auch die Kombination der SensoTherm BTW mit einer PV-Anlage. Durch die Eigennutzung des Stroms in Verbindung mit Umweltwärme lässt sich hier ordentlich Geld sparen.“ Stiebel Eltron, Hersteller für Haus- und Systemtechnik, wirbt damit, dass seine Warmwasser-Wärmepumpe WWK 300 PV die Rendite einer Solarstromanlage steigern könne. Anders als bei Bosch Thermotechnik kann die Wärmepumpe von Stiebel Eltron aber schon mit dem Wechselrichter einer Photovoltaikanlage kommunizieren. Gleiches gilt für die Wärmepumpe von Brötje. Sobald ein Kontakt im Regler das Signal erhält, dass eine bestimmte Photovoltaikleistung erreicht ist, lädt die Wärmepumpe hoch (sogenannte Zwangsladung).
Jetzt mit Solarstrom
Einer der ersten Hersteller, der ein komplettes Paket inklusive Photovoltaikanlage und Wärmepumpe auf den Markt gebracht hatte, ist die Centrosolar AG. Das Unternehmen bezeichnet diese Kombination als „Photothermie“. Das Paket Cenpac Plus setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Basis ist das Cenpac von Centrosolar. Es besteht aus einer 3,44-Kilowatt-Solaranlage, dem Montagematerial und einem Powerstocc-Excellent-Wechselrichter, der Eigenmarke von Centrosolar. Kombiniert wird die Anlage mit einer Warmwasser-Wärmepumpe BWP 30HS des Herstellers Dimplex. Damit der Wechselrichter und die Wärmepumpe miteinander „sprechen“ können, müssen beide entsprechende Einrichtungen haben, sozusagen Mund und Ohren.
Der Wechselrichter sendet Impulse über die erzeugte Solarstromleistung, dafür braucht er einen S0-Schaltausgang für den Eigenverbrauch. Die Wärmepumpe fungiert als Empfänger und muss deshalb einen digitalen Eingang für die Signale haben.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, wie die beiden miteinander kommunizieren können, wie das Beispiel von Centrosolar zeigt.
In der einfachen Variante werden die beiden Geräte über ein Kabel miteinander verbunden. Wenn die Photovoltaikanlage ausreichend Strom produziert, sendet der S0-Schaltausgang, ein potenzialfreier Schließer, ein Signal an die Wärmepumpe, dass sie hochheizen soll. Die Basis für dieses Signal ist ein Leistungswert der Photovoltaikanlage, der fest eingestellt wird. Bei der Ermittlung des Leistungswertes wird zunächst ermittelt, wie viel Strom üblicherweise für die Haushaltsgeräte benötigt wird. Dazu kommt der Strombedarf für die Wärmepumpe. Die Leistung muss zudem über einen bestimmten Zeitraum gegeben sein, damit sichergestellt ist, dass die Wetterlage stabil genug ist, um Haushaltsgeräte und Wärmepumpe zu versorgen.
Bei der zweiten Variante kommt eine spezielle Regelung mit dem Namen Heat-Shifter zum Einsatz. „Bei unserem Heat-Shifter gehen wir einen Schritt weiter und nutzen den Schaltausgang der Wechselrichter als Impulsausgang“, sagt Sebastian Voigt, Produktmanager Energiesysteme bei Centrosolar. Der Wechselrichter liefert dem Heat-Shifter eine festgelegte Anzahl an Impulsen pro Kilowattstunde Solarstrom, die erzeugt wird. „Damit können wir den exakten Energieertrag der Photovoltaikanlage auswerten und zeitaktuelle Entscheidungen für die Wärmepumpe treffen“, erklärt Voigt den Vorteil.Die im Hintergrund arbeitende Logik hat das typische Lastverhalten eines durchschnittlichen Haushaltes in 15-Minuten-Intervallen hinterlegt. Sie sind normiert und werden über die Eingabe des jährlichen Haushaltsstromverbrauchs des Kunden an die jeweilige Einsatzsituation angepasst. Auf diese Weise können Unterschiede zwischen Sommer und Winter berücksichtigt werden ebenso wie unterschiedliche Tageszeiten, zum Beispiel die stromintensive Mittagszeit.
„Aus der zusätzlich benötigten Leistung zum Hochheizen der Wärmepumpe ergibt sich der eigentliche Einschaltwert“, erklärt Voigt. Sobald die Erzeugung der Photovoltaikanlage diesen Einschaltwert überschreitet, wird das Signal zum Hochheizen an die Wärmepumpe gegeben. Über einzugebende Parameter wie beispielsweise den Standort des Generators, seine Ausrichtung und Neigung wird der Einschaltwert weiter an die Einsatzbedingungen des Systems angepasst.
Dimplex hat die Wärmepumpe mit einem digitalen Eingang zur Steuerung durch den Heat-Shifter ausgestattet. Die Wassertemperatur im Speicher beträgt bei täglicher Nutzung etwa 45 Grad Celsius. Die Wärmepumpe wird im Photovoltaikbetrieb so programmiert, dass das Signal des Heat-Shifters Vorrang hat und Sperrzeiten, die die Bewohner einprogrammiert haben, ignoriert werden.
„Im PV-Betrieb lässt sich die Speichertemperatur auf eine separat einstellbare Temperatur – beispielsweise 60 Grad Celsius – erhöhen, um so an guten Sonnentagen mit einer Laufzeit von bis zu sechs Stunden die regenerative Energie der Photovoltaikanlage optimal zu speichern“, erklärt Voigt. Durch die erhöhte Speichersolltemperatur sinke die Jahresarbeitszahl zwar leicht, der Eigenverbrauch des regenerativen Stroms erhöhe sich demgegenüber aber signifikant.
Die Version mit Kabel sei die kostengünstigere Lösung, allerdings werde der Solarstrom dabei nicht optimal genutzt, da hier ein fester Leistungswert eingegeben ist. Sie eignet sich zum Beispiel für Haushalte mit einer großen Photovoltaikanlage, sagt Voigt.
Centrosolar ging zunächst mit einer Warmwasser-Wärmepumpe auf den Markt, da diese im Vergleich zu Heizungs-Wärmepumpen (auch Kompaktgeräte genannt) einfache Systeme seien, sagt Voigt. Das „einfach zu handhabende System“ sei für den neuen, zwei Gewerke umfassenden Markt konzipiert.
Viessmann ging gleich einen Schritt weiter und bietet Warmwasser-Wärmepumpen und Kompaktgeräte aus seiner Produktserie Vitocal an, die nach Firmenangaben mit Photovoltaikanlagen kommunizieren können. In der Produktbeschreibung heißt es: „Die Vitotronic-Regelung der Wärmepumpe ermittelt automatisch aus den Daten der Vortage die voraussichtliche Leistungskurve der Photovoltaikanlage sowie den zu erwartenden Energiebedarf im Haus. Beides wird für den Betrieb der Wärmepumpe berücksichtigt. So können vorgegebene Einschaltzeitpunkte von der Vitotronic auf Basis der Bedarfsprognose vorgezogen werden, um ein Höchstmaß an Solarstrom mit der Wärmepumpeverwerten zu können. Wird aktuell im Haus keine Wärme benötigt, kann sie im Heizwasser-Pufferspeicher oder im Speicher-Wassererwärmer für die spätere Nutzung gespeichert werden.“ Schüco International bietet seit dem vierten Quartal 2012 ein Wärmepumpen-Photovoltaik-System inklusive Modulen, Wechselrichter von SMA oder Kaco, Unterkonstruktion und Kabel an. Hier können Kunden ebenfalls wählen, ob sie eine Warmwasser-Wärmepumpe oder eine Heizungs-Wärmepumpe haben möchten. „Das Kompakt-Wärmepumpen-System bedient immer erst den Haushaltsstrombedarf, dann die Wärmepumpe, und wenn dann noch Überschuss da ist, dann wird eingespeist“, erläutert Pressesprecherin Ulrike Krüger. Für das Zusammenspiel zwischen den Komponenten entwickelte Schüco die Regelung ITE 5010, die im Hydraulikmodul untergebracht ist.
Gegebenenfalls am zweiten Zähler
Bei Heizungs-Wärmepumpen ist jedoch eine Besonderheit zu beachten. Viele Energieversorger gewähren für Wärmepumpenstrom einen Sondertarif. Dafür behalten sie sich vor, dass sie die Wärmepumpe zu bestimmten Zeiten sperren dürfen, zum Beispiel in der stromintensiven Mittagszeit. Aus diesem Grund hängen sie häufig an einem zweiten Zähler und laufen separat vom Haushaltsstromkreis.
„Wenn ich den Photovoltaikstrom verheizen wollte, müsste ich die Wärmepumpe an den Haushaltsstromzähler, über den auch die PV-Anlage läuft, anschließen, aber das wird in der Regel nicht gemacht“, sagt Tjarko Tjaden, Student im Bereich Regenerative Energien an der HTW Berlin. Er schreibt gerade seine Masterarbeit über das Thema „Techno-ökonomischer Vergleich von Solarthermieanlagen mit Photovoltaik-Wärmepumpen-Systemen mittels dynamischer Simulation“.
Eine Abhilfe könnte sein, dass der Hausbesitzer auf den günstigen Wärmepumpentarif verzichtet und die Wärmepumpe an den Haushaltstromkreis anschließt. Laut Sebastian Voigt entscheiden sich viele Hausbesitzer heute bereits dafür, um die Kosten für den zweiten Zähler sowie den dafür notwendigen Rundsteuerempfänger zur Abregelung durch den Energieversorger zu sparen. Wenn der Solarstrom immer günstiger wird, wird ihnen diese Entscheidung wohl noch leichter fallen.
Steuerung über Heizungsregler
Das Solarsystemhaus Soleg verfolgt einen anderen Ansatz. Hier läuft die Photovoltaikheizung mit dem Produktnamen PVH unabhängig vom Wechselrichter. Das Soleg-Paket besteht aus einer Luft-Wasser-Wärmepumpe von Mitsubishi, einem Kombispeicher mit sogenannter Hydro-Box zur hydraulischen Einbindung sowie einem Regler zur Steuerung der Wärmepumpe und der gesamten Heizungsanlage mit allen weiteren Energieerzeugern. Die Solaranlage mit Wechselrichtern von SMA, Power-One, Kaco oder Kostal verkauft Soleg dazu. Das Unternehmen, das seinen Ursprung in der Solarthermie und deshalb Wärme-Know-how hat, betrachtet das System von der Heizungsseite aus. Soleg ließ sich von einem Hersteller, dessen Namen Vorstand Josef Weindl nicht nennen will, einen speziellen Heizungsregler entwickeln. Er ist in die Hydro-Box am Wärmespeicher integriert. Ein Impulszähler sendet Signale des Einspeisezählers über die Anzahl der Impulse an die frei programmierbare Regelung. Die Software darin kann die Impulse auswerten, in Leistung umrechnen und an die Wärmepumpe übermitteln. Gibt es einen Überschuss an Solarstrom, fängt die Wärmepumpe an zu arbeiten. „Der Heizbetrieb kann schon bei sehr geringer Leistung der Wärmepumpe aufgenommen werden“, sagt Weindl. „Je nach Leistung liegt der Einschaltpunkt bei 400 oder 500 Watt.“ Ebenfalls auf der Heizungsseite ist eine Neuerung angesiedelt, die diverse große Heizungsbauer auf der Heizungs- und Sanitärmesse ISH im März vorstellten: der „SG Ready Standard“. Er erweitert die Heizungswärmepumpen-Sperre durch Energieversorgungsunternehmen um eine zusätzliche Klemme. „Somit stehen zwei digitale Kontakte zur Verfügung, über die jetzt vier Zustände darstellbar sind: teurer Strom, Normaltarif, günstiger Strom und kostenloser Strom“, sagt Sebastian Voigt von Centrosolar, wo die Entwicklung schon länger beobachtet wird.
Ursprünglich sollte der Standard dazu verwendet werden, um auf lastvariable Tarife reagieren zu können, erklärt er. Diese werden derzeit von den Energieversorgungsunternehmen aber noch nicht angeboten. Voigt sieht gleichwohl eine Chance darin: „Wir sagen, selbst genutzter PV-Strom ist wie ein lastvariabler Tarif zu betrachten. Liegt ein Überschuss an Photovoltaikstrom an, ist es somit einfach möglich, Heizkurven um einen Punkt anzuheben oder die Raumtemperaturen um einen Kelvin anzuheben, um die Gebäudemasse als thermischen Speicher zu nutzen.“ Außerdem könne die Warmwassertemperatur im Speicher angehoben werden. Die Techniken, um sich mit einer Photovoltaikanlage an den SG-Ready-Kontakt anzubinden, sind laut Voigt mit heutigen Wechselrichtern und Energiemanagementsystemen schon gegeben. In der Branche wird dies mit Sicherheit für neuen Diskussionsstoff sorgen.