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Schippern ohne Dunst

Höher, schneller, weiter. Um diese klassischen Ziele eines Wettkampfs geht es dem Team um die zwei Franzosen Victorien Erussard und Jérôme Delafosse gar nicht. Insgesamt helfen 50 Mitarbeiter, um eine emissionsfreie Weltumsegelung zu realisieren.

Die Zeit auf dem Meer an der frischen Luft kann ausgiebig genossen werden: In sechs Jahren wollen die Franzosen 101 Häfen mit der elektrischen Yacht Energy Observer ansteuern. Es gebe nicht die eine Wunderlösung, um den Klimawandel zu besiegen, sagt Erussard. Dafür aber mehrere Lösungen, die zusammen funktionieren. Genau das demonstriert die Energy Observer. Die Energie der Natur muss bestmöglich genutzt werden, ebenso wie die Ideen der Menschen. Photovoltaikmodule mit 21 Kilowatt Leistung pflastern das Deck. Sie belegen rund 130 Quadratmeter auf dem 30 Meter langen Schiff. Neben bifazialen Modulen wurden einige der Module mit einer Antirutschbeschichtung überzogen, damit die Besatzung an Bord problemlos darauf laufen kann.

Die Photovoltaikgeneratoren speisen die Sonnenenergie in Lithiumakkus ein, die über 106 Kilowattstunden Kapazität verfügen und zwei Elektromotoren antreiben. Hinzu kommen zwei vertikal drehende Kleinwindturbinen, mit je einem Kilowatt Leistung.

Brennstoffzelle und Winddrachen

Der Clou: Der Katamaran produziert seinen eigenen Wasserstoff in einem Elektrolyseur und speichert ihn mit 350 Bar in einem Tank, um das Gas in einer Brennstoffzelle wieder zu verstromen. Die Brennstoffzelle soll vor allem nachts feuern oder tagsüber, wenn Flaute herrscht. Als weitere Energiequelle dient ein ausfahrbarer Winddrachen. Damit werden in der Tat Wind und Sonne mehrfach genutzt und kombiniert.

78 Stundenkilometer schafft der Katamaran, aber auf Geschwindigkeit haben es Erussard und Delafosse nicht abgesehen. Sie wissen, der Speed ist nicht energieeffizient – ganz im Gegenteil. Deshalb wollen sie mit weniger als 20 Stundenkilometer auskommen.

Ähnlich wie die Schweizer Flugpioniere Bertrand Piccard und André Borschberg mit ihrem Elektroflieger Solar Impulse 2 um die Welt gesegelt sind, machen es die französischen Seemänner. Ihre Mission: Sie wollen zeigen, dass es möglich ist, ohne Emissionen um die Welt zu schippern.

Und diese Erkenntnis braucht die Menschheit bitter nötig. Egal ob Containerschiffe, Fähren oder Ausflugsdampfer, alle pusten eine große Menge Luftschadstoffe in die Umgebung. In Häfen wimmelt es von qualmenden Schiffsschloten, kritisiert der Naturschutzbund. Und das obwohl mittlerweile Kraftstoff mit geringerem Schwefelgehalt auf See verwendet werden muss. Schiffsdiesel bleibt aber weit hinter der Qualität von Straßendiesel zurück, monieren die Umweltschützer. Hinzu kommt: Anders als Autos und Lkw verwenden Schiffe in der Regel keinerlei Abgastechnik, sodass die enormen Mengen gesundheitsgefährdender Luftschadstoffe wie Feinstaub, Dieselruß oder Stickoxide ungefiltert in die Atemluft gelangen. „Weder Reeder noch Hafenverwaltungen ergreifen derzeit ausreichend effektive Maßnahmen“, weiß Daniel Rieger, Nabu-Referent für Verkehrspolitik.

Dabei könnte der Umstieg auf schwefelarme Kraftstoffe und die Verwendung von Rußpartikelfiltern sowie Stickoxidkatalysatoren den Luftschadstoffausstoß um bis zu 99,9 Prozent reduzieren. Zum Vergleich: Laut Nabu produzieren die 15 größten Schiffe weltweit so viel Schadstoffe wie 750 Millionen Autos.

Tourstart am 5. Juli in Saint-Malo

Mit nur 30 Tonnen ist der Kahn von Erussard und Delafosse relativ leicht, auch das spart Energie und Schadstoffe. Sie haben den Kahn für eine halbe Million Euro gekauft und dann umgebaut. Ihre Tour beginnt am 5. Juli von Saint-Malo in der französischen Bretagne aus. In der Vergangenheit hofften die Seefahrer, neues Land zu entdecken und Edelmetalle zu erbeuten. Die neuen Kapitäne beuten nicht aus – und betreten trotzdem Neuland.

www.energy-observer.org

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