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auf der Jagd nach PID

Es ist schon das dritte Mal, dass Manfred Einerhand gegen ein Phänomen kämpft, dass wie ein Damoklesschwert inzwischen über jeder Photovoltaikanlage schwebt: die potenzialinduzierte Degradation. Auch wenn drei Anlagen innerhalb von elf Jahren, in denen Einerhand inzwischen Solaranlagen installiert, nicht viel sind. Als Quelle für viel Ärger taugen sie trotzdem.

Immerhin zeigte sich der Modulhersteller Sunways im Jahr 2009 noch kulant. „Damals hat der Betreiber gemerkt, dass seine Anlage nach zwei bis drei Jahren schlechter läuft“, erinnert sich der Installateur aus Soest.

„Er hat einfach seine beiden Anlagen mit verschiedenen Baujahren und Modulen verglichen. Dann hat er sich bei mir als Installateur beschwert, und ich habe mich an Sunways als Hersteller der betroffenen Module gewandt, der das Problem schon kannte.“

Der Modulbauer aus Konstanz wusste, dass es bei einigen seiner Module zu einem Polarisationseffekt kommt. Dieser wird ausgelöst durch einen Potenzialunterschied zwischen den Solarzellen in den Modulen und der Erde. „Durch die unterschiedlichen Spannungen zwischen der Solarzelle und dem Modulrahmen oder der Unterkonstruktion kann eine dann eine PID entstehen“, erklärt Matthias Diehl.

Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter für Photovoltaikanlagen. Seine besondere Spezialität ist die Fehlersuche an Solarstromanlagen. In einem speziellen Seminar zur Fehlersuche bei der Solarakademie Franken der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) in Nürnberg macht er Installateure mit dem Thema eingehend vertraut.

Leckströme im Material

Die Ursache für PID ist die Spannung, die zwischen den Zellen und der Unterkonstruktion messbar ist. Diese ist wiederum abhängig vom Wechselrichterkonzept und dem Aufbau des Generators.

„Wenn man einen Solargenerator mit einer Leerlaufspannung von 500 Volt hat, bedeutet dies, dass die Potenzialdifferenz zwischen Minus- und Pluspol 500 Volt beträgt“, erklärt Diehl. „Man hat dann allerdings noch keine Aussage darüber, wie die Potenzialdifferenz zwischen Pluspol und Erde beziehungsweise zwischen Minuspol und Erde ist.“ Denn diese ist entscheidend, ob sich in die Anlage eine PID einschleichen kann oder nicht.

Die eigentlichen Schwachstellen im Modul, die PID verursachen, sind die Materialien, die die Zellen gegen den Modulrahmen isolieren. Dazu zählen das Glas und die Folien, in die die Zellen eingebettet sind. „Wenn die Isoliermaterialien über eine sehr lange Zeitdauer hohen Gleichspannungen ausgesetzt sind, werden sie durch sogenannte Leckströme polarisiert“, erklärt Diehl. „Das heißt, dass die Moleküle in diesem Isoliermaterial langsam ihre Position verändern.“

Die Leckströme fließen nicht vom Plus- zum Minuspol, sondern auf Abwegen von den Zellen durch das Glas und durch die Folie in den Modulrahmen ab. Abhilfe schaffen spezielle Boxen, die nach Sonnenuntergang den Plus- und Minuspol einer Anlage kurzschließen und eine Spannung von plus 1.000 Volt an den Generator anlegen. Dadurch wird sämtlichen Zellen einen positive Vorspannung gegen Erde verpasst und die Module auf ein hohes positives Potenzial gegen Erde gehoben. Damit machen diese Boxen den im Betrieb entstandenen Polarisationseffekt wieder rückgängig.

Sind in den Modulen n-dotierte Solarzellen verbaut, wie sie zum Beispiel der Modulhersteller Sunpower anbietet, ist es genau umgekehrt. Dann muss die Plusseite des Generators geerdet werden, indem der Installateur an die Module eine negative Vorspannung gegen Erde anlegt. Dies erreicht er, indem er den Generator kurzschließt und minus 1.000 Volt gegen Erde anlegt.

Heilung in sechs Monaten

Eine solche Box vom Wechselrichterhersteller SMA im hessischen Niestetal spendierte Sunways dem Betreiber der Anlage, die Einerhand installiert hat. Er baute die Box ein. „Die ‚Heilung‘ vollzog sich dann innerhalb von sechs Monaten“, sagt der Soester Installateur. „Die Verbesserung der Module habe ich über Messungen der Leerlaufspannung im Vergleich zu Modulen in der gleichen Anlage nachgewiesen, die an kleinen Trafowechselrichtern angeschlossen waren und keine PID hatten. Ich habe dann noch einen weiteren Kunden angesprochen, der ebenfalls schlechte Erträge mit den gleichen Modulen hatte, und diesem haben wir auch eine Offset Box eingebaut.“

Messung auf dem Dach

Jetzt macht ihm die nächste Anlage mit Ertragseinbußen Sorgen. Auf einem Pferdehof hatte er eine Anlage mit Modulen von Alfasolar installiert. Auf den Hersteller kann er nicht mehr hoffen, denn den gibt es nicht mehr. Außerdem sind die Module nach fünf Jahren ohnehin aus der Gewährleistung heraus.

Der Versuch mit der Offset Box von SMA brachte bisher kein Ergebnis, weil diese immer wieder eine Störung angezeigt hat. Inzwischen hat er einen Betriebsmodus gefunden, in dem die Boxen zumindest arbeiten. Ob sie den Fehler auch beheben, ist noch nicht klar. „Wir wissen bisher nicht, ob die Module von Alfasolar vielleicht doch an Korrosion leiden, vielleicht Schneckenspuren da sind, die man wegen des Pyramidglases nicht sehen kann, oder etwas anderes defekt ist“, klagt Einerhand. Hier ist professionelles Know-how gefragt. Der sicherste Weg wäre, die Module auszubauen und im Labor zu untersuchen. Doch das ist aufwendig und teuer. Aber es gibt einige Methoden, die Module auch auf dem Dach zu untersuchen.

Matthias Diehl schwört dazu auf Elektrolumineszenzaufnahmen. „Bis vor einigen Jahren galt die Prämisse, dass solche Aufnahmen im Feld nicht möglich wären, weil auch nachts noch zu viel Restlicht im Infrarotbereich übrig wäre“, erklärt Diehl. „Das haben wir ausprobiert und festgestellt, dass es sehr wohl auch in bestehenden Anlagen geht, ohne die Module demontieren zu müssen. Wir haben dann noch nach Lösungen gesucht, wie man wetterunabhängig Photovoltaikanlagen untersuchen kann und mit möglichst geringem Aufwand vernünftige Ergebnisse bekommt.“

Digitalkamera modifiziert

Daraus hat Diehl ein Equipment für die sogenannte Rückstromelektrolumineszenz zusammengestellt. Es besteht aus einem Netzteil und einer umgebauten Digitalkamera. Mit dem Netzteil legt er eine Spannung von bis zu 1.000 Volt an den Generator an. Mit einer Stärke von bis zu fünf Ampere speist er dann einen Rückwärtsstrom in die Modulstränge ein. Dadurch werden die Solarzellen sozusagen umgedreht und statt Strom zu produzieren, strahlen sie Licht mit einer Wellenlänge von 1.100 Nanometern aus.

An dieser Stelle kommt die umgebaute Digitalkamera ins Spiel. Hier greift Diehl auf eine Entwicklung der Fachhochschule Münster zurück. Dort hat das Entwicklerteam um Konrad Mertens aus einer handelsüblichen Spiegelreflexkamera einige Filter ausgebaut, sodass sie am Ende nur noch für genau den entscheidenden Spektralbereich eine Restempfindlichkeit aufweist. „Mit diesem Equipment kann der Installateur Elektrolumineszenzaufnahmen zu Kosten machen, die in der Größenordnung einer Thermografiekamera liegen“, erklärt Diehl. „Der Installateur kann so die Zellen selbst sehen und nicht nur die Oberfläche der Frontglasscheibe wie bei der Thermografie. Damit kann er sehr gut Haarrisse, aber auch PID diagnostizieren. Teilweise sehen wir schon die Fehler in der Entstehung.“

Hinweise schnell erkennen

Dazu kommt noch, dass man bei Elektrolumineszenzaufnahmen nicht einen bestimmten Winkel zum Modul einhalten muss wie bei der Thermografie. Denn die Reflexionen vom Modulglas spielen bei der Elektrolumineszenz keine Rolle. Allerdings ist etwas Erfahrung notwendig, um die entstandenen Bilder auch richtig zu interpretieren.

Hat der Installateur diese Erfahrung, kann er sehr schnell Hinweise auf PID auf den Elektrolumineszenzaufnahmen erkennen. „Wenn man am negativen Strangende dunkle Zellen findet, die meist in der Nähe des Modulrahmens sind, und die Zellen in der Mitte des Moduls am positiven Strangende weniger stark betroffen sind, dann ist das ziemlich sicher ein Fall von PID“, erklärt Diehl.

Dies gilt zumindest für Solarzellen, die aus p-dotierten Wafern hergestellt wurden. Bei Modulen mit Zellen aus n-dotierten Wafern werden die dunklen Bereiche eher am positiven Strangende auftreten, wenn sie von PID betroffen sind. „Im Anfangsstadium der PID zeigen vor allem Zellen in der Nähe des Modulrahmens nur noch wenig Lichtemission“, weiß Diehl. Sie erscheinen in der Elektrolumineszenzaufnahme dunkel.

Die unterschiedlichen Spannungen der Module gegen Erde an den beiden Enden des Strangs bilden die Grundlage für eine zweite Möglichkeit, PID zu messen, ohne die Module ausbauen zu müssen. „Denn am Ende von einem Strang kann es zu hohen Erdpotenzialen kommen, weil sich die Spannungen der in Reihe geschalteten Module aufaddieren“, erklärt Carola Völker vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Dann hat das letzte Modul die höchste negative Spannung. Durch die Differenz des Potenzials gegen Erde zwischen erstem und letztem Modul im Strang kommt es zu den Polarisationseffekten. Zusammen mit ihren Kollegen hat Völker jahrelang Module auf die Entstehungsmechanismen von PID hin untersucht.

Aufgrund der Potenzialunterschiede ist die elektrische Vermessung der einzelnen Module im Strang ein mögliches Mittel, um der PID auf die Spur zu kommen. Dabei misst der Installateur die Leerlaufspannung und wenn möglich die gesamte Leistung verschiedener Module im Strang. Wenn die Werte von Modulen am negativen Ende des Strangs erheblich geringer sind als die der Module am positiven Ende des Strangs, ist dies ein deutliches Indiz für PID. Dazu muss man aber einfach an die Module herankommen, was bei einer Dachanlage nicht immer der Fall ist.

Wärmebilder liefern Hinweise

Es geht auch mit der Thermografie. Der Thermograf muss die Aufnahmen nur richtig interpretieren. „Dabei betrachtet man das Verhältnis zwischen warmen und kalten Bereichen“, erklärt Daniel Philipp, Leiter des Testlabors für Solarmodule am Fraunhofer ISE. „Wenn man die Anlagentopologie kennt und weiß, wo die negativen und die positiven Potenziale sind, ist es ein Indiz für PID, wenn mehr wärmere Zellen im negativen als im positiven Bereich zu finden sind.“

Die Thermografie hat einige Nachteile, die auf der Jagd nach PID entscheidend sind. So sehen die Theromgrafiekameras Licht mit einer Wellenlänge von fünf bis 15 Mikrometern. Sie können nicht durch das Frontglas des Moduls schauen, sondern immer nur darauf. Denn das Glas ist undurchsichtig bei diesen Wellenlängen. Das Licht mit einer Wellenlänge von 1.100 Nanometern, das kristalline Zellen bei Rückstrom emittieren, dringt hingegen durch die Glasscheibe, wird aber von der Thermografiekamera nicht erkannt. So bleiben die Elektrolumineszenz oder der Versuch der Heilung durch Erdung die sichersten Methoden.

„Ich habe viel von PID gehört, aber bisher nur wenig davon gesehen“, berichtet Matthias Diehl. „Erst seitdem wir verstärkt die Methode der Rückstromelektrolumineszenz anwenden, also wirklich gezielt hinschauen, finden wir öfter auch Fälle von PID.“ Er warnt davor, das Problem als Mythos abzutun. „Viele Fälle von PID bleiben unerkannt, solange sie sich nicht zu stark auf den Ertrag auswirken. Es ist ein schleichender Prozess, den man nicht auf Anhieb bemerkt.“

Deshalb rät er den Installateuren, die die Wartung einer Anlage übernommen haben, sorgfältig zumindest die Leerlaufspannungen zu kontrollieren und sie gegen Referenzstränge oder Referenzmodule zu messen. So bekommt der Installateur Vergleichswerte, die verhindern, dass er einen Fall von PID im Anfangsstadium übersieht. „Wenn der Prozess dann einmal sehr weit fortgeschritten ist, ist er nicht mehr zu übersehen“, sagt Matthias Diehl.

www.photovoltaikbuero.de

Kurz nachgefragt

„Wir setzen die Anlage unter Strom“

Was genau versteht man unter PID?

Thomas Dorsch: PID ist ein physikalischer Effekt, der nur durch die richtige Betriebsweise einer Photovoltaikanlage vermieden werden kann. Rein technisch betrachtet kommen hier nur eine Erdung des Systems oder der Einsatz von Produkten wie unserem Float Controller infrage.

Wo setzen Sie bei der Heilung der Module an?

Bei kristallinen Modulen entsteht PID durch negatives Potenzial gegen Erde. Dies führt dazu, dass die Elektronen aus dem Valenzband des Halbleiters wandern. Damit stehen diese Elektronen dem Modul nicht mehr für die Stromerzeugung zur Verfügung. Mit dem Float Controller schieben wir die Elektronen wieder dorthin, wo sie hingehören, und bringen damit das Modul zurück zur ursprünglichen Leistungsfähigkeit.

Wie funktioniert das?

Letztlich ist der Float Controller nichts anderes als eine Spannungsquelle. Fällt am Abend die Spannung des Photovoltaikfeldes unter einen bestimmten Schwellwert, hebt und fixiert der Float Controller dieses auf ein hohes positives Potenzial und macht damit den Abwanderungseffekt rückgängig.

Wie verhindert der Float Controller PID?

Bei kristallinen Modulen ist der Nachtbetrieb völlig ausreichend, um die am Tag entstandenen Probleme zu beheben. Damit werden Ertragsverluste durch PID von Anfang an verhindert. Ist eine Anlage bereits länger in Betrieb und weist PID-Probleme auf, dauert die Erholung natürlich länger.

Wie lange in etwa?

Erfahrungsgemäß sind erste Effekte bereits nach sieben bis zehn Tagen zu sehen. Das gleiche Prinzip verwenden wir auch bei Anlagen mit Dünnschichtmodulen. Hier führt das negative Potenzial gegen Erde zu einer physischen Zerstörung der Schicht. Allerdings muss hier während des Betriebs der Anlage das Potenzial angehoben werden.

Das Gespräch führte Sven Ullrich.

Kurz nachgefragt

„PID ist ein schleichender Prozess“

Wie funktioniert die Offset Box und was genau macht sie?

Dirk Menne: Die PV Offset Box legt nach Sonnenuntergang eine Spannung an den Generator und hebt dadurch die Module auf ein hohes positives Potenzial. Damit macht sie den im Betrieb entstandenen Polarisationseffekt wieder rückgängig.

Kann man PID nur aufhalten oder ist eine vollständige Regeneration der Module möglich?

PID ist ein schleichender Prozess, der über Monate oder Jahre auftritt. Mit Einsatz der PV Offset Box ist eine Regeneration möglich. Wenn der Generator bereits längere Zeit von PID betroffen ist, dauert die Regeneration in etwa genauso lange wie die Degradation.

Muss die Box die ganze Zeit installiert bleiben?

Es empfiehlt sich, die PV Offset Box bei betroffenen Anlagen dauerhaft einzusetzen, um ein erneutes Auftreten von PID zu verhindern.

Wo liegen die Grenzen für die Wirkung der Offset Box?

Es ist leider nicht ganz einfach, da selbst innerhalb eines Strings die einzelnen Module meist unterschiedlich stark von PID betroffen sind. Sollte der Betreiber dauerhafte Leistungseinbußen beobachten, wendet er sich an seinen Installateur oder Modulhersteller. Dieser kann feststellen, ob die Anlage von PID betroffen ist, und entsprechende Gegenmaßnahmen veranlassen.Je früher PID entdeckt wird, desto besser stehen die Chancen für eine Regeneration. Die Box braucht nur wenig Energie, da nur ein geringer Strom fließt.

Es ist leider nicht ganz einfach, da selbst innerhalb eines Strings die einzelnen Module meist unterschiedlich stark von PID betroffen sind. Sollte der Betreiber dauerhafte Leistungseinbußen beobachten, wendet er sich an seinen Installateur oder Modulhersteller. Dieser kann feststellen, ob die Anlage von PID betroffen ist, und entsprechende Gegenmaßnahmen veranlassen.Je früher PID entdeckt wird, desto besser stehen die Chancen für eine Regeneration. Die Box braucht nur wenig Energie, da nur ein geringer Strom fließt.

Kann man damit alle kristallinen Solarmodule heilen?

Bislang sind uns keine Einschränkungen zum Einsatz an Modulen unterschiedlicher Hersteller bekannt. Allerdings sollte man den Einsatz der PV Offset Box unbedingt vom jeweiligen Modulhersteller freigeben lassen.

Worauf muss der Monteur bei der Montage achten?

Im Prinzip wird die PV Offset Box parallel zu den Strings der Anlage angeschlossen. Die Installationsanleitung der Box enthält dazu genaue Anweisungen mit zahlreichen Konfigurationsbeispielen. In jedem Fall muss die Installation durch eine geschulte Fachkraft erfolgen.

Das Gespräch führte Sven Ullrich.

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