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Den Verdichter treiben

Strom von Sonne und Wind: Mit regenerativen Generatoren öffnen sich völlig neue Versorgungskonzepte für Strom, Wärme, Lüftung und Kälte. Treibt der Ökostrom eine Wärmepumpe, lassen sich kaum schlagbare Betriebskosten erzielen – auch in Mehrgeschosswohnbauten oder in Fabriken. Denn auch bei den Wärmepumpen entwickelt sich die Technik rasant, gehen die Kosten für das Kilowatt weiter nach unten. „Wir rechnen mit 500 Euro bis 1.500 Euro je Kilowatt installierter Pumpenleistung“, schätzt Pieter Bots, Gründer und Geschäftsführer der Berliner Firma Geo-En Energy Technologies. „Die Investitionen hängen natürlich stark vom konkreten Einsatzfall ab. Mit der Photovoltaik oder mit kleinen Windrädern haben wir die Chance, die Kosten für den Antriebsstrom der Wärmepumpe zu senken.“

Zehnmal höhere Entzugsleistungen

Geo-En wurde 2007 gegründet, die 20 Mitarbeiter sitzen im Berliner Stadtteil Schöneberg. Bots und seine Kollegen haben eine besondere Erdsondentechnik entwickelt, mit der sich sehr hohe Entzugsleistungen aus tief gelegenen Wasseradern ziehen lassen. Mit diesen Hochleistungssonden bietet das Unternehmen schlüsselfertige Versorgungskonzepte für größere Gebäude an: Wohnhäuser in der Stadt, alte Villen, Fabriken und Verwaltungsgebäude. „Wir erreichen deutlich geringere Energiekosten als beispielsweise ein System aus Gasheizung und klassischer Kälteanlage“, sagt Pieter Bots.

Kernstück ist die Sonde, die in den Aquifer greift. Die patentierte Integralsonde fördert das Grundwasser über eine einzige Bohrung zum Arbeitskreis der Wärmepumpe. Normale Sondenfelder beziehen die Erdwärme aus geschlossenen U-Rohren, in denen eine Sole als Wärmetauscher zirkuliert. Gerade größere Gebäude benötigen oft so viel Leistung, dass mehrere tiefe Bohrungen notwendig sind. Bohrungen jedoch sind teuer, die Kosten gehen hoch. Die Integralsonde zieht das Grundwasser nach oben, um mit seiner Wärme das Arbeitsmittel in der Wärmepumpe zu verdampfen. Da sehr hohe Leistungen möglich sind, kommt das System mit einer Sonde aus.

Für Böden mit sehr schmalem Aquifer bietet Geo-En eine Zwillingssonde an, die mit zwei Bohrungen auskommt. Sogar Festgestein lässt sich mit der Technologie von Geo-En thermisch nutzen: indem die Ingenieure Wasser in ein tiefes Bohrloch drücken, das die Wärme des Gesteins aufnimmt und schließlich wieder zur Erdoberfläche gebracht wird. „Die Entzugsleistungen liegen pro Bohrloch etwa zehnmal höher als bei konventionellen Erdsonden“, rechnet Pieter Bots vor. „Wird die Anlage nur für die Heizung im Winter verwendet, erreichen wir Jahresarbeitszahlen von 4,5 bis 5. Soll sie in den heißen Monaten auch kühlen, sind Arbeitszahlen bis 30 möglich.“ Die Arbeitszahl beschreibt, wie viel Wärmeenergie das Aggregat mit einer Kilowattstunde Antriebsstrom für den elektrischen Verdichter erzeugen kann. Soll heißen: Die Wärmepumpe veredelt den elektrischen Strom, indem sie saubere Umweltwärme erzeugt.

Bietet ein Gebäude große Massen wie Betonkerne an, um sie thermisch aufzuladen, steigt die Jahresarbeitszahl deutlich. Auch Warmwasser lässt sich damit erzeugen, ebenso Prozesswärme für Fabriken.

Marathon statt Sprint

Für die Investition ist nicht nur die Leistung der Wärmepumpen ausschlaggebend, also die Größe der Sonden und der Aggregate. Wichtig ist außerdem, wie die Energie übers Jahr genutzt wird. Die Wärmepumpe ist ein Arbeitspferd, thermodynamisch gesprochen. Sie sollte Marathon laufen, keinen Sprint.

Ein System zur Komplettversorgung mit Heizwärme, Warmwasser und Kühlung läuft im Jahr zwischen 3.000 und 4.000 Stunden. Bei 4.000 Betriebsstunden sind Energiekosten von weniger als fünf Eurocent je Kilowatt möglich. Werden Betonkerne aktiviert, spart man sogar den hydraulischen Pufferspeicher, ohne den man bei einem einfachen Heizsystem kaum auskommt. Nur für Warmwasser braucht die Anlage einen separaten Speicher, um Spitzenbedarf aufzufangen.

Neben der Nutzenergie im Gebäude bietet das System die Möglichkeit, überschüssige Wärme aus der Kühlung im Sommer ins Erdreich einzulagern. Dadurch wird die dauerhafte Auskühlung des Untergrunds vermieden. Spezielle Anforderungen wie Legionellenschutz für das Trinkwasser lassen sich mit Frischwasserstationen oder nachgeschalteten Warmwasser-Wärmepumpen erfüllen. Sie erreichen bis zu 65 Grad Celsius.

Eine Fabrik in Fürstenfeldbruck

Bisher werden die Wärmepumpen meist in Neubauten installiert. Denn Erdwärmesysteme brauchen keine heißen Radiatoren, um die Räume zu wärmen. Sie erzielen Temperaturen von 35 bis 45 Grad Celsius, ideal für Flächenheizungen im Fußboden oder in den Wänden. Über Kühlmatten in den Wänden oder in den Zimmerdecken lässt sich Überschusswärme im Sommer sehr gut abführen.

Geo-En hat Wohnhäuser im Berliner Stadtgebiet mit der Integralsonde ausgestattet, mit rund 2.000 Quadratmeter Wohnfläche. Eine Sonde reichte aus, sie wurde über den Keller in den Boden eingebracht. „Wir schaffen mindestens 30 Kilowatt Entzugsleistung, eher 40 oder 50 Kilowatt“, sagt Pieter Bots. „Das reicht für ein typisches Mehrfamilienhaus mit 10 bis 20 Parteien.“ Entscheidend ist die Sonde im Boden, ein kompliziertes Bauwerk. Auch die Steuerung der Energieströme ist oftmals knifflig, vor allem bei Gebäuden mit Prozesswärme oder Kältebedarf. Die eigentlichen Wärmepumpen werden von zwei Herstellern aus Brandenburg geliefert, „nach unseren Vorgaben und Berechnungen“, wie Pieter Bots erzählt. „Das sind spezielle Aggregate, die kann man nicht von der Stange kaufen. Wichtig ist die Qualität der Wärmetauscher, die genau ausgelegt sein müssen. Oder die elektronisch regelbaren Ventile zur Steuerung.“ Um sehr hohe Leistungen zu erreichen, werden mehrere Wärmepumpen als Kaskade geschaltet.

16.000 Quadratmeter versorgt

Ein Beispiel ist die neue Fabrik der Firma Stangl in Fürstenfeldbruck. Unter dem Markennamen Singulus stellt Stangl chemische Prozesstechnik her, die in der Herstellung von Dünnschichtmodulen eine Rolle spielt. Der Neubau verfügt über 6.000 Quadratmeter Bürofläche und 10.000 Quadratmeter für die Fertigung. Neben der Heizung im Winter ergibt sich im Sommer ein hoher Kältebedarf, weil die Sonne und die Maschinen die Räume überhitzen. Zudem wird ganzjährig Prozesskälte benötigt. Die Heizleistung summiert sich auf insgesamt 927 Kilowatt, die Kühlleistung auf 900 Kilowatt. Geo-En konzipierte drei Zwillingssonden, die 22 Meter tief in die Grundwasserader eingelassen wurden.

Monovalante Kühlung

Pro Stunde saugt die Pumpe rund 134 Kubikmeter an das Aggregat, die Wassertemperatur liegt zwischen acht und zwölf Grad Celsius. Die Heizung erfolgt monovalent, wird also ausschließlich durch die Wärmepumpen abgedeckt. Ein Gaskessel, der an besonders eisigen Tagen eingreift, wird nicht benötigt. Drei Wärmepumpen mit je 309 Kilowatt stehen dafür bereit.

Die Kühlung ist gleichfalls monovalent ausgelegt, die Abwärme wird ins Grundwasser geführt, als Speicher für die nächste Heizperiode. Die komplizierte Steuerung ist elektronisch ausgeführt, ein Datenlogger nimmt die Werte von 24 Echtzeitsensoren auf und optimiert die Anlage je nach Bedarf. Die Leistungszahl dieser Anlage erreicht knapp 5 (Heizung), mit Kühlung immerhin 29. Im Vergleich zu einer konventionellen Anlage aus Erdgaskessel und Kältetechnik spart dieses System pro Jahr etwa 68.000 Euro bei den Betriebskosten ein. Die Anschaffungskosten der Anlage amortisieren sich so innerhalb von sieben Jahren.

Die Emissionen fallen von 490 Tonnen auf unter 200 Tonnen. Geo-En baut Anlagen von 50 Kilowatt bis zu einer Größe von zwei Megawatt Leistung. „Wenn es die Bodenbeschaffenheit zulässt, können wir für fast jeden Standort die passende Lösung anbieten“, sagt Pieter Bots. Erst kürzlich wurde eine alte Villa im Nobelvorort Grunewald saniert. Auch sie erhielt eine Integralsonde für Heizung und Kühlung.

Autark und ohne Emissionen

Emissionsfrei könnten die geothermischen Anlagen laufen, wenn der Antriebsstrom für die Zirkulationspumpen und die Wärmepumpen aus einem Sonnengenerator oder einem Windrad stammt. „Wir planen derzeit eine Anlage, bei der ein neuartiges Hybridsystem eingesetzt wird“, sagt Nikolaus Meyer, Kollege von Bots in der Geschäftsleitung von Geo-En. „Dort werden wir Geothermie und Photovoltaik kombinieren, um die Wärmepumpe mit Solarstrom anzutreiben. So maximieren wir den Einsatz erneuerbarer Energie im Gebäude.“ Meyer ist ein alter Hase in der Photovoltaik, bis vor Jahresfrist führte er die Geschäfte beim Berliner Dünnschichthersteller Soltecture. „In den Sommermonaten haben wir mehr als genügend Solarstrom zur Verfügung, um die Wärmepumpe anzutreiben und Heißwasser zu erzeugen.“

In den Monaten mit wenig Solarstrom wirkt die Wärmepumpe wie ein Hebel: Aus jeder Kilowattstunde Solarstrom werden vier Kilowattstunden Wärme erzeugt. „So reichen uns relativ geringe Solarerträge, um den Bedarf der Wärmepumpe zu decken und das Gebäude zu beheizen. Das ist weit effizienter, als den Solarstrom direkt für das Heizen zu verwenden.“ Erste Simulationen ergaben, dass 30 bis 40 Prozent des Strombedarfs der Wärmepumpe – also der Heizungsanlage – mit einer Photovoltaikanlage mittlerer Größe erzeugt werden können. „Das gilt für Wohnhäuser, die nur im Winter Heizbedarf haben“, analysiert Meyer. „Kommt ein Bedarf an Gebäudekühlung oder gar Prozesswärme hinzu, decken sich Strombedarf der Wärmepumpe und Stromangebot der Solaranlage noch besser.“ Allerdings muss die Solaranlage entsprechend groß sein. Hohe, kompakte Wohnblocks haben in der Regel nur wenig Dachfläche, bezogen auf den umbauten Raum.

Viel Fläche im Gewerbegebiet

Anders die großen Fabriken und Bürogebäude in den Gewerbegebieten und Industrieparks: Meist verfügen sie nur über ein oder zwei Stockwerke, dafür gehen sie ordentlich in die Breite. Nicht selten können ihre Dächer einige Hundert Kilowatt oder sogar Megawatt Solarleistung bereitstellen. „Diese Kombination kommt unseren Kunden entgegen“, meint Meyer. „Sie wollen möglichst viel Energie aus erneuerbaren Quellen decken, gleichzeitig rechnen sie mit spitzem Bleistift.“ Er schätzt die Amortisation auf sieben bis acht Jahre, „auf alle Fälle deutlich unter zehn Jahren“.

https://geo-en.de/

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