Schon längst hat die Technisierung in der Landwirtschaft Einzug gehalten. Dabei geht es nicht mehr nur um die Kühlung der landwirtschaftlichen Produkte oder das elektrische Beheizen von Ställen. Die Bandbreite reicht weiter, vom automatisierten Melkstand über den selbstfahrenden Futterroboter bis hin zum Futterschieberoboter, der selbstständig seinen Weg durch die Ställe findet und ebenso selbstständig zurück zur Ladestation fährt, wenn der Akku zur Neige geht.
Auch der Ackerbau ist immer mehr durchtechnisiert. Die Landwirte tauschen die Harke gegen das Tablet aus, um die Nutzflächen zielgerichtet zu bewirtschaften. Mit Drohnen kontrollieren sie immer größere Flächen, ob dort die Pflanzen gut gedeihen oder es Probleme gibt.
Technik automatisiert
Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich haben Rosie entwickelt. Das ist ein Agrarroboter, der vollkommen selbstständig über das Feld fährt und dort komplett mechanisch Unkraut vernichtet. Dazu zieht er vier kleine Pflugschare in zwei bis drei Zentimetern Tiefe durch den Boden und trennt so das Unkraut von den Wurzeln. Das Unkraut wird an die Oberfläche befördert und vertrocknet dort.
Ein ebenfalls an der ETH Zürich entwickelter Algorithmus sorgt dafür, dass er zuverlässig zwischen Nutzpflanzen und Unkraut unterscheidet. Diese Daten liefern Kamerasensoren, die in einem Computer im Roboter verarbeitet werden.
Solche Anwendungen etablieren sich immer mehr. Erleichtern sie doch nicht nur die Arbeit auf dem Hof, sondern steigern auch die Erträge. Sie sorgen aber auch für einen steigenden Energiebedarf in den Agrarbetrieben. Viele Landwirte reagieren mit der Photovoltaik auf die dadurch steigenden Stromkosten.
Mobilität mitgedacht
Was auf dem Hof selbst noch relativ einfach erscheint, wird auf dem Acker aber schwieriger. Denn dort steht der Solarstrom nur sehr selten vor Ort zur Verfügung, um die Landmaschinen oder Traktoren mit Energie zu versorgen. „Die Dekarbonisierung kann vor dem Fuhrpark in den Agrarbetrieben nicht haltmachen”, sagt Stephan Schindele, Produktmanager Agri-PV bei Baywa r.e. Auch wenn es schwieriger ist, den Diesel aus den selbstfahrenden Arbeitsmaschinen zu verbannen, als die Kühlung, die elektrischen Wärmepumpen oder die Elektroheizstäbe mit vor Ort produziertem Solarstrom zu betreiben.
Schließlich sind die Traktoren, Mähdrescher und andere Fahrzeuge auf dem Feld unterwegs, weit weg von Scheunen mit den großen Dächern, auf denen die Solaranlagen installiert sind. Deshalb sitzt im jüngsten Agriphotovoltaikprojekt von Baywa r.e. auch der Landmaschinenhersteller Fendt mit im Boot. Hier geht es darum, eine Apfelplantage mit Solarmodulen zu überdachen. Die Module schützen die Früchte gegen Wetterunbilden und produzieren gleichzeitig Strom.
Dieser wird nicht nur für das nahe gelegene Kühlhaus genutzt, sondern fließt auch in die Akkus des Elektrotraktors, den Fendt zum Projekt beisteuert. Auf diese Weise kann eine Solaranlage – sei es als Parallelnutzung hochkant aufgeständert auf dem Feld oder als Überdachung von Sonderkulturen – selbst auf entlegenen Flächen zum Eigenverbrauch genutzt werden und den Diesel aus der Landwirtschaft verdrängen.
Mit Solarstrom übers Feld
Denn dann können der Traktor oder die anderen Fahrzeuge gleich vor Ort den Sonnenstrom tanken und sind so unabhängig. So kann auch die Technologie in den Markt gebracht werden, die John Deere nutzt. Die Entwickler des amerikanischen Landmaschinenherstellers haben es zunächst ebenfalls mit einem batteriebetriebenen Traktor ausprobiert. Der war aber zu schwer für das Feld. Deshalb hat das Unternehmen den Gridcon entwickelt.
Das ist ein Traktor, der eine riesige Trommel mit einem ein Kilometer langen Kabel mit sich führt. Das reicht aus. „Denn der Gridcon ist ja keine Mobilitätslösung, sondern bewegt sich mehr oder weniger auf der Stelle – wenn auch auf einer großen”, zitiert John Deere Volker Kegel, der für das Unternehmen an der Elektrifizierung von Landmaschinen arbeitet.
Dieses Kabel kann ganz normalen Drehstrom aus dem Netz nutzen. Im Falle einer Agriphotovoltaikanlage ist ein entsprechender Netzanschluss ohnehin vorhanden, da die Anlage schließlich irgendwohin einspeisen muss. Auf diese Weise kann die Solaranlage zunächst den Traktor mit Strom versorgen und erst wenn dieser nicht ausreicht, kommt die Energie aus dem Netz.
Auf diese Weise können die Landwirte selbst den Teufelskreis durchbrechen, der mit der Technisierung ihrer Höfe ohne Energiewende zu befürchten wäre. Denn dann würde ein höherer Energieverbrauch zu mehr Treibhausgasemissionen und damit zu noch wärmeren und trockeneren Sommern führen, als das schon in den letzten Jahren der Fall war.
Das Ergebnis: Schon jetzt sieht sich auch die Landwirtschaft mit der Diskussion um Wasserentnahmerechte und Grundwasserbelastung konfrontiert. In dieser Gemengelage kann die Photovoltaik in Verbindung mit der Landwirtschaft zur Lösung werden. Baywa r.e. zeigt mit einer Anlage, wie das funktioniert. „Wir haben in den Niederlanden eine Himbeeranbaufläche mit einer Agri-PV-Anlage überdacht, die wir mit einer Regenrinne ausgestattet haben”, erklärt Stephan Schindele. „Das Regenwasser wird hier gesammelt und in einen Wasserspeicher geleitet.”
Aus diesem Speicher fördert der Landwirt das Nass für die Tröpfchenbewässerung der Pflanzen. Parallel dazu setzt er dem Wasser die vorgegebene Menge an Düngemittel zu. Da die Pflanzen in einer Anbaurinne stehen, wird überschüssige Nährlösung zurück in den Speicher geleitet. „Das ist der gelebte Food-Energy-Water-Nexus, von dem immer im entwicklungspolitischen Kontext mit Blick auf Afrika die Rede ist”, sagt Stephan Schindele. „Aber die Verbindung von gesicherter Versorgung mit Wasser, Energie und Nahrungsmitteln wird angesichts der immer heißer und trockener werdenden Sommer auch in Mitteleuropa zum Thema.“