Maur in der Schweiz ist ein beschaulicher Ort nahe Zürich. Ähnlich wie die Finanzmetropole liegt das Städtchen an einem See, dem Greifensee. Das Einfamilienhaus der Familie Aerni steht in bester Lage, eine Terrasse mit Seeblick inklusive. Doch die Terrasse wird wenig genutzt – sie ist nicht überdacht, und an heißen Tagen mit viel Sonne ziehen sich die Bewohner meist ins kühlere Gebäude zurück. Eine schattenspendende Überdachung war seit mehreren Jahren geplant. Nun soll ein transparentes Solardach für Schatten sorgen. Und bei dieser Gelegenheit soll auch die 19 Jahre alte Wärmepumpe ersetzt werden. Doch lohnt sich das und wie nähert man sich der idealen Variante? Ist vielleicht eine Kombination mit Solarthermie sinnvoll?
Viele Details beachten
Alain Aerni, selbst Planer und Installateur von Energieanlagen, hat sich beim eigenen Haus natürlich besonders viel Mühe gegeben und mögliche Varianten sehr detailreich simuliert. Er arbeitet mit dem Simulationsprogramm Polysun, das nicht nur Photovoltaikleistung und Eigenverbrauch simulieren kann, sondern auch Solarthermie und Wärmebedarf. Seit drei Jahren ist auf dem Flachdach eine Photovoltaikanlage installiert.
Zwölf Kilowatt Leistung hat sie, produzierte im Jahr 2017 rund 11.300 Kilowattstunden Strom. Rund 4.500 Kilowattstunden wurden selbst genutzt. Die größten Verbraucher sind die Wärmepumpe, der Elektroboiler für Warmwasser, das Plug-in-Hybridauto und das Schwimmbad mit Umwälzpumpe. Die Wärmepumpe hat fast 20 Jahre ihren Dienst getan, das Entspannungsventil hätte ersetzt werden müssen.
Drei Varianten als Erweiterung
Deshalb war Aerni fest entschlossen, die Luftwärmepumpe zu ersetzen. Derzeit wird sie nur zum Heizen benutzt, aber Aerni will in seiner Simulation auch die Möglichkeit zur Warmwasserbereitung mit einer neuen Wärmepumpe ausloten.
Außer einer vertikalen Fläche am südlichen Dachrand und beim Terrassengeländer gibt es keine freie Fläche mehr, die sich für Photovoltaik eignet. Aerni erzählt: „Ich wollte einfach mal schauen, ob ich mit Solarthermie weiterkomme.“ Zudem wird sein Strombedarf steigen, denn er will das Hybridauto durch ein vollelektrisches Fahrzeug ersetzen und Nachbargebäude mit Strom versorgen.
Variante 0: das bestehende System
Zunächst bildete er in Polysun das bestehende System mit Photovoltaikanlage und Stromverbrauch ab, um es mit weiteren drei Varianten zu vergleichen. Er erstellte Stundenprofile für die Schwimmbadpumpe und die Ladevorgänge für das Elektroauto. Der Wärmebedarf des Gebäudes wurde auf Basis des Wärmenachweises ermittelt. Dieser Wärmenachweis ist in der Schweiz Teil der Bauplanung. Die Schaltung der Schwimmbadheizung mittels Wärmepumpe wurde nicht abgebildet, weil diese Heizung nur an wenigen Tagen in der Übergangszeit läuft. Es lohnt sich, die Bestandsaufnahme präzise in der Simulationssoftware, in diesem Falle Polysun, zu dokumentieren. Der Vergleich mit anderen Varianten wird später einfacher. Zudem wird dabei ein Schaltplan abgebildet, der je nach Variante erweitert wird und Klarheit über die Installation bringt.
Variante 1: mehr Photovoltaik
In der ersten Variante plante Aerni die Erweiterung der bestehenden Solaranlage. Eine Terrassenüberdachung mit transluziden Photovoltaikmodulen und eine neue Wärmepumpe für Heizung und Kühlung sowie Warmwasseraufbereitung sind seine Favoriten. Die Überdachungsflächen simulierte er in zwei verschiedenen Größen, einmal mit 16 und einmal mit 32 Quadratmetern. 2,7 beziehungsweise 5,4 Kilowatt Leistung sollten auf diesem Weg hinzukommen.
Variante 2: Wasserspeicher
In der zweiten Planungsvariante erweiterte er Variante 1 um einen Wasserspeicher, auch diesen in unterschiedlichen Größen von 400 bis 1.000 Liter. Zwei Speicher sind bereits im Haus verbaut, 200 Liter für die Heizung und 400 Liter für Warmwasser.
„Aber mir war von Anfang an klar, dass dieser Speicher im Haus keinen Platz findet, sondern nur im Freien in der Nähe der Wärmepumpe stehen kann. Dafür muss er gut isoliert werden, was die Kosten nicht unerheblich in die Höhe treibt“, erzählt der Planer.
Variante 3: Solarthermie
Die dritte Variante schließlich enthält eine Erweiterung mit Solarthermiekollektoren. Sie könnten ihren Platz am Dachrand oder integriert im Geländer finden. Die thermische Solaranlage soll dabei als Vorwärmer für das Warmwasser und zur Heizungsunterstützung dienen. Vier Vakuumkollektoren Vitosol 300-TM SP3C wurden der Planung zugrunde gelegt.
Der Speicher soll 600 Liter umfassen und in das Wärmepumpensystem eingebunden werden. So kann die gespeicherte Solarenergie (Solarthermie und Wärmepumpe mit Strom aus der Photovoltaikanlage) je nach Temperaturniveau für das Heizen des Warmwassers und/oder des Heizungswassers genutzt werden. In der Übergangszeit will Aerni möglichst autark bleiben, Überschüsse im April, Mai, September und Oktober zur Poolwasser-Erwärmung nutzen.
Um den Eigenverbrauch zu maximieren, soll die Steuerung den überschüssigen Strom der Photovoltaikanlage zur Wärmegewinnung einsetzen – mit einer leistungsgesteuerten Inverter-Wärmepumpe. Diese zusätzliche Wärme soll in die existierenden Speicher eingeladen werden.
In allen drei Varianten konnte Aerni auf die umfangreichen Produktdatenbanken von Polysun zurückgreifen. Das vereinfacht auch die passende Produktwahl.
Die Varianten im Vergleich
Von all diesen Varianten hat Aerni mit Polysun eine Ertragsabschätzung erstellt. Die Nutzung von Strom und Wärmeenergie wurde dabei getrennt ausgegeben. Dazu wurden die funktionale Abbildung des Systems, die technischen Parameter der Komponenten und die Steuerung dargestellt. An einigen Stellen modellierte Aerni eine eigene Steuerung, um die Schaltungen möglichst optimal zu betreiben.
Das Abbilden und Optimieren von Steuerungen ist in Polysun durch eine frei programmierbare Steuerung leicht umzusetzen. In Verbindung mit den Auswertemöglichkeiten auf Stundenbasis und einer Echtzeitvisualisierung definiert der Planer effizient die passenden Steuerungsparameter. Zudem werden so proaktiv mögliche Fehler vermieden.
Der Vergleich der Erträge und Verbräuche zeigt, dass bei der Erweiterung der Photovoltaikanlage der Eigenverbrauch nur marginal steigt, entsprechend nimmt die Netzeinspeisung zu. In der Erweiterung des Systems mit einem zusätzlichen Speicher (Variante 2) kann der Eigenverbrauch zwar weiter gesteigert werden, aber die Steigerung ist immer noch marginal.
Mit der Erweiterung um thermische Kollektoren (Variante 3) kann ein Teil des Stromverbrauchs durch Solarthermie ersetzt werden. Der elektrische Eigenverbrauch wird aber geringer, weil die Wärmepumpe in dieser Konstellation weniger gebraucht wird.
An diesem Punkt ist nach Meinung von Alain Aerni exemplarisch zu sehen, dass die Kombination von Photovoltaik mit Wärmepumpe ökonomischer ist als die Einbindung von Solarthermie.
Für solch einen Systemvergleich bietet Polysun in der Auswertung mehrere Ebenen. Zum einen natürlich die Gegenüberstellung der Leistungs- und Verbrauchsdaten. Aber auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und eine Ökobilanz sind nach Eingabe der entsprechenden Variablen schnell und übersichtlich aus dem System heraus möglich. Natürlich müssen die Kosten für die einzelnen neuen Komponenten eingegeben werden, die Stromtarife, die Unterhaltskosten, eventuelle Förderungen oder Steuererleichterungen, eine Rendite, die man mindestens erwirtschaften will, und eine realistische Laufzeit.
Bedürfnis nach Schatten entscheidet
Um das Bild zu komplettieren, erstellte Aerni auch einen Vergleich der Ökobilanz und CO2- Emissionen. Aber die Entscheidungsgrundlage bildet am Ende fast immer die Wirtschaftlichkeitsberechnung. In diesem Fall zeigt die Barwerttabelle relativ eindeutig: die Anlage nicht erweitern, keinen zusätzlichen Speicher installieren und auch keine Solarthermie, das ist die wirtschaftlichste Variante.
Aerni hat mit seiner bestehenden Solaranlage bereits ein Maximum an Eigenverbrauch erreicht und damit ein recht wirtschaftliches System installiert.
Doch jetzt kommt das Wörtchen „fast“ zum Tragen. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist in der Praxis dann doch nicht immer das Zünglein an der Waage.
Die Familie wollte unbedingt eine beschattete Terrasse – ein Wunsch, der millionenfach auch ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung landauf, landab in verschiedenen Varianten realisiert wird. Aerni entschied sich für die Überdachung mit transparenten Modulen auf größtmöglicher Fläche und erhöhte damit seine Photovoltaikleistung auf 17,54 Kilowatt.
Er ersetzte außerdem seine 19 Jahre alte Wärmepumpe durch ein neues Modell. Deren Leistung kann er variieren, und im Sommer trägt sie zur Kühlung bei. Wenn zusätzliche Verbraucher wie ein neues Elektroauto oder auch Nachbargebäude in das System eingebunden werden, wird sich der Eigenverbrauch erhöhen – und damit auch die Wirtschaftlichkeit dieser Erweiterung.
Für Schnelle Leser
Auf einen Blick
- Erhitzung und Brände: DC-Verkabelung sorgfältig planen und ausführen.
- DIN VDE V 0642-100: Im Brandfall erlaubt sie den kontrollierten Kurzschluss.
- Moose und Flechten: Sie sind nicht nur optisch ein Ärgernis, sondern beim Reinigen die Königsklasse.
Vela Solaris
Neue Version von Polysun
In der neuen Version von Polysun finden Planer eine neue Optik, aber auch neue Features. Die grafische Benutzeroberfläche wurde farblich strukturiert. Auch die Darstellung der Simulationsresultate wurde noch klarer und attraktiver gelöst. Die neue Produktpalette ist übersichtlicher: Polysun Premium, Polysun Designer und Standard (jeweils als Vollversion, Solar Heat & Power und Solar Thermal), Polysun PV und Polysun Educational decken alle gebäuderelevanten Energietechnologien ab. Die wichtigsten neuen Features sind ein neues Batteriemodell, das den gesamten Leistungsbereich der Batterie detailliert und zuverlässiger abbildet. Die programmierbaren Steuerungen können miteinander verknüpft, Berechnungsprioritäten gesetzt und Betriebszustände überschrieben werden.